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Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne

Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne

Titel: Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Hagensen.«
    Über Frau Hagensens Gesicht ging ein Lächeln der Erleichterung. »Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar. Hoffentlich sind Sie zufrieden mit dem Lohn, den ich in solchen Fällen zu geben pflege. Fünfundzwanzig Kronen.« Anne horchte auf. Fünfundzwanzig Kronen an einem Abend! »Und natürlich das Essen«, fügte Frau Hagensen hinzu.
    Das Essen, ja, das war mindestens genau so wichtig. Und was für ein Essen! Als Anne am Sonnabend nach dem Servieren ein wenig Luft holen konnte, setzte sie sich an den Küchentisch, knabberte Schneehuhnschenkel, zerquetschte Kartoffeln in der Soße und schaufelte sie in sich hinein, kratzte die Dessertschale blank, aß sogar einen Suppenrest gleich aus dem Kochtopf.
    »Sie haben einen gesegneten Appetit, Fräulein«, sagte die Kochfrau, die sich mit einer Tasse Kaffee begnügte. »Ich für meine Person habe das Essen, das ich für andere Leute kochen muß, so dick, daß ich nie auch nur davon koste.«
    »Man stelle sich vor, Schneehühner satt zu haben!« rief Anne und wischte sich die Schneehuhnsoße aus dem Gesicht. »Frau Hagensen«, sagte Anne am folgenden Tag, »wenn Sie einmal hören sollten, daß jemand Sonnabends Servierhilfe braucht, so sagen Sie mir bitte Bescheid. Ich würde es gern übernehmen. Aber ich kann nur Sonnabends. Die anderen Tage muß ich früh zu Bett gehen.«
    »Ich werde daran denken«, versprach Frau Hagensen. Und dann fügte sie hinzu, wenn Anne heute mal nicht auswärts zu Mittag essen wolle, es seien noch so viele Reste von gestern da, sie möge also nur zulangen.
    Anne klingelte Eva an und erklärte, sie könne heute leider nicht kommen. Sie habe gestern ihre Aufgaben nicht gemacht, und nun müsse sie jetzt alles nachholen. »Wie schade!« sagte Eva. »Aber
    dann hoffen wir dich doch am nächsten Sonnabend zu sehen.«
    Am nächsten Sonnabend jedoch bekam Anne einen Servierauftrag bei einer Freundin von Frau Hagensen. Sie sagte Jess in der Schule Bescheid. »Streng dich aber nicht zu sehr an!« meinte Jess besorgt. Doch er sagte kein Wort darüber, daß er über ihre Absage enttäuscht sei.
    Arme, kleine Anne! Unglückliche Liebe ist nicht so leicht zu überwinden, wenn man achtzehn Jahre alt ist. Und wenn Anne einen Menschen lieb hatte, so ging das bis ins innerste Mark bei ihr.
    Aber ihre Zähigkeit und Kraft und ihre Angst, aufdringlich zu wirken, trieben sie dazu an, sich zusammenzunehmen und Jess soviel wie möglich zu meiden. Sie arbeitete und arbeitete wie nie zuvor. Es stand außer allem Zweifel, daß Anne die Beste in der Klasse war. Und was sie lernte, das saß. Ihre Kenntnisse waren fürs Leben erworben, nicht nur für die Schule. Aber Anne war blasser und dünner als je.
    Wieder ein Servierauftrag. Sie freute sich über das Geld. Der Schatz in ihrem Kästchen war wieder angewachsen. Sie dachte an die Examenszeit. An die Examenszeit und die Examensgebühr.
    Während sie auf den Gesellschaften servierte und Wein einschenkte, fing sie manches Bruchstück aus Gesprächen auf. In der Regel glitten die Worte der Gäste an ihr vorüber, aber ab und zu horchte sie doch hin.
    Und an einem Sonnabend hörte sie ganz ungewöhnlich klar etwas, was sie wie ein Blitzschlag traf. Man sprach von der Premiere im Theater, die in einigen Tagen stattfinden sollte.
    »Lotti Hagen ist wahrhaftig talentiert«, sagte ein Gast. »Alle Wetter, gut sieht sie außerdem aus!«
    »Ob aus der Verbindung zwischen ihr und Henrik Höeg etwas wird?« fragte seine Tischnachbarin. »Scheint nicht so. Sie hat ihre Augen jetzt auf den jungen Sohn von Kapellmeister Daell geworfen.«
    »Auf den Jess? Der ist ja noch Schüler!«
    »Er ist wohl ungefähr so alt wie Lotti selber, glaube ich.
    Hübscher Junge übrigens.«
    Mehr hörte Anne nicht. Sie war froh, daß sie in die Küche hinaus mußte. »Schlafwandeln Sie?« fragte die Kochfrau, als sie Annes Verstörtheit bemerkte. »Jetzt müssen die Glasteller auf den Tisch und nicht die Kaffeetassen!«
    Anne nahm sich mit einem Ruck zusammen. »Sie hat ihre Augen auf den Sohn von Kapellmeister Daell geworfen. hübscher Bursche übrigens.« So ging es in ihrem Kopfe rund. Es wurde also schon darüber geklatscht.
    Mit zitternden Händen stellte Anne die gebrauchten Teller zusammen. Sie horchte auf die Unterhaltung der beiden Gäste. Aber die waren längst zu anderen Dingen übergegangen.
    Anne war stark, und Anne war ehrenhaft bis in den Kern ihres Wesens. Der Linie, die sie sich gezogen hatte, wollte sie rücksichtslos folgen.

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