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Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Titel: Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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sehr unerfreulich, solche Verwandtschaft zu haben! Aber Sie dürfen mir glauben, ich habe bestimmt nicht öfter als zweimal einen Fuß in dieses Haus gesetzt.«
    Sie erhielt keine andere Antwort als ein gezwungenes Lächeln der Zustimmung, gefolgt von einem abschätzigen Blick, als er sich wegdrehte, dessen Bedeutung Anne nur zu gut verstand.
    Die Hügelkuppe, auf der sie verweilten, war ein einladender Ort; Louisa kam zurück, und Mary, die auf der Stufe eines Zauntritts ein bequemes Plätzchen für sich gefunden hatte, war ganz zufrieden, solange die anderen um sie herumstanden; aber als Louisa Captain Wentworth mit sich wegzog, um in der angrenzenden Hecke nach Nüssen zu suchen, und die beiden außer Sicht und gleich danach auch außer Hörweite verschwanden, war es vorbei mit Marys Wohlbefinden; sie haderte mit ihrem Platz – war sich sicher, daß Louisa anderswo einen viel besseren entdeckt hatte – und nichts konnte sie davon abhalten, selber nach einem besseren zu suchen. Sie trat durch dasselbe Gatter – sah sie jedoch nirgends. – Anne fand einen schönen Sitzplatz für sie, an einer trockenen, sonnigen Böschung gleich unterhalb der Hecke, in der die anderen zweifellos noch umherspazierten – hier oder dort. Mary setzte sich für einen Augenblick, aber eslitt sie nicht; sie hätte schwören können, daß Louisa irgendwo anders besser saß; nein, sie mußte weitergehen, bis sie sie eingeholt hatte.
    Anne, die selbst recht erschöpft war, rastete dankbar; und schon bald hörte sie hinter sich zwischen den Hecken Captain Wentworth und Louisa, die durch den wilden, struppigen Ästetunnel zurückgeschlendert kamen. Sie unterhielten sich im Näherkommen. Louisas Stimme war als erste auszumachen. Sie schien mitten in einer flammenden Rede zu sein. Das erste, was Anne hörte, war:
    »Und deshalb habe ich auch darauf bestanden, daß sie hingeht. Ich konnte doch nicht mit ansehen, daß sie sich durch solche Läppereien abschrecken läßt. Beim Himmel! – wenn
ich
einen Entschluß gefaßt hätte, von dem ich wüßte, daß er richtig ist, ließe ich mich dann durch das Getue und das Dreinreden einer solchen Person – oder welcher Person auch immer – ins Bockshorn jagen? Nie und nimmer – ich falle nicht so leicht um. Wenn mein Entschluß einmal steht, dann steht er. Und Henrietta schien fest dazu entschlossen, heute nach Winthrop hinüberzugehen – und doch war sie kurz davor, zu kneifen, einfach aus unsinniger Gefügigkeit!«
    »Das heißt, sie wäre umgekehrt, wenn Sie sich nicht eingeschaltet hätten?«
    »Ganz bestimmt. Ich schäme mich fast, es zu sagen.«
    »Welch Glück für Ihre Schwester, daß ihr ein Charakter wie der Ihre zur Seite steht! – Nach Ihren Andeutungen von gerade eben – die mir nur bestätigen, was ich bei meinem letzten Zusammentreffen mit ihm selbst beobachtet habe – brauche ich nicht so zu tun, als wüßte ich nicht, was hier auf dem Spiel steht. Mir ist klar, daß es sich um mehr dreht als um einen bloßen Höflichkeitsbesuch bei Ihrer Tante – und wehe jedem, und jeder, die da, wo es um Großes geht, da, wo die Umstände Tapferkeit und Willensstärke verlangen, nicht das Rückgrat besitzen, sich bei solch einer Bagatelle kleinlicher Einmischung zu widersetzen. Ihre Schwester istein liebenswertes Geschöpf, aber die Entschlossene, Charakterfeste sind
Sie
, das sehe ich jetzt. Wenn Ihnen ihr Handeln, und ihr Glück, am Herzen liegt, dann geben Sie ihr so viel wie nur möglich von Ihrem Geist ab. Aber das haben Sie ja gewiß ohnehin von jeher. Das ist das Schlimmste bei einer zu nachgiebigen, zu unentschlossenen Persönlichkeit, daß die Einflüsse auf sie nicht von Bestand sind. Bei ihr ist niemals Verlaß darauf, daß ein günstiger Eindruck auch vorhält. Ein jeder kann ihn ins Wanken bringen; wer glücklich sein will, der muß fest bleiben. – Hier ist eine Nuß«, sagte er und pflückte von einem oberen Ast eine ab. »Nur als Beispiel – eine wunderschöne, glänzende Nuß, die, von der Natur mit Kraft und Stärke gesegnet, alle Herbststürme überdauert hat. Nicht ein Löchlein, nicht eine weiche Stelle irgendwo.– Diese Nuß«, fuhr er in spielerischer Feierlichkeit fort, »anders als so viele ihrer Schwestern, die abgefallen und tief ins Laub getreten worden sind, ist noch im Vollbesitz allen Glückes, dessen eine Haselnuß nur fähig sein kann.« Und indem er zu seinem früheren ernsten Tonfall zurückkehrte: »Das wünsche ich allen, an denen mir gelegen ist, mehr

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