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Anne Rice - Pandora

Anne Rice - Pandora

Titel: Anne Rice - Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pandora
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er in den Jahren vor seinem Tod vollendet hatte.
    »Ägypten!«, rief ich. Händler zeigten auf alte Schriftrollen. Fragmente.
    Die Sonnensegel flatterten in der leichten Brise. Einen Buchladen nach dem anderen inspizierte ich mit einem Blick in das Innere, sah dort ganze Reihen von Sklaven, wie sie Schriften kopierten und eifrig ihre Federn in die Tinte tauchten und nicht wagten, von ihrer Arbeit aufzu-blicken.
    Auch draußen im Schatten saßen Sklaven, sie schrieben Briefe, die ihnen von einfachen, des Schreibens un-kundigen Männern und Frauen diktiert wurden. Überall herrschte geschäftiges Treiben.
    Truhen wurden in einen Laden gebracht. Der Besitzer, ein älterer Mann, kam heraus.
    »Marius!«, rief ich ihm zu. »Ich komme von Marius, dem großen blonden Mann, der Euer Geschäft nur am späten Abend aufsucht.«
    Der Mann reagierte nicht.
    Ich ging in den nächsten Laden. Hier war alles vertre-ten, was aus Ägypten kam, nicht nur zur Besichtigung ausgerollte Pergamente, sondern auch Fragmente von Malereien an den Wänden, Bruchstücke von Reliefs, auf denen man noch das Profil eines Königs oder einer Kö-
    nigin erkennen konnte, Reihen von kleinen Krügen sowie Figürchen aus irgendeiner längst ausgeräumten Grab-kammer. Die Ägypter stellten mit besonderer Vorliebe diese winzigen Holzfiguren her.
    Und hier fand ich genau den Mann, den ich gesucht hatte, den echten Antiquar. Nur zögernd riss sich der grauhaarige Mann von seinem Buch los, einem Geset-zeswerk in neuerem Ägyptisch.
    »Nichts dabei, das Marius interessieren könnte?«, fragte ich, als ich den Laden betrat. Truhen und Schachteln versperrten mir auf Schritt und Tritt den Weg. »Ihr wisst doch, dieser große Römer Marius, der die Manuskripte aus der ältesten Vorzeit studiert und die kostbarsten auf-kauft. Ihr wisst, wen ich meine. Auffallend blaue Augen.
    Blondes Haar. Er kommt immer erst abends; Ihr lasst doch Euren Laden seinetwegen länger auf.«
    Der Mann nickte. Er warf einen schnellen Blick auf Flavius und sagte mit hochgezogenen Augenbrauen: »Dieses elfenbeinerne Ersatzteil ist nicht schlecht!« Ein gebildeter Grieche. Ausgezeichnet. »Griechisch-orientalisch und sehr schön hell.«
    »Ich komme wegen Marius«, sagte ich.
    »Ich lege alles für ihn zurück«, erwiderte der Mann mit einem leichten Schulterzucken. »Ich verkaufe nichts, das ich nicht zuerst ihm angeboten habe.«
    »Das glaube ich. Ich komme seinetwegen.« Ich sah mich um. »Darf ich mich setzen?«
    »Oh, bitte, verzeiht«, sagte der Mann. Er deutete auf eine stabile Truhe. Flavius stand verdutzt da. Der Mann setzte sich wieder an seinen voll gepackten Tisch.
    »Ich wünschte, ich hätte einen anständigen Tisch. Wo ist mein Sklave? Ich hatte hier doch irgendwo Wein. Ich war nur … Ich habe gerade in diesem Text etwas höchst Erstaunliches gelesen!«
    »Wirklich?«, sagte ich. »Also, dann seht Euch doch dies hier bitte an.« Ich drückte ihm die von mir verfassten Seiten in die Hand.
    »Meine Güte, ist das eine wunderbare Abschrift«, sagte er, »und so gut wie neu!« Er flüsterte kaum hörbar vor sich hin. Viele Worte konnte er lesen. »Das wird Marius sehr interessieren. Es geht hier um die Sagen, die sich um Isis ranken, genau damit beschäftigt er sich.«
    Ich entzog ihm die Blätter sanft wieder. »Ich habe das für ihn geschrieben!«
    »Ihr habt das geschrieben?«
    »Ja, aber wisst Ihr, ich suche nach einer Überraschung für ihn, es soll ein Geschenk sein! Etwas, das gerade erst erschienen ist, was er noch nicht gesehen hat.«
    »Nun, da habe ich so einiges.«
    »Flavius, das Geld.«
    »Ich habe kein Geld, Herrin.«
    »Das stimmt nicht, Flavius; du würdest weder ohne Schlüssel noch ohne Geld aus dem Haus gehen. Gib es mir.«
    »Oh, ich gebe Euch Kredit, wenn es für Marius ist«, sagte der Alte. »Hm, wisst Ihr, es ist Verschiedenes diese Woche auf den Markt gekommen. Das liegt an der Hungersnot in Ägypten. Ich vermute, die Leute waren gezwungen zu verkaufen. Man weiß nie, woher ein ägyptisches Manuskript kommt. Aber hier –« Er hob den Arm und nahm ein zartes Pergament aus einem Fach der kreuz und quer im Raum stehenden staubigen Holzregale.
    Er legte es ehrfürchtig auf den Tisch und öffnete es sehr vorsichtig. Das Pergament war gut erhalten, doch an den Ecken war es etwas brüchig. Es würde sich auflösen, wenn man nicht sorgfältig damit umging.
    Ich stand auf, um ihm über die Schulter zu sehen. Ein Schwindelgefühl befiel mich. Ich sah die Wüste

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