Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung
jammerschade, daß Henrietta nicht genauso lange in Lyme bleiben konnte wie Louisa, das hätte ihn ein bißchen ferngehalten von ihr. Die Kutsche ist heute losgeschickt worden, und morgen wird sie mit Louisa und den Harvilles zurückerwartet. Wir sollen aber erst übermorgen zum Essen kommen, Mrs. Musgrove hat Angst, Louisa könnte von der Reise zu angegriffen sein, was natürlich nicht sehr wahrscheinlich ist, so wie sie von allen Seiten umsorgt wird, und mir hätte es viel besser gepaßt, morgen dort zu essen. Es freut mich, daß Du Mr. Elliot so nett findest; ich
wünschte, ich könnte ihn auch kennenlernen, aber natürlich habe ich einmal wieder mein übliches Glück: immer bin ich weit weg, wenn einmal etwas Angenehmes passiert, immer wird von mir als letzte aus der Familie Notiz genommen. Wie endlos Mrs. Clay jetzt schon bei Elizabeth ist! Will sie überhaupt nicht mehr abreisen? Aber auch wenn sie das Zimmer räumt, werden wir wahrscheinlich trotzdem nicht eingeladen. Sag mir doch, wie Du darüber denkst. Daß ich meine Kinder mitbringen darf, erwarte ich sowieso nicht. Ich könnte sie aber ganz leicht für einen Monat oder sechs Wochen im Gutshaus lassen. Wie ich gerade erfahre, sind die Crofts im Begriff, nach Bath abzureisen; sie befürchten, daß der Admiral die Gicht hat. Charles hat es rein zufällig gehört, sie haben nicht die Höflichkeit besessen, es mich vorher wissen zu lassen oder anzufragen, ob sie etwas mitnehmen können. Sie sind und bleiben schlechte Nachbarn, wenn Du mich fragst. Wir bekommen sie nie zu Gesicht, und dies jetzt ist doch wirklich eine grobe Ungehörigkeit. Charles grüßt dich sehr herzlich, und ich natürlich auch. Deine getreue Schwester
Mary M —
Ich muß Dir leider sagen, daß ich alles andere als wohlauf bin; und von Jemima höre ich, daß der Fleischer ihr gesagt hat, es geht eine üble Halsentzündung um. Ich nehme an, ich werde sie bekommen, und meine Halsentzündungen, das weißt Du ja, sind immer schlimmer als die anderer Leute.«
So endete der erste Teil, der sich den Umschlag mit fast noch einmal so vielen Seiten teilte.
»Ich hatte den Brief noch nicht versiegelt, um Dir Nachricht geben zu können, wie Louisa ihre Reise überstanden hat, und jetzt bin ich sehr froh darüber, denn ich habe eine Menge zu erzählen. Zunächst einmal kam gestern ein Billett von
Mrs. Croft, in dem sie mir anbot, etwas für Dich mitzunehmen: ein wirklich sehr höfliches, freundliches Billett, an mich gerichtet, so wie es sich gehört; das heißt, ich kann so viele Seiten schreiben, wie ich will. Der Admiral scheint nicht sonderlich krank zu sein, und ich hoffe aufrichtig, Bath tut ihm so gut wie nur möglich. Ich werde von Herzen froh sein, sie wieder hier zu haben. Solch angenehme Nachbarn entbehrt niemand gern. Aber nun zu Louisa. Ich habe Dir etwas mitzuteilen, das Dich nicht wenig erstaunen wird. Sie und die Harvilles kamen am Dienstag wohlbehalten hier an, und am Abend gingen wir hinüber, um uns nach ihr zu erkundigen, und waren sehr überrascht, Captain Benwick nicht anzutreffen, denn er war zusammen mit den Harvilles eingeladen worden, und was glaubst Du, war der Grund? Nicht mehr und nicht weniger, als daß er in Louisa verliebt ist, und nun wollte er sich nicht nach Uppercross wagen, ehe er nicht Antwort von Mr. Musgrove erhalten hat, denn zwischen ihm und ihr war schon alles abgemacht, bevor sie die Reise antrat, und er hatte den Brief an ihren Vater Captain Harville mitgegeben. Das ist die Wahrheit, auf mein Wort! Bist Du nicht erstaunt? Zumindest wäre ich sehr überrascht, wenn Du es schon gewußt hättest, denn ich hatte keine Ahnung davon. Mrs. Musgrove schwört hoch und heilig, daß sie auch nichts geahnt hat. Wir sind es aber alle recht zufrieden, denn obwohl es natürlich nicht an eine Heirat mit Captain Wentworth heranreicht, ist er doch unendlich viel besser als Charles Hayter; und Mr. Musgrove hat seine Zustimmung geschrieben, und Captain Benwick wird für heute erwartet. Mrs. Harville sagt, daß es ihrem Mann doch sehr nahegeht, um seiner armen Schwester willen; aber sie mögen Louisa beide von Herzen gern. Und Mrs. Harville und mir ist sie durch das viele Pflegen nur noch lieber geworden, da sind wir uns beide ganz einig. Charles fragt sich, was wohl Captain Wentworth sagen wird, aber wenn Du Dich erinnerst, so habe ich nie geglaubt, daß er sich für Louisa interessiert; ich
habe nie irgendein Anzeichen dafür bemerkt. Und damit ist jetzt wohl auch
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