Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anne Rice - Pandora

Anne Rice - Pandora

Titel: Anne Rice - Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pandora
Vom Netzwerk:
verbessern könnte.«
    Ich überlegte immer noch. Würden sie sich mir gegen-
    über ehrlich verhalten? Wie war es jetzt, nachdem sie erlebt hatten, dass ich mit diesem Jungen unzüchtige Spiele trieb? Sie waren schließlich sehr fromme Männer.
    »Ihr seid auf dem Weg in eine sehr große Stadt«, antwortete Jakob. »Einen besseren Ort gibt es nicht. Euer Vater hat dort griechische Freunde!«
    »Wie kann es dort besser sein als in Alexandria?«, wollte ich wissen.
    »Oh, es ist bei weitem besser«, sagte Jakob. »Ich will mich nur mit meinem Vater besprechen, ehe ich Euch mehr sage.«
    Wir waren schon wieder auf hoher See. Das Land rück-te immer weiter in die Ferne. Ägypten. Die Dunkelheit brach herein.
    »Habt keine Angst«, sagte Jakob, »Ihr seht aus, als wärt Ihr zu Tode erschrocken.«
    »Ich habe keine Angst«, antwortete ich. »Es ist nur, dass ich nun in meinem Bett liegen muss und den Gedanken und Erinnerungen und Träumen nicht auswei-chen kann.«
    Ich sah ihn an, als er seinen Blick scheu abwandte.
    »Ich habe den Jungen in meinen Armen gehalten wie eine Mutter, Nacht für Nacht.«
    Das war so ungefähr die größte Lüge, die ich je in meinem Leben ausgesprochen habe.
    »Er war ein Kind in meinen Armen.« Schönes Kind!
    »Und nun fürchte ich mich vor den Albträumen. Du musst es mir sagen – welches ist unser Bestimmungsort? Wie sieht unsere Zukunft aus?«

    3

    »Antiochia«, sagte Jakob, »Antiochia am Orontes.
    Griechische Freunde Eures Vaters erwarten Euch dort.
    Und sie sind auch mit Germanicus befreundet. Vielleicht, mit der Zeit … aber sie werden zu Euch stehen. Ihr werdet einen vermögenden Griechen aus guter Familie heiraten.«
    Heiraten! Einen Griechen, einen provinziellen Griechen? Einen Griechen aus Kleinasien! Ich unterdrückte ein Lachen und aufsteigende Tränen. Das war das Letzte, was ich mir antun würde. Der arme Kerl! Wenn er wirklich einer dieser griechischen Hinterwäldler war, wür-de er die Unterwerfung der Griechen durch Rom ein zweites Mal ertragen müssen. Ich zerbrach mir den Kopf darüber, während wir weiter von Hafen zu Hafen zogen.
    Wir segelten weiter, von Stadt zu Stadt. Ich grübelte über all dies nach.
    Natürlich bewahrten mich widerwärtige Bagatellen wie diese davor, dass ich meinem Gram und meinem Entsetzen über das Geschehene vollkommen ausgeliefert war.
    Sorge dafür, dass dein Gewand ordentlich gegürtet ist.
    Verscheuche den Anblick deines Vaters, der tot, mit dem eigenen Dolch in der Brust, am Boden liegt.
    Was Antiochia anging, so war ich mit dem römischen Leben zu sehr verwachsen gewesen, als dass ich viel über diese Stadt gewusst oder gehört hätte. Wenn Tiberius seinen ›Erben‹ Germanicus hier stationiert hatte, um ihn der Popularität, die er in Rom genoss, zu entziehen, dann, so dachte ich, musste Antiochia so ziemlich am Ende der zivilisierten Welt liegen. Warum nur, im Namen der Götter, war ich nicht in Alexandria auf und davon gegangen?, fragte ich mich. Alexandria war die größte Stadt des Imperiums nach Rom. Es war eine junge Stadt; Alexander hatte sie gebaut, nach ihm war sie auch be-nannt, aber sie war eine herrliche Hafenstadt. Niemand würde in Alexandria wagen, den Tempel der Isis dem Erdboden gleichzumachen. Isis war eine ägyptische Göttin, die Gemahlin des mächtigen Osiris.
    Aber was hatte das alles mit meiner Angelegenheit zu tun? Ich musste wohl insgeheim schon die ganze Zeit etwas im Schilde geführt haben, doch bewusst ließ ich keinen Plan zu, der meine Integrität als edle Römerin beflecken konnte.
    Ich dankte meinen hebräischen Wächtern für diese Mit-teilung und dafür, dass sie sie sogar vor dem jungen Römer Marcellus, den sie ebenfalls vor den Mördern des Kaisers gerettet hatten, geheim gehalten hatten. Dann bat ich sie, mir offen auf einige Fragen im Zusammenhang mit meinen Brüdern zu antworten. »Der Angriff kam für sie alle überraschend. Die delatores, diese Spitzel der Prätorianer, sind so rasch und geschickt. Und Euer Vater hatte so viele Söhne. Euer ältester Bruder, der gab zwei seiner Sklaven den Befehl, über die Mauern seines Anwesens zu klettern und Euren Vater zu warnen.«
    Antonius. Ich hoffe, du hast ihr Blut vergossen! Ich bin sicher, du hast bis zu deinem letzten Atemzug gekämpft.
    Und meine Nichte, meine kleine Nichte Flora, ist sie schreiend vor ihnen geflohen, oder verfuhren sie barm-herzig? Die Prätorianer und Barmherzigkeit! Schon allein der Gedanke war töricht.
    Ich äußerte mich

Weitere Kostenlose Bücher