Anne Frasier
diese Dinge in der Krümmung des Toilettenabflusses. Ivy empfand Mitleid, sie wusste, dass der junge Spurensicherungs-Mitarbeiter tief in die Toilette fassen musste, um nach möglichen Beweisen zu suchen.
Als er weg war, trat Ellis vor sie, sah ihr in die Augen und fragte: »Was machen Sie hier?« Über die Schulter fragte er Irving: »Was zum Teufel will sie hier? Jede unnötige Person ist ein Satz Fußstapfen näher an plattgetretenen Beweisen.«
»Sie muss hier sein«, sagte Irving müde, und sein Ton verriet, dass er mit dieser Entscheidung nichts zu tun hatte. »Was wollen Sie hier?«, fragte Ellis. Es gab wenige Menschen, die Ivy auf den ersten Blick hasste, aber diesen Mann hasste sie. Gegen ihn war Irving ein verdammter Heiliger und voller Mitgefühl.
Sie wandre den Blick nicht ab und sagte: »Ich bin hier; um Popcorn zu verkaufen.«
Aus Irvings Richtung kam ein amüsiertes Grunzen. Vielleicht war sie auch da, um alle zu erheitern.
Der Mann starrte sie weiter an, er fuhr sich mit einer rosa Zungenspitze über die Lippen, Dann lächelte er und wandte sich ab, um weiter nach Spuren zu suchen. Ivy folgte ihm.
»Und er ist kein >es<«, sagte sie. D er Mann schaute auf.
» Der Junge, erklärte sie entschlossen. »Der neugeborene Junge ist kein >es<. «
»Was zum Teufel ist denn Ihr Problem? « In einer Handschuh-Hand hielt er eine Tüte für Beweisstücke, in der anderen einen blutgesättigten Wattebausch. Er schaute ernsthaft verwundert, konnte nicht verstehen, was sie wollte«
»Das sind echte Menschen«, sagte sie und biss die Zähne aufeinander, damit ihre Lippen nicht zitterten. Die Worte
hallten von den Seiten wänden ihres Hirns wider, während sie versuchte, ihre Emotionen in Schach zu halten, um etwas zu finden, was ihn verstehen lassen konnte, was sie meinte, obwohl sie wusste, dass es nutzlos war. »Sie entmenschlichen sie«, erklärte sie langsam. »Genau wie der Mörder.«
Er starrte sie weiter irritiert an, sein Mund schlaff, der Kopf zur Seite gelegt, seine Schultern fragend ein wenig hochgezogen.
Sie begriff, wie nutzlos es war, zu versuchen, ihm das klarzumachen, marschierte an ihm vorbei und verließ das Schlafzimmer.
Als sie das Wohnzimmer durchquerte, erlaubte sie es sich nicht, in Richtung des Bonsais zu sehen.
Raus.
Sie musste hier raus.
Draußen rang sie nach Luft, ihr Herz klopfte, sie konnte den Gedanken an die grinsende Mutter und das blau angelaufene Baby nicht verdrängen.
Eine Kamera blitzte ihr ins Gesicht, einen Augenblick war sie blind. Jemand packte sie am Arm. »Können Sie mir etwas über den Mord sagen?«, fragte eine Männerstimme.
Ivy zwinkerte; jetzt konnte sie den jungen Reporter erkennen, der Irving am ersten Tag im Foyer der Polizei in den Weg getreten war. »Da müssen Sie mit Detective Irving sprechen«, sagte sie und zog ihren Arm weg.
Plötzlich brach Durcheinander aus, als ein Polizist bemerkte, dass der Reporter sich innerhalb des Absperrbandes befand.
»Scheren Sie sich hier raus«, rief eine Polizistin und kam in ihre Richtung«
Der Reporter duckte sich unter dem Absperrband hindurch und verschwand in der Dunkelheit.
Ivy duckte sich ebenfalls unter dem Band durch, ging ein paar Meter, und da war er schon wieder er redete schnell. Direkt vor ihr, Klemmbrett in der Hand, Stift schreibbereit.
»Eine Frau. Das weiß ich«, sagte er. »Ein Baby«, sagte er drängend. »Ich muss wissen, ob da ein Baby war.« »Ich kann nicht darüber sprechen.« »Was ist mit Ihnen? Was haben Sie mit dem Fall zu tun?« Sie blieb stehen und seufzte gereizt. »Auch das kann ich Ihnen nicht sagen.« Eine kleine Warnlampe ging an. Kann ich nicht sagen . Unglückliche Wortwahl. Sehr unglückliche Wortwahl.
»Hören Sie ...« Sie hob eine Hand an die Stirn, dann berührte sie ihr Haar - und erinnerte sich, dass sie sich nicht einmal gekämmt hatte, bevor sie ins Taxi gesprungen war. Nicht, dass es wichtig war. Eine Frau war tot. Ein Baby war tot. Ihr Haar war egal. Wenn sie katholisch gewesen wäre, hätte sie sich jetzt hundert Ave Maria aufgebrummt.
»Ach, vergessen Sie's.« Sie stieß ihn aus dem Weg, ging an ihm vorbei. »Reden Sie mit Irving.«
Wurde man so, wenn man zu lange allein lebte? Fand man dann alle eigenartig? Erst Irving, dann Ellis, jetzt diesen Reporter. Urteilte sie noch richtig? Oder sah sie die Leute nur, wie sie wirklich waren? Auf alle Fälle war es störend und unangenehm. In der letzten Stunde hatte sie genug Wirklichkeit für die nächsten
Weitere Kostenlose Bücher