Anne Frasier
und stellte sie zurück in das Körbchen.
Als sie sich umwandte, lag die tote Frau auf dem Rücken, und der Mann in dem Trenchcoat beugte sich über sie. Ivy beobachtete, wie er ein paar Strähnen des dunklen Haars vom Kopf der Frau abschnitt und in ein Beweistütchen steckte. Dasselbe tat er mit ihrem Schamhaar. Dann schnitt er ihre Fingernägel und füllte die Nagelreste in einen kleinen Umschlag, den er in einen größeren Umschlag steckte.
»Seien Sie gründlich, Ellis«, sagte Irving abrupt.
Der Mann im Trenchcoat schaute auf. Er wirkte auf eine aufwendige, teure Art sehr gepflegt. Ivy konnte sofort sagen, dass er es nicht gewohnt war, herumkommandiert zu werden.
»Wollen Sie damit sagen, dass ich nicht ordentlich arbeite?«, fragte Ellis.
»Ich will nur, dass Sie wissen, dass dieser Fall wichtig ist.«
»Haben Sie nicht die Vorschriften gelesen? Alle Fälle sind wichtig.«
Ellis lachte sarkastisch, und Ivy konnte ahnen, warum Irving ihn nicht mochte.
Das kleine Geplänkel war Ablenkung genug gewesen, dass
Ivy ihren Schutzschild sinken ließ, und jetzt konnte sie sehen, was sie zuvor verdrängt hatte. Die Frau war nackt, mit blauen Flecken auf den Handgelenken und an den Knöcheln, und um ihren Hals war etwas gelegt, das aussah wie eine Wäscheleine. Ihr Gesicht war so geschwollen, dass man unmöglich sagen konnte, ob sie hübsch gewesen war. Schlimmer noch, ihre starren Augen standen offen, und ihr Mund war mit Klebeband zu einem breiten Grinsen geformt worden.
Es gab mehrere Stichwunden; die Matratze unter der Leiche war voller Blut.
Der Madonna-Mörder hatte es immer auf die Gebärmutter abgesehen. Dafür hatte Ivy Beweise.
Sie wusste auch, dass er die Mütter aus Hass tötete, aber die Babys aus Liebe. Eine kranke, verdrehte Liebe, aber dennoch Liebe.
Als der Gerichtsmediziner ein Thermometer hervorzog, wandte sich Ivy ab. Das konnte sie nicht ertragen. Aber es war ohnehin alles in ihrem Kopf, wie ein Foto. Wie die Fotos in den Akten. Das Grinsen. Die glasigen Augen mit den riesigen Pupillen.
Der Todeszeitpunkt würde berechnet werden, indem man von der normalen Körpertemperatur von 37 Grad die rektale Temperatur der Leiche abzog und daraus die in etwa vergangene Anzahl an Stunden seit Eintreten des Todes berechnete.
»Todeszeitpunkt 23:15«, verkündete der Gerichtsmedizinen
Sie war weniger als drei Stunden tot. »23:30 für das Baby.«
Was hieß, die Mutter hatte um das Leben ihres Babys gekämpft. Sie hatte den Mörder bekämpft, bis sie nicht mehr kämpfen konnte.
Irving musste dasselbe gedacht haben, denn er schaute hoch zu einem uniformierten Polizisten - einem jungen, dunkelhäutigen Mann, der in der Nähe der Schlafzimmertür
stand. »Ich möchte, dass alle Einheiten Ausschau halten nach einem Mann, der möglicherweise frische Kratzspuren im Gesicht trägt«, sagte er zu ihm.
Die Leiche wurde auf eine Bahre mit einem geöffneten schwarzen Leichensack gehoben, sodass man sie zur Obduktion in die Gerichtsmedizin bringen konnte. Sie wurde hineingesteckt, dann wurde der Reißverschluss geschlossen.
»Was ist mit dem Baby? Können wir das nicht zur Mutter legen?«, fragte der Assistent.
»Es macht wahrscheinlich keinen Unterschied«, sagte der Mann, mit dem Irving aneinandergeraten war. Er sah hinüber zu Irving. »Aber um jede Möglichkeit der Kontamination auszuschließen, steckt es in einen eigenen Sack.«
Was sie taten, obwohl alle wussten, dass es lächerlich war und dass der arrogante Kerl im Trenchcoat es nur wegen Irving tat. Ivy konnte an nichts anderes denken, als dass er den Jungen »es« genannt hatte. Dann waren sie weg. Die Leichen. Die Gerichtsmediziner. Die Fotografen.
Die Einzigen, die noch verblieben waren, waren die zwei Typen von der Spurensicherung, Irving und Ivy.
Ivy wäre gerne auch gegangen, doch sie wollte nicht zusehen, wie die Leichen unten im Wagen verschwanden.
Sie wollte aber auch nicht mehr in diesem Schlafzimmer bleiben.
Die Spurensicherungs-Männer sahen sich weiter um, sammelten hier, tupften da.
»Die Abflüsse nicht vergessen«, sagte Ellis zu seinem Partner. »Und die Toilette.«
Sein Partner richtete sich auf. Er war jung und unauffällig. »Warum kümmerst du dich nicht um die Toilette? Ich hab letztes Mal gemacht.«
Ellis starrte den jüngeren Mann an, der schließlich den
Blick abwandte und davonging, er verließ das Schlafzimmer um nach der Toilette zu sehen. Manchmal versuchten Mörder, etwas wegzuspülen, und manchmal fand man
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