Annika Bengtzon 09: Weißer Tod
tracking device anbringen lassen, so dass die Fahrtroute heruntergeladen und später von deinen Polizisten analysiert werden kann. Ich hatte keine Zeit, es auszuprobieren, ich weiß also nicht, ob es funktioniert. Was machen wir jetzt als Erstes?«
»Hast du das Geld abgehoben?«
Frida ließ den Motor an.
»Die Bank macht um halb neun auf«, sagte sie und fädelte sich in den Verkehr ein. »Habt ihr gefrühstückt? Ich habe mein Konto in der Filiale in der Moi Avenue, wir könnten im Hilton warten, bis sie öffnet.«
Halenius setzte sich auf dem Beifahrersitz zurecht, nervös, wie es Annika erschien.
Sie erreichten eine vierspurige Autobahn, die, wie ein großes Schild erklärte, von den Chinesen gebaut worden war.
»China ist dabei, ganz Afrika aufzukaufen«, sagte Frida. »Grund und Boden, Wälder, Minen, Öl und alle anderen natürlichen Ressourcen … Aber jetzt erzähl mal, bist du immer noch bei diesem Minister? Wie lange willst du denn da noch Frondienst leisten?«
Halenius lachte zurückhaltend.
»Macht korrumpiert«, sagte sie. »Und die Kinder sind unten bei Angie?«
»Seit Sonntag. Tanya hat sie begleitet. Da unten in Kapstadt muss richtig schlechtes Wetter gewesen sein, aber langsam scheint es etwas besser zu werden.«
»Und wie geht es Tanya? Ist sie noch beim Institut für außenpolitische Studien?«
»Yepp. Obwohl sie sich für eine Stelle in New York beworben hat, bei der UN .«
Frida nickte begeistert.
»Super! Die brauchen sie dort.«
Annika schluckte. Sie war im wahrsten Sinne des Wortes in der zweiten Reihe platziert worden. Sie ließ das wichtige und gebildete Gespräch auf den Vordersitzen an sich vorüberziehen und packte die Videokamera aus. Sie richtete sie aus dem Seitenfenster und nahm die Stadt über das Display wahr, eine Kenol-Tankstelle, riesige Werbetafeln für Produkte, die sie nicht kannte (Kaufen Sie Mouida Ananaslimo! Handyanbieter Airtel! Schnellkauf Chandarana! Tusker Bier!), ein im Bau befindliches fünfstöckiges Wohnhaus mit einem Bambusgerüst, Tankwagen mit Wasser, eine Total-Tankstelle und eine andere mit Namen Oillibya. Lesen Sie die Tageszeitung The Star (Fresh! Independant! Different!) , Citi Hoppers rollten tief über der Straße, Berge von Erde. Es roch nach verbrannten Kräutern. Die chinesische Autobahn war zu einer schmaleren asphaltierten Straße geworden, die noch immer dunkel vom nächtlichen Regen war. Keine Bürgersteige, keine Seitenstreifen, nur eine lange Reihe von Menschen, die zu Fuß auf dem Weg nach Irgendwo oder Nirgendwo waren, in Badeschlappen, Tennisschuhen, Stoffschuhen, Pumps oder glänzenden Lederschuhen. Frauen mit knallbunten Frisuren, schlechtsitzenden Kleidern und Kindern auf dem Rücken. Junge Kerle mit Reklame-T-Shirts für exotische Reiseziele oder amerikanisches Hochprozentiges.
Überwältigt von den Eindrücken legte Annika die Kamera zur Seite.
Das Tageslicht kam schnell, aber die Sonne hielt sich hinter den schweren Wolken versteckt. Das Grün um sie herum war massiv, überwältigend.
Das Hilton in Nairobi war ein hohes rundes Gebäude mitten im Stadtzentrum. Frida parkte in der Tiefgarage. An der Einfahrt wie auch an der Ausfahrt und unten auf dem Parkdeck standen Wachen.
Die Eingangshalle war riesig. In der Mitte schwebte wie ein Raumschiff ein Kristalllüster. Sie segelten über das Meer aus Marmor durch die Lobby zum Traveller’s Restaurant . Dort ließen sie sich in einer Ecke nieder, Halenius bestellte ein Croissant und Kaffee für sie. Zu ihrer eigenen Überraschung brachte sie es runter.
»Was passiert jetzt?«, fragte Frida und drehte ihre Kaffeetasse in den Händen. Halenius schluckte, ehe er antwortete.
»Der Entführer wird sich gegen neun Uhr melden«, sagte er. »Dann erhalten wir vermutlich Instruktionen, wo das Lösegeld übergeben werden soll, und ich muss ihm beibringen, dass du das Auto fährst. Das kann ein bisschen schwierig werden.«
Frida stellte die Tasse ab und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück.
»Warum das denn?«
Halenius trank einen Schluck Kaffee.
»Entführer wollen immer, dass die Person, die das Lösegeld übergibt, allein kommt. Ist man zu zweit, glauben sie sofort, der andere ist von der Polizei. Er weiß jetzt zwar, dass Annika und ich kommen …, allerdings dürfte es mühsam sein, ihn dazu zu bringen, dich als Fahrerin zu akzeptieren. Aber es muss gehen. Ohne dich schaffen wir das hier nicht.«
Annika starrte in ihre Kaffeetasse und Frida reckte
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