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Anne Frasier

Anne Frasier

Titel: Anne Frasier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marinchen
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wo der Sex vorbei war, wollte er sie hier raus haben. »Du willst nicht hier sein, wenn ich zurückkomme«, sagte er. »Du willst mich nicht sehen, wenn ich zurückkomme.«
    Sie schaute ihn mit großen Augen an, und ihre Collagen-Lippen bildeten einen Kreis. »Bist du dann blutig? Vom Blut des Opfers? Deine Schuhe oder so?«
    »Vielleicht. Kann man nie wissen. Aber vor allem geht es
    um meine Gedanken«, sagte er und sprach mit einem Hauch Pathos, wobei er sich zugleich fragte, warum er sich die Mühe gab, wo sie ihm doch scheißegal war. »Ich bin einfach richtig ... fertig, nachdem ich ein paar Stunden am Tatort verbracht habe. Da muss ich allein sein. Das kannst du doch verstehen, oder?«
    Die Wahrheit war: Er fühlte gar nichts. Hatte er noch n. Nie. Nein, das stimmte nicht wirklich. Manchmal verspürte er Verachtung — nicht für die Mörder, sondern für die Opfer. Irgendwie schien es manchmal so, als hätten sie bekommen, was sie verdienten.

13
    Ein Telefon klingelte in der Dunkelheit, und das Geräusch ließ Ivys Herz in Panik losrasen. Zuerst dachte sie, sie wäre zu Hause in St. Sebastian, und Abraham würde sie anrufen, um ihr zu berichten, dass sich ein weiterer Mord ereignet hätte. Aber dann fiel ihr wieder ein, wo sie war: Chicago. Im dunklen, düsteren Chicago. Und das Telefon klingelte immer noch.
    Orientierungslos tastete sie sich durchs Dunkel, stieß sich den Zeh, fand schließlich das scheppernde Telefon.
    »Hallo ...?«, murmelte sie vornüber gebeugt, um zu vermeiden, dass das Telefon zu Boden krachte. Der Hörer roch nach Fett und Plastik, und ihre eigene Stimme hallte ihr entgegen.
    »Ein weiterer Mord«, sagte Max Irving ohne Vorrede.
    Sie richtete sich auf, und das Telefon rutschte von dem kleinen Tischchen, knallte auf den Boden, während sie noch den Hörer ans Ohr hielt. Die gewundene, klebrige Schnur spannte sich.
    Jinx, der in der Nahe ihres Kissens geschlafen hatte, verschwand eilig unter dem Bett.
    »Ich dachte, das sollten Sie wissen«, fuhr Max fort.
    Sie schaltete den Deckenventilator aus, damit es leiser war« »Wo?«
    Sie hörte genau zu, ihre Brust hob und senkte sich, ihr Herz hämmerte, sie hörte das Geräusch von Sirenen in der Ferne. Näher, möglicherweise im selben Zimmer wie Irving, waren andere Stimmen zu vernehmen. Sie ging verschiedene Möglichkeiten durch, schließlich kam sie zu dem Schluss dass er bereits am Tatort war.
    „Sie müssen nicht mitten in der Nacht herkommen«, sagte
    Irving.                       
    Bildete sie es sich ein, oder verbarg sich in der Geschmeidigkeit seines Satzes eine Herausforderung? Vielleicht wollte er Abraham berichten können, dass sie sich nicht einmal die Mühe machte, aus dem Bett zu steigen.
    »Ich komme.«
    Sie hob das Telefon vom Boden. Mit dem Hörer am Ohr griff sie nach ihrem Rucksack, der neben dem Bett auf dem Boden stand, schließlich angelte sie mit dem Zeh danach. Sie zog ihn zu sich herüber, ließ sich dann auf die Knie sinken und grub darin, bis sie ihren Steno-Block und ihren Stift gefunden hatte.
    Sie zog die Kappe des Stifts mit den Zähnen ab. »Wie ist die Adresse?«
    Überraschenderweise widersprach er ihr nicht, sondern gab ihr die Adresse und sagte dann: »Rufen Sie sich ein Taxi. Es ist nicht weit von Ihnen, nur ein paar Meilen.«
    Mit einem Finger beendete sie den Anruf, dann bestellte sie schnell ein Yellow Cab. Sie hängte auf und schnappte sich die Klamotten, die sie erst vor ein paar Stunden ausgezogen hatte - Jeans und T-Shirt. Wahrscheinlich keine professionelle Tatort-Kleidung.
    Sie steckte ihren Notizblock und ihren Stift zurück in den Leinenrucksack. Dann schob sie ihre nackten Füße in Leder-Slipper mit dicken Absätzen, griff nach ihren Wohnungsschlüsseln und lief zur Tür.
    Unten wartete sie innen hinter der Doppeltür, die immer automatisch schloss, wenn jemand das Gebäude betrat oder verließ, und starrte durch einen schmalen Streifen Prismenglas hinaus auf die Straße.
    In der Ferne entdeckte sie schließlich verzerrte Scheinwerfer.
    Auf dem Dach das leuchtende Taxischild. Sie beobachtete, wie das Fahrzeug am Bürgersteig vor ihrem Haus hielt.
    Die frische, kalte Nachtluft traf sie im Gesicht, als sie hinaustrat. Es war beinahe Vollmond, und ein paar der helleren Sterne waren trotz der Lichtverschmutzung zu sehen.
    Sie setzte sich hinten ins Taxi und nannte dem Fahrer die Adresse.
    Sie trieben durch die surreale Großstadtkulisse, hielten an Ampeln, die ihre

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