Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anne Rice - Pandora

Anne Rice - Pandora

Titel: Anne Rice - Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pandora
Vom Netzwerk:
komplizierter als die andere. Wir bringen schließlich ständig Bücher zu Marius.«
    Flavius blickte entgeistert.
    Ich versuchte ein Lächeln zu unterdrücken. Das lief besser, als ich gehofft hatte. Aber diese Visionen von Ägypten hatten mich innerlich zerrissen und erschöpft.
    Ich hasste den Blick auf die Wüste und die Berge, den Gedanken an Blut saugende Götter.
    Ich erhob mich und wollte gehen.
    »Es ist eine rosafarbene Villa am äußersten Rand der Stadt«, sagte der alte Mann, »aber noch innerhalb der Mauern, mit Blick auf den Fluss; es ist das letzte Haus.
    Früher war es einmal ein Landsitz außerhalb der Stadt-mauern. Es steht auf einer steinigen Anhöhe. Aber bei Marius öffnet tagsüber niemand das Tor. Alle wissen, dass er tagsüber schlafen will, weil er die Angewohnheit hat, nachts zu forschen. Wir hinterlegen die Bücher immer bei seinen jungen Dienern.«
    »Er wird mich willkommen heißen!«, sagte ich.
    »Das ist sehr wahrscheinlich, wenn diese Schriften wirklich von Euch sind«, sagte der alte Mann.
    Dann machten wir uns auf den Weg. Inzwischen stand die Sonne hoch am Himmel, auf dem Forum tummelten sich die Käufer. Frauen trugen Körbe auf dem Kopf. In den Tempeln herrschte ein Kommen und Gehen. Spielerisch wanden wir uns durch die Menge.
    »Komm schon, Flavius«, drängte ich.
    Es war eine Qual, sich seiner Langsamkeit anzupas-sen, als wir den steilen Hügel hinaufstiegen, Schritt für Schritt immer näher kamen.
    »Ihr wisst, dass das Wahnsinn ist!«, sagte Flavius. »Er kann bei Tageslicht nicht wach sein; das habt Ihr mir und Euch klar bewiesen! Mir, dem ungläubigen Athener, und Euch, der zynischen Römerin. Was sollen wir hier machen?«
    Höher und höher stiegen wir, ließen ein luxuriöses Anwesen nach dem anderen zurück. Verschlossene Tore.
    Das Bellen von Wachhunden.
    »Beeil dich. Muss ich mir deine Vorträge noch länger anhören? Oh, schau, mein liebster Flavius. Das rosafarbene Haus, das letzte Haus. Marius hat wirklich Stil. Sieh nur die Mauern und Tore!«
    Endlich legte ich meine Finger um die eisernen Stäbe.
    Flavius ließ sich in das Gras am Rand der schmalen Straße sinken. Er hatte sich völlig verausgabt.
    Ich zog an der Schnur der Türglocke.
    Bäume stützten ihre schweren Äste auf die Mauerkro-nen. Durch das Blättergewirr erspähte ich eine Gestalt, die auf den Balkon im zweiten Stock trat.
    »Kein Zutritt!«, rief sie.
    »Ich muss zu Marius!«, antwortete ich. »Er erwartet mich!« Ich wölbte meine Hände und rief: »Er hat mich hergebeten. Er hat gesagt, ich solle kommen!«
    Flavius murmelte ein Stoßgebet vor sich hin. »O Herrin, ich hoffe, Ihr kennt diesen Mann besser, als Ihr Euren eigenen Bruder gekannt habt.«
    Ich lachte. »Das kann man nicht vergleichen«, sagte ich. »Hör auf zu jammern.«
    Die Gestalt war verschwunden. Ich hörte eilige Schritte.
    Schließlich tauchten zwei Knaben vor mir auf, fast noch Kinder, bartlos, mit langem schwarzem Kraushaar, in hübsche, goldverbrämte Tuniken gekleidet. Sie sahen aus wie Chaldäer.
    »Schnell, öffnet das Tor!«, befahl ich ihnen.
    »Edle Dame, ich kann Euch nicht einlassen«, sagte der eine, offensichtlich der Sprecher. »Ich darf niemanden einlassen, bis Marius selbst kommt. Das ist sein Befehl.«
    »Selbst kommt, woher?«, fragte ich.
    »Herrin, er erscheint, wann er will, und empfängt, wen er will. Bitte, nennt mir Euren Namen, und ich werde ihm sagen, dass Ihr hier wart.«
    »Entweder du öffnest das Tor, oder ich klettere über die Mauer«, drohte ich.

    Die Jungen waren entsetzt. »Nein, Herrin, das könnt Ihr nicht tun!«
    »Nein? Wollt ihr nicht jemanden zu Hilfe rufen?«, fragte ich.
    Die beiden Sklaven starrten mich verwundert an. Sie waren sehr hübsch. Einer war etwas größer als der andere. Beide trugen Armspangen von erlesener Schönheit.
    »Dachte ich’s mir doch«, sagte ich. »Außer euch ist niemand hier.« Ich drehte mich um und prüfte das dicke Schlinggewächs, das über die getünchte Mauer hing. Mit einem kleinen Sprung in die Höhe setzte ich meinen rechten Fuß so hoch wie möglich in das dichte Gestrüpp, und mit einem weiteren Sprung konnte ich meine Arme über die Mauerkrone schwingen.
    Flavius hatte sich aus dem Gras erhoben und kam zu mir gelaufen.
    »Herrin, ich bitte Euch, lasst das sein«, drängte er.
    »Herrin, das ist schlecht, ganz schlecht! Ihr könnt nicht einfach über die Mauer dieses Hauses klettern.«
    Die Diener auf der anderen Seite schnatterten aufgeregt

Weitere Kostenlose Bücher