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Anne in Avonlea

Anne in Avonlea

Titel: Anne in Avonlea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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die Zaunöffnung an der Ecke vom Feld gejagt und auf den Weg zur Cuthbert-Farm getrieben hatten.
    Anne war in diesem Augenblick unleugbar alles andere als in engelsgleicher Gemütsverfassung. Auch besänftigte es sie nicht im Mindesten, als sie in einem Einspänner direkt neben dem Weg breit grinsend Mr Shearer und seinen Sohn aus Carmody erblickte.
    »Du hättest mir wohl besser die Kuh da schon letzte Woche verkauft, Anne«, lachte Mr Shearer.
    »Wenn Sie wollen, verkaufe ich sie Ihnen jetzt«, sagte Anne, puterrot und völlig zerzaust. »Sie können sie auf der Stelle haben.«
    »Einverstanden. Ich zahle zwanzig Dollar, so viel wie ich dir neulich schon geboten habe. Jim kann sie gleich nach Carmody treiben. Sie wird noch heute Abend mit den anderen verladen und in die Stadt gebracht. Mr Reed aus Brighton will eine Jerseykuh.«
    Fünf Minuten später trabten Jim Shearer und die Kuh den Weg hinunter. Anne fuhr mit ihren zwanzig Dollar Richtung Green Gables. »Was wird Marilla dazu sagen?«, fragte Diana.
    »Oh, nichts. Dolly gehörte mir. Bei unserem Viehverkauf würde sie auch nicht mehr als zwanzig Dollar bringen. Aber, ach du lieber Himmel, wenn Mr Harrison sich den Hafer ansieht, wird er merken, dass sie schon wieder drin war. Dabei hab ich ihm mein Ehrenwort gegeben, dass es nicht wieder vorkommt. Na ja, jedenfalls weiß ich jetzt, dass man, was Kühe angeht, kein Ehrenwort geben sollte. Einer Kuh, die über Zäune springt und aus dem Stall ausbricht, kann man nie trauen.«
    Marilla war zu Mrs Lynde gegangen. Als sie zurückkam, wusste sie alles über den Verkauf der Kuh, denn Mrs Lynde hatte von ihrem Fenster aus so gut wie alles mitbekommen und sich den Rest zusammengereimt.
    »Es ist schon in Ordnung, obwohl du die Dinge immer viel zu sehr überstürzt, Anne. Ich verstehe aber immer noch nicht, wie sie aus dem Stall herausgekommen ist. Sie muss ein paar Bretter heruntergerissen haben.«
    »Ich habe noch nicht nachgesehen«, sagte Anne. »Aber das mache ich jetzt. Martin ist immer noch nicht wieder da. Vielleicht sind noch ein paar von seinen Tanten gestorben. Ich glaube, es ist so ähnlich wie mit Peter Sloane und seinen Methusalems. Neulich abends las Mrs Sloane die Zeitung und sagte zu ihrem Mann: >Schon wieder ist einer so alt wie Methusalem gestorben. Was ist ein Methusalem, Peter?< Und Mr Sloane sagte, er wüsste es auch nicht, aber es müssten kränkliche Geschöpfe sein. Man wüsste zwar nichts von ihnen, doch sterben täten sie. So ähnlich muss das auch mit Martins Tanten sein.«
    »Martin ist eben genau wie all diese Franzosen«, sagte Marilla voller Empörung. »Man kann sich nicht einen Tag auf sie verlassen.«
    Marilla besah sich gerade die Einkäufe, die Anne in Carmody getätigt hatte, als sie plötzlich einen gellenden Schrei vernahm. Gleich darauf kam Anne händeringend in die Küche geschossen.
    »Anne Shirley, was ist jetzt wieder los?«
    »Oh, Marilla, was soll ich nur tun? Es ist schrecklich. Und es ist alles nur meine Schuld. Werde ich jemals lernen erst nachzudenken, statt immer so leichtsinnig zu sein? Mrs Lynde hat schon immer gesagt, eines Tages würde ich noch etwas Schlimmes anstellen und jetzt ist es passiert!«
    »Anne, du bist wirklich zum Verzweifeln. Was ist denn passiert?«
    »Ich habe Mr Harrisons Kuh - die er von Mr Bell gekauft hat - an Mr Shearer verkauft! Dolly steht drüben im Stall!«
    »Anne Shirley, träumst du?«
    »Ach, wenn ich nur träumen würde ... Es ist kein Traum, höchstens ein Albtraum. Mr Harrisons Kuh ist inzwischen längst in Charlottetown. Oh, Marilla, ich hatte gedacht, ich würde nie wieder so in die Tinte geraten und jetzt ist es schlimmer denn je. Was soll ich nur tun?«
    »Tun? Du kannst nichts tun, Kind, außer zu Mr Harrison zu gehen und die Angelegenheit zu regeln. Wir können ihm als Ersatz unsere Kuh anbieten, falls er das Geld nicht will. Unsere Kuh ist genauso gut wie seine.«
    »Er ist bestimmt furchtbar wütend und wird eklig«, jammerte Anne. »Das denke ich auch. Er scheint sowieso zu der leicht reizbaren Sorte Mensch zu zählen. Wenn du möchtest, gehe ich und erkläre es ihm.«
    »Nein, das tust du nicht, so schäbig bin ich auch wieder nicht«, rief Anne. »Es ist allein meine Schuld und ich will nicht, dass du dafür bestraft wirst. Ich gehe selbst und zwar jetzt gleich. Je eher es vorbei ist, umso besser. Aber es wird entsetzlich werden.«
    Die arme Anne nahm ihren Hut und ihre zwanzig Dollar. Sie war schon im Hinausgehen, als

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