Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Titel: Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
Vom Netzwerk:
Dann hätten wir immer jemanden zur Gesellschaft. – Und was für nette junge Damen es beides sind; ich kann sie kaum auseinanderhalten.«
    »Sehr muntere, ungekünstelte Mädchen, unbedingt«, pflichtete Mrs. Croft in einem verhalteneren Ton bei, der in Anne den Verdacht weckte, daß ihr schärferer Blick möglicherweise in keiner der beiden eine würdige Gattin für ihren Bruder sah, »und eine sehr achtbare Familie. Er könnte in keine anständigere einheiraten. – Mein lieber Admiral, der Pfosten! – wir nehmen ganz sicher den Pfosten mit!«
    Doch durch einen kühlen Griff in die Zügel konnte sie die Gefahr glücklich abwenden; und dank einem nächsten umsichtigen Eingreifen ihrerseits schrammten sie gerade noch an einem Schlagloch vorbei und entgingen auch der Kollision mit einem Mistkarren um Haaresbreite; und Anne, nicht unbelustigt vom Fahrstil der beiden, der ihr die generelle Lenkung ihrer Angelegenheiten abzubilden schien, wurde wohlbehalten vor Uppercross Cottage abgesetzt.

KAPITEL XI
    Der Zeitpunkt von Lady Russells Rückkunft rückte näher, der genaue Tag war schon festgesetzt, und Anne, die zu ihr stoßen sollte, sobald etwas Ruhe eingekehrt war, sah einem baldigen Umzug nach Kellynch entgegen und fragte sich zunehmend, wie wohl ihr eigenes Befinden davon betroffen sein würde.
    Sie würde im selben Dorf wohnen wie Captain Wentworth, nur eine halbe Meile von ihm entfernt; er und sie müßten in dieselbe Kirche gehen, und ein Verkehr zwischen den beiden Familien war unausweichlich. Soweit die Verschlechterungen; andererseits war er so oft in Uppercross, daß sie ihn eher hinter sich zurückließ als ihm näherkam, wenn sie dort wegging; und alles in allem, so glaubte sie, konnte sie in diesem interessanten Punkt nur gewinnen, fast ebenso sicher, wie sich ihre häusliche Situation verbesserte, wenn sie die Gesellschaft der armen Mary gegen die Lady Russells eintauschte.
    Sie hätte es gern vermieden, mit Captain Wentworth in Kellynch Hall zusammenzutreffen – die Räume dort waren Schauplatz früherer Begegnungen, die ihr allzu schmerzhaft wieder vor Augen stehen würden; aber noch mehr hätte sie darum gegeben, daß Lady Russell und Captain Wentworth nicht aufeinanderträfen. Sie mochten sich nicht; mit einer Wiederaufnahme der Bekanntschaft war somit keinem gedient, und wenn Lady Russell sie zusammen sah, könnte sie der Ansicht sein, daß er zu viel Selbstbeherrschung zeigte und sie zu wenig.
    Diese Überlegungen bildeten ihre Hauptsorge, wenn sie an ihren Abschied von Uppercross dachte, wo sie für ihr Gefühl nun lange genug geweilt hatte. Sie hatte dem kleinen Charles nützlich sein können, das würde ihr die Erinnerung an die zwei Monate hier etwas froher machen; aber er kam zusehends zu Kräften, und sonst gab es nichts, das sie hielt.
    Ihr Besuch nahm freilich ein sehr anderes Ende als gedacht. Captain Wentworth, von dem zwei volle Tage lang niemand in Uppercross etwas gesehen oder gehört hatte, erschien wieder in ihrer Mitte, um ihnen Rechenschaft über sein Säumen abzulegen.
    Ein Brief von seinem Freund Captain Harville, verspätet zu ihm gelangt, hatte ihm Nachricht davon gebracht, daß sich dieser mit seiner Familie für den Winter in Lyme eingemietet hatte und sie sich somit, ohne daß sie es geahnt hätten, keine zwanzig Meilen voneinander entfernt aufhielten. Captain Harvilles Gesundheit war nicht die beste, seit er vor zwei Jahren schwer verwundet worden war, und in seiner Ungeduld, ihn wiederzusehen, hatte Captain Wentworth sich stehenden Fußes nach Lyme aufgemacht. Er war vierundzwanzig Stunden dort gewesen. Augenblicklich sprach man ihn von aller Schuld frei, pries seine Treue in höchsten Tönen, legte ein lebhaftes Interesse an seinem Freund an den Tag und lauschte so begierig seinen Schilderungen der landschaftlichen Schönheiten Lymes, daß der dringende Wunsch, sie mit eigenen Augen zu sehen, und sofortige Reisepläne die Folge waren.
    Die jungen Leute waren alle ganz versessen darauf, Lyme kennenzulernen. Captain Wentworth sprach selbst davon, nochmals hinzureisen, von Uppercross waren es nur siebzehn Meilen Wegs, das Wetter war keineswegs schlecht für November, und kurzum, Louisa, die Eifrigste unter den Eifrigen, war fest zu dem Ausflug entschlossen; und da bei ihr jetzt zu der Lust daran, ihren Willen durchzusetzen, noch die Gewißheit kam, daß dies ein verdienstvoller Zug sei, fegte siedie elterlichen Bitten, doch bis zum Sommer zu warten, schlichtweg beiseite.

Weitere Kostenlose Bücher