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Anne in Kingsport

Titel: Anne in Kingsport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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Lächeln, in dem weder Schüchternheit noch ein schlechtes Gewissen lag, auf sie zu.
    »Ich würde euch gern näher kennen lernen«, rief sie begierig. »Ich bin schon so gespannt. Ihr seid mir heute Morgen am Redmond schon aufgefallen. Sagt mal, fandet ihr es auch so? Wäre ich doch bloß zu Hause geblieben und hätte geheiratet.«
    Anne und Priscilla brachen über diese unerwartete Schlussfolgerung in ungezwungenes Lachen aus. Das braunhaarige Mädchen lachte ebenfalls.
    »Ehrlich. Ich hätte nämlich die Möglichkeit gehabt, wisst ihr. Kommt, setzen wir uns auf den Grabstein, damit wir uns näher kennen lernen können. Wir werden uns mögen - das war mir gleich klar, als ich euch heute Morgen gesehen habe. Am liebsten wäre ich zu euch gegangen und um den Hals gefallen.«
    »Und warum hast du es nicht getan?«, fragte Priscilla.
    »Weil ich mich einfach nicht dazu entschließen konnte. Ich bin immer so unschlüssig - das ist einfach meine Art. Kaum habe ich mich für etwas entschieden, schon habe ich das Gefühl, dass ein anderer Weg der bessere wäre. Es ist fürchterlich, aber so bin ich nun mal. Ich konnte mich nicht entschließen, auf euch zuzugehen und euch anzusprechen.«
    »Wir dachten, du wärst zu schüchtern«, sagte Anne.
    »Nein, nein. Schüchternheit gehört wirklich nicht zu den Schwächen - oder Tugenden - der Philippa Gorden, kurz Phil. Nennt mich also ruhig Phil. Und wie heißt ihr?«
    »Priscilla Grant«, sagte Anne und zeigte auf sie.
    »Und das ist Anne Shirley«, sagte Priscilla und deutet ihrerseits auf Anne.
    »Wir stammen von der Insel«, sagten beide aus einem Munde. »Ich komme aus Bolingbroke, Nova Scotia«, sagte Philippa. »Bolingbroke!«, rief Anne. »Da bin ich geboren.«
    »Allen Ernstes? Das freut mich aber. Dann sind wir sozusagen Nachbarinnen. Das gefällt mir, denn wenn ich dir Geheimnisse anvertraue, dann kommt es mir nicht vor, als würde ich sie einer Fremden erzählen. Ich muss Geheimnisse einfach loswerden. Ich kann sie nicht für mich behalten - es ist zwecklos. Das ist mein schlimmster Fehler - das und die Unentschlossenheit, wie schon gesagt. Ob ihr es glaubt oder nicht, aber ich habe eine halbe Stunde dafür gebraucht, um mich zu entscheiden, welchen Hut ich aufsetzen sollte, als ich - hierher - auf einen Friedhof - gehen wollte, den braunen mit der Feder oder diesen rosa Hut mit der lässigen Hutkrempe. Schließlich habe ich beide nebeneinander aufs Bett gelegt, die Augen zugemacht und mit einer Hutnadel danach gepikt. Die Nadel ist im rosa Hut gelandet, also habe ich den aufgesetzt. Er steht mir gut, nicht wahr? Wie findet ihr übrigens, dass ich aussehe?«
    Auf diese naive Frage, die in ganz ernstem Ton gestellt war, brach Priscilla erneut in Lachen aus. Aber Anne antwortete, wobei sie unwillkürlich Philippas Hand drückte:
    »Wir fanden, du warst die Hübscheste von allen.«
    Auf Philippas leicht schiefem Mund mit den blendend weißen kleinen Zähnen blitzte ein bezauberndes schiefes Lächeln. »Fand ich auch«, lautete ihre nächste überraschende Bemerkung, »aber ich wollte meine Meinung gern noch von jemand bestätigt haben. Nicht einmal über mein Aussehen bin ich mir schlüssig. Kaum finde ich mich hübsch, schon wird mir ganz elend, dass ich es vielleicht doch nicht bin. Übrigens habe ich eine schreckliche alte Großtante, die immer mit einem traurigen Seufzer zu mir sagt: >Was warst du für ein hübsches Baby! Schon komisch, wie Kinder sich verändern, wenn sie größer werden.< Gegen Tanten habe ich ja nichts, aber ich hasse Großtanten. Sagt mir doch bitte ganz oft, dass ich hübsch bin, wenn es euch nichts ausmacht. Ich fühle mich dann so besser. Ich kann euch auch gern den Gefallen tun, wenn ihr das möchtet - kann ich wirklich, guten Gewissens.«
    »Danke«, lachte Anne, »aber Priscilla und ich sind so fest von unserem guten Aussehen überzeugt, dass wir uns das nicht dauernd versichern lassen müssen. Brauchst dir also keine Gedanken zu machen.«
    »Oh, ihr lacht mich aus. Ihr haltet mich bestimmt für furchtbar eitel, aber das bin ich nicht. Nicht die Spur. Ich mache anderen auch gern Komplimente, wenn sie sie verdienen. Ich bin ja so froh, dass ich euch kennen gelernt habe. Ich bin am Samstag angekommen und seitdem vor Heimweh fast gestorben. Es ist ein schreckliches Gefühl, nicht? In Bolingbroke bin ich wer, aber in Kingsport bin ich ein Niemand! Es gab Stunden, wo ich ganz trübsinnig war. Wo wohnt ihr eigentlich?«
    »In der St.John’s

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