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Anne auf Green Gables

Anne auf Green Gables

Titel: Anne auf Green Gables Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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Alter ist das eine ziemliche Seltenheit.«
    Als Marilla von der ganzen Sache erfuhr, sagte sie: »Ich habe ja gleich gewusst, dass dieser Ballabend nur wieder neue Schwierigkeiten mit sich bringen würde.« Allerdings war dieser Kommentar eher für Matthews Ohren bestimmt.
    Miss Barry blieb einen ganzen Monat lang und noch länger. Sie war ein sehr viel angenehmerer Gast als sonst, denn Anne hielt sie bei guter Laune. Die beiden wurden feste Freunde.
    Als Miss Barry wieder abreiste, sagte sie: »Denk dran, kleine Anne: Wenn du einmal in die Stadt kommst, musst du mich unbedingt besuchen. Du wirst als Ehrengast in meinem Gästezimmer schlafen.«
    »Miss Barry war am Ende doch eine verwandte Seele«, vertraute Anne Marilla an. »Wer hätte das zuerst gedacht? Man merkt es zwar nicht immer so schnell wie damals bei Matthew und mir, aber nach einer Weile erkennt man es doch. Verwandte Seelen gibt es häufiger, als ich dachte. Ich bin gespannt, wie viele es noch auf der Welt gibt.«

19 - Anne erfindet ein ganz neues Aroma
    »O je, ich glaube, das Leben besteht einzig und allein aus Abschieden«, sagte Anne zu Marilla, als sie Ende Juni mit tiefer Leidensmiene in die Küche trat, ihre Tafel und ihre Schulbücher auf den Küchentisch legte und ihre roten Augen mit einem bereits recht feuchten Taschentuch abwischte. »Nur gut, dass ich heute noch ein zweites Taschentuch mit in die Schule genommen habe. Ich hatte so eine Vorahnung, dass ich es brauchen könnte.«
    »Ich wusste gar nicht, dass du Mr Philipps so gerne mochtest, dass du sogar zwei Taschentücher brauchst, wenn er die Schule verlässt«, gab Marilla leicht spöttisch zur Antwort.
    »Ich glaube, ich habe gar nicht geweint, weil ich ihn besonders gerne mochte«, meinte Anne nachdenklich. »Ich habe nur geweint, weil alle anderen geweint haben. Ruby Gillis hat damit angefangen. Dabei hat sie bis jetzt immer behauptet, sie könnte Mr Philipps nicht ausstehen, aber sowie er mit seiner Abschiedsrede begann, da brach sie schon in Tränen aus. Dann fingen auch die anderen Mädchen zu heulen an, eins nach dem anderen. Ich habe versucht mich zusammenzureißen, Marilla. Ich habe an den Tag gedacht, an dem Mr Philipps mich zur Strafe neben Gil . . . neben einen Jungen gesetzt hat und dass er meinen Namen ohne e an die Tafel geschrieben hat. - Wie oft hat er gesagt, ich sei die größte Niete in Geometrie, die ihm jemals untergekommen wäre. Und dann hat er sich über meine Rechtschreibfehler lustig gemacht. Ich wollte auch an all die anderen Male denken, wo er gemein und hässlich zu mir war. Aber irgendwie hat es nicht funktioniert, ich musste genauso weinen wie die anderen auch. Oh, Marilla, es war herzzerreißend! Mr Philipps hat eine so wunderschöne Rede gehalten! Sie begann mit den Worten: >Unsere Abschiedsstunde hat geschlagene<. Er selbst hatte auch Tränen in den Augen, Marilla. Als ich das sah, bereute ich auf einmal all die vielen Male, die ich während des Unterrichts geträumt oder geschwätzt oder mich über ihn und Prissy lustig gemacht hatte, In dem Moment wäre ich am liebsten eine Musterschülerin gewesen — genau wie Minnie Andrews. Sie hat wenigstens ein reines Gewissen. Noch auf dem Heimweg haben wir alle geheult. Immer wenn die Gefahr bestand, dass wir wieder fröhlich wurden, wiederholte Carrie Sloane die Worte: >Unsere Abschiedsstunde hat geschlagene< und dann sind wir sooft wieder in Tränen ausgebrochen. Ich bin furchtbar traurig, Marilla. Aber mit zwei Monaten Schulferien vor sich kann man nicht wirklich verzweifeln, oder, Marilla?-Außerdem haben wir den neuen Pfarrer und seine Frau getroffen, als sie gerade vom Bahnhof kamen. Seine Frau sieht hübsch aus. Sie trug ein Kleid aus blauem Musselin mit herrlichen Puffärmeln und ihr Hut war mit Rosen besetzt. Mrs Lynde wird sie bei sich aufnehmen, solange das Pfarrhaus noch nicht fertig ist.«
    Falls Marilla, als sie noch am gleichen Abend nach Lynde's Hollow hinüberging, noch einen anderen Grund für ihren Besuch hatte als die Absicht, Mrs Lynde einen Stickrahmen zurückzugeben, den sie im letzten Winter bei ihr ausgeborgt hatte, dann war das eine liebenswerte Neugierde, die sie mit den meisten anderen Einwohnern von Avonlea teilte. So mancher Gegenstand, den Mrs Lynde vor langer Zeit verborgt und vielleicht sogar schon abgeschrieben hatte, kehrte an jenem Abend zu seiner Besitzerin zurück. Ein neuer Pfarrer - und außerdem noch eine Pfarrersfrau -, das musste in einer kleinen Landgemeinde wie

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