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Anne Frasier

Anne Frasier

Titel: Anne Frasier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marinchen
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Arbeit taten, obwohl die meisten Leute im Bett lagen und schliefen. Als sie sich dem Tatort näherten, mussten sie an einer Sperre stoppen, die aus einem einsamen Polizeiwagen mit einem rotierenden Rotlicht bestand. Ein uniformierter Polizist leuchtete mit einer grellen Taschenlampe in das Taxi, betrachtete erst den Fahrer, dann Ivy. Sie öffnete ihr Fenster und hielt die vorläufige Marke heraus, die Abraham ihr ausgestellt hatte. Der Polizist nahm sie, betrachtete sie im Schein seiner Taschenlampe, reichte sie zurück, ließ sie durch. Zwei Blocks später hatten sie den Tatort erreicht.
    Sie bezahlte den Fahrer. Sie war zu abgelenkt, um das Trinkgeld zu berechnen, und gab ihm, was sie für angemessen hielt. Es musste zu viel gewesen sein, denn seine Tod-gelangweilt-Attitüde verschwand, und er grinste sie breit an, bevor sie davonging.
    Es war eine arme Gegend, die dreistöckigen Häuser standen beinahe direkt an der Straße, sie sahen alle gleich aus, und zwischen ihnen war kaum genug Platz, um sich hindurchzuquetschen. Die meisten waren schindelverkleidet und trugen Dachpappendächer, aber der Wohnblock, nach dem Ivy suchte, war mit Ziegeln gemauert. Leute hatten sich auf der Treppe versammelt, starrten, flüsterten. Einige von ihnen mussten schon eine Weile hier sein, denn sie gähnten, und manche gingen zurück nach Hause.
    Bloß ein Mord. Ab ins Bett.
    Im Vorgarten eines nahe gelegenen Hause« bellte ein Pitbull tief in seiner tonnenförmigen Brust und warf sich gegen einen Maschendrahtzaun; die Pfoten und Krallen ließen den
    Staub aufwirbeln, während er seine Aggression zur Schau stellte. Gelbes Polizei-Absperrband führte um den kleinen Vorgarten herum, über den Bürgersteig und einen Teil der Straße, auf dem noch mehr Streifenwagen standen, mit grellem Blaulicht, das sich in den Wohnungsfenstern spiegelte, sodass die Gegend noch eigenartiger, unwirklicher und krankhafter wirkte.
    Ein uniformierter Polizist stand dort, wo sich das gelbe Absperrband um eine Straßenlaterne wand. Er kam einen Schritt auf sie zu und sagte mit strengem Blick: »Keine Presse.«
    Wieder zog sie ihre vorläufige Marke heraus. »Ich bin nicht von der Presse.«
    Er kniff die Augen zusammen, betrachtete den Ausweis, richtete sich auf, und seine Schultern entspannten sich. »O ja. Detective Irving sagte, dass Sie vielleicht kommen.«
    Sie klemmte den Plastik-Fotoausweis an ihr T-Shirt, dann hob sie mit einer Hand das Absperrband und duckte sich darunter durch.
    Eine Polizistin stand an der Tür. Andere Polizisten standen herum, Klemmbretter in Händen, und sprachen mit Leuten, da sie hofften, einen Augenzeugen zu finden.
    »Zweiter Stock«, sagte die Polizistin.
    »Danke.«
    Obwohl das Gebäude aussah, als wäre es etwa zur selben Zeit wie Ivys errichtet worden, war es in viel schlechterem Zustand. Mit scharfen Messern waren Namen in die verputzten Wände geritzt worden. Hinter einer fleckigen Tür mit gelbem, ungleichmäßigem Anstrich weinte eine Frau, als würde sie nie wieder damit aufhören, während jemand mit leiser Stimme beruhigend auf sie einredete.
    Ivys Herz hämmerte, als sie die Treppe hinaufging. Sie streckte die Hand aus, um sich zu halten, griff nach dem klebrigen Geländer; es wackelte gefährlich, und sie ließ wieder los.
    Ihre Schritte hallten. Es war beängstigend still in dem Gebäude, abgesehen von dem leisen Klang gedämpften Weinens.
    Die Wohnungstür stand offen, eine weitere Polizistin hielt davor Wache. Wieder nannte sie ihren Namen und zeigte ihren Ausweis. Die Polizistin nickte.
    Direkt hinter der Tür befand sich eine Wohnküche. Der Holzboden war abgetreten. Er quietschte, als sie durchging. An der Wand über dem Sofa hing das Aquarell eines japanischen Gartens, in einer Ecke plätscherte ein Zimmerspringbrunnen vor sich hin. Daneben, auf dem Boden, lag ein kleiner Bonsai, umgestürzt, die Wurzeln nackt, die schwarze Erde ein kleines Häufchen direkt daneben. Von der Decke hing eine wundervolle Lampe aus Reispapier. Buchstaben waren hineingeschnitten worden. Sie bedeuteten wahrscheinlich so etwas wie »Glück« oder »Wohlstand«.
    Sie konnte die Dinge im Wohnzimmer nicht ansehen; sie erzählten viel zu persönliche Geschichten über die Besitzer. Origami — noch mehr Aquarelle, diesmal Blumen - eine schwarze Lack-Schachtel - ein Seidenkissen.
    Eine Welt für sich. Ein freundlicher, sicherer Hafen.
    Verdammt.
    Gott, gottverdammt.
    Sie hätte den Bonsai gern wieder eingepflanzt, aber sie wusste,

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