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Anne Rice - Pandora

Anne Rice - Pandora

Titel: Anne Rice - Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pandora
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zu sehen.
    »Und was wirst du nun tun, Akbar?«, fragte Marius.
    »Verletze, quäle sie nur noch ein einziges Mal, und ich werde dich töten! Bring sie um, und du wirst selbst unter schlimmsten Qualen sterben! Lass sie los, dann kannst du dich aus dem Staub machen.«
    Stufe für Stufe stieg er herauf.
    »Du unterschätzt mich«, sagte das verbrannte Scheusal, »du arroganter römischer Stümper, du denkst, ich weiß nicht, dass du die Königin und den König hier festhältst, dass du sie aus Ägypten geraubt hast. Es ist aber bekannt! Die Nachricht ist in der ganzen Welt verbreitet, in den nordischen Wäldern, in den wilden Ländern, in den Ländern, von denen du keine Ahnung hast. Du hast den Ältesten getötet, der den König und die Königin be-wachte, du hast sie geraubt! In tausend Jahren hat das Paar sich nicht gerührt und nicht gesprochen. Du hast unsere Königin aus Ägypten entführt. Hältst du dich für einen römischen Kaiser? Du glaubst, sie wäre eine Königin, die du wie Kleopatra als Geisel nehmen könntest!

    Kleopatra war eine griechische Hure. Diese hier ist unsere Isis, unsere Akasha! Du Gott lästernder Idiot. Nun lass mich zu Akasha. Stellst du dich mir in den Weg, muss diese Frau, die einzige Sterbliche, die du wirklich liebst, sterben.«
    Marius ging uns Stufe für Stufe entgegen.
    »Akbar, haben dir deine Informanten nicht gesagt, dass es der Älteste selbst war, ihr langjähriger Hüter, der das königliche Paar den Strahlen der Sonne aussetzte?«, fragte er und nahm wieder eine Stufe. »Hat man dir nicht gesagt, dass der Älteste den König und die Königin ins Tageslicht schickte und so auch Hunderte von uns durch das Feuer der Sonne sterben ließ? Nur die ganz Alten sind verschont worden, doch sie leben unter mörderi-schen Qualen so wie du.«
    Marius machte eine schnelle Bewegung. Sofort fühlte ich die Fangzähne tief in meinen Hals eindringen. Ich konnte mich nicht befreien. Wieder sah ich dieses Geschöpf in seinem einstigen Glanz, das mich mit seiner Schönheit, seinen juwelengeschmückten Füßen verspot-tete, als er im Kreise geschminkter Frauen tanzte.
    Ich hörte Marius direkt neben mir sprechen, doch ich konnte seine Worte nicht verstehen.
    Der ganze Wahnsinn dieser Ereignisse wurde mir bewusst. Ich hatte diese Kreatur zu Marius geführt, aber war es auch das, was die Mutter wollte? Akasha – dieser uralte Name war auf die ausgesaugten Opfer gemalt worden, die auf den Tempelstufen endeten. Ich kannte den Namen. Es war der aus meinen Träumen. Langsam verlor ich das Bewusstsein. »Marius«, rief ich mit letzter Kraft.
    Mein Kopf sank nach vorn, befreit von den Reißzähnen.
    Ich kämpfte gegen diese totale, lähmende Schwäche an.
    Ganz bewusst ließ ich das Bild des Kaisers Augustus vor meinen Augen erstehen, wie er uns noch auf seinem To-tenbett empfangen hatte. »Ich werde das Ende dieser Komödie nicht mehr erleben«, flüsterte ich.
    »O doch, das wirst du!« Es war die ruhige Stimme von Marius, direkt neben uns. Ich öffnete die Augen. »Akbar, wag es nicht noch einmal, du hast nun deine Entschlossenheit gezeigt.«
    »Und du, Marius, greif nie wieder nach mir«, konterte der andere. »Meine Zähne streicheln ihren Hals. Doch ein Tropfen mehr, und ihr Herz verstummt.«
    Das dichte Dunkel der Nacht ließ die Fackel dort unten umso heller erscheinen. Das war alles, was meine Augen noch wahrnehmen konnten. Die Fackel. »Akasha!«, flü-
    sterte ich.
    Der Verkohlte tat einen tiefen Atemzug, seine Brust drängte gegen mich. »Ihr Blut ist köstlich«, sagte er. Er küsste mich mit seinen rissigen, verbrannten Lippen auf die Wange. Ich schloss die Augen. Es fiel mir immer schwerer, zu atmen. Ich konnte die Augen nicht mehr öffnen.
    Er redete weiter.
    »Du siehst, Marius, ich habe keine Angst, sie mit mir in den Tod zu nehmen, denn wenn ich schon von deiner Hand sterben soll, warum dann nicht mit ihr als Gefähr-tin?«
    Die Worte kamen von weit her und hallten wie ein Echo.
    »Heb sie auf«, befahl Marius. Er stand sehr dicht bei uns. »Und trage sie vorsichtig, als wäre sie dein geliebtes einziges Kind; komm mit mir hinunter in das Heiligtum.
    Komm mit mir zur Mutter. Wirf dich vor Akasha auf die Knie, und sieh, was sie dir gestatten wird.«
    Mir drehte sich schon wieder alles, doch das Lachen dieses Scheusals hörte ich noch. Er nahm mich nun tatsächlich auf die Arme, mein Kopf fiel zurück.
    »Marius«, murmelte ich, »er ist schwach. Du kannst ihn töten.« Als er mit mir

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