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Anne Rice - Pandora

Anne Rice - Pandora

Titel: Anne Rice - Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pandora
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ist eine unverzeihliche Frechheit«, fauchte ich.
    »Brauchen sich Magier und Gedankenleser nicht an gute Manieren zu halten?« Ich schaute den Priester und die Priesterin an. »Wer ist dieser Mann?«
    Ich ging hinaus, und sie folgten mir. Ich eilte zum Portal.
    Im Licht sahich das Gesicht der Priesterin. »Wir wissen nur, dass er unser Freund ist. Bitte, hört auf seinen Rat.
    Er hat bisher nur Gutes für den Tempel getan. Er kommt, um die ägyptischen Bücher zu lesen, die wir hier haben.
    Er kauft sie von den Geschäften auf, sobald eine neue Schiffsladung ankommt. Er ist weise. Er kann Gedanken lesen, wie Ihr wisst.«
    »Ihr habt mir eine Eskorte von Wächtern versprochen«, sagte ich.
    Und ich werde da sein. Das kam von dem Römer, obwohl ich nicht wusste, wo er sich im Augenblick befand.
    Er war nicht in der großen Halle.
    »Kommt und bleibt im Isis-Tempel, so kann Euch nichts geschehen«, bat der Priester.
    »Ich bin nicht die Frau, die für das Tempelleben geeignet wäre«, sagte ich und versuchte, möglichst dankbar und bescheiden zu klingen. »Ich würde euch innerhalb einer Woche zur Verzweiflung treiben. Öffnet bitte das Portal.«
    Ich schlüpfte hinaus. Wieder in der römischen Nacht, zwischen römischen Säulen und römischen Tempeln, hatte ich das Gefühl, als ob ich aus einem dunklen Korri-dor voller Spinnweben geflohen wäre.
    Ich entdeckte Flavius, der sich gegen die Säule neben mir presste, den Blick auf die Stufen gerichtet. Unsere vier Fackelträger hatten sich in unserer Nähe verängstigt zusammengedrängt. Einige andere Männer waren offensichtlich Tempelwachen, aber sie hielten sich wie Flavius im Schutz der Portale auf.
    »Herrin, geht wieder hinein!«, flüsterte Flavius.
    Am Fuß der Treppe stand eine Gruppe behelmter römischer Soldaten in voller Uniform, mit poliertem Harnisch, kurzer Tunika und halblangem rotem Umhang. Sie hielten ihre tödlichen Schwerter, als befänden sie sich im Kampf. Ihre bronzenen Helme schimmerten im Licht der Kohlenpfannen.
    Kampfausrüstung mitten in der Stadt. Alles vorhanden, außer den Schilden. Und wer war der Anführer?
    Neben dem Anführer stand mein Bruder Lucius. Auch er hatte seine roten Kampftuniken angelegt, doch trug er weder Harnisch noch Schwert. Seine Toga lag, mehrfach gefaltet, über seinem linken Arm. Er war gepflegt, sein Haar glänzte, um ihn war die Aura des Geldes. Ein juwelenbesetzter Dolch steckte an seinem Unterarm, ein weiterer in seinem Gürtel.
    Bebend zeigte er auf mich.
    »Da ist sie«, sagte Lucius. »Von der ganzen Familie hat nur sie sich dem Befehl des Sejanus entzogen. Es war eine Verschwörung gegen Tiberius, und irgendwie hat sie es mit Bestechung geschafft, aus Rom zu fliehen!«
    Ich warf einen schnellen, abschätzenden Blick auf die Soldaten. Zwei waren jung, Asiaten, doch die anderen waren alt, und es waren Römer: sechs insgesamt. Ihr Götter, die mussten mich für Circe halten!
    »Geht wieder hinein«, drängte mein lieber, treuer Flavius, »sucht Schutz.«
    »Sei still«, sagte ich. »Dazu ist immer noch Zeit.«
    Der Anführer, er war der Schlüssel, und ich sah, dass er ein älterer Mann war, älter auf jeden Fall als mein Bruder Antonius, wenn auch nicht so alt wie mein Vater. Er hatte buschige graue Augenbrauen und war untadelig rasiert.
    Stolz trug er seine Narben aus früheren Schlachten, eine auf der Wange, eine andere am Oberschenkel. Er wirkte erschöpft. Seine Augen waren rot, und er schüttelte den Kopf, als wollte er seine Sicht klären.
    Seine Arme waren tief gebräunt, mit kräftigen Muskeln.
    Das bedeutete Krieg – zahllose Kriege.
    Lucius verkündete: »Die ganze Familie ist verurteilt worden. Die Frau sollte auf der Stelle exekutiert werden!«
    Ich entschloss mich für eine Strategie, als wäre ich Cä-
    sar persönlich. Ich erhob plötzlich meine Stimme, während ich zwei Stufen weiter hinunterging:
    »Ihr seid der Legat, nicht wahr? Ihr müsst sehr müde sein.« Ich ergriff seine Hand mit meinen beiden Händen.
    »Habt Ihr unter dem Befehl von Germanicus gestanden?«
    Er nickte.
    Das war der erste Treffer!
    »Meine Brüder haben mit Germanicus im Norden ge-kämpft«, sagte ich. »Und Antonius, der älteste, hat nach dem Triumphzug durch Rom noch so lange gelebt, dass er uns davon berichten konnte, wie sie die Gebeine im Teutoburger Wald fanden.«
    »Ach, meine Dame, dieses Totenfeld zu sehen! Eine ganze Armee in einen Hinterhalt gelockt und die Leichen einfach der Verwesung

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