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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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sich.
    »Die Automarke hat er ja schon bestimmt, aber wenn wir Pech haben, fordert er noch irgendwelche besonderen Kennzeichen am Wagen oder an uns, bestimmte Kleidung oder Aufkleber auf den Fensterscheiben.«
    Annika ließ den Blick über das Restaurant schweifen. Auf einem Sims oberhalb des Bartresens standen stapelweise alte Ledertaschen. Wahrscheinlich sollte die Atmosphäre eines alten Zuges wiedergegeben werden. Sie erinnerte sich an Halenius’ Worte (war es gestern gewesen oder im vergangenen Jahr?): »Wenn die Entführer verlangen, dass man sich den Kopf kahlschert, bleibt einem nichts anderes übrig, als den Rasierer in die Hand zu nehmen.«
    Ob sie sich die Haare abrasieren musste, um Thomas zu befreien? Ob sie ihre linke Hand opfern musste? Mit dem Anführer schlafen musste?
    Frida spielte mit ihren goldenen Armreifen.
    »Du weißt, wofür die somalischen Piraten die Lösegelder verwenden?«, fragte sie Halenius.
    »Sofern sie nicht mit ihrem Teil der Beute absaufen, meinst du?«
    »Sie versorgen ganze Städte damit, ganze Landstriche«, erklärte Frida.
    »Na ja«, entgegnete Halenius, »nicht alle.«
    »Mehr, als du glaubst. Sie halten die Wirtschaft der gesamten Küstenregion in Gang.«
    Annika setzte sich aufrecht hin, Halenius trank seinen Kaffee aus.
    »Das stimmt«, sagte er. »Seit die Piraten mit ihren Entführungen Erfolg haben, sind die Preise um über hundert Prozent gestiegen. Das gilt für Grund und Boden genauso wie für Herrenschuhe und hat eine Menge sozialer Probleme mit sich gebracht. Ganz abgesehen von den Schwierigkeiten, die ohnehin schon in der Bevölkerung herrschen: Missernten, Bürgerkrieg …«
    »Jeden Tag schwimmen an Somalias Küste Öltanker im Wert von hundert Millionen Dollar vorbei, und die hungernden Menschen können nur zusehen«, sagte Frida und deutete mit dem Arm die ganze Küste an.
    »Das gibt ihnen nicht das Recht, Leute zu entführen«, sagte Halenius.
    Annika stellte ihre Tasse ab und merkte, wie ihre Hände zitterten.
    »Ich habe durchaus Verständnis für Ihre Robin-Hood-Attitüde«, sagte sie. »Aber mein Mann ist kein Öltanker, er ist einfach ein Gewaltopfer. Verteidigen Sie das auch?«
    Frida setzte ihre Sonnenbrille ab und wandte sich an Annika. Ihre Augen waren hell, beinahe grau.
    »Wie kommt es eigentlich, dass Gewalt immer viel schlimmer ist, wenn Weiße betroffen sind?«
    Sie sagte es ruhig und neutral, ohne die geringste Gemütsbewegung. Annika dachte an Ruanda und wusste keine Antwort.
    »Ihr in der Ersten Welt seid so genau mit euren Arbeitsmarktgesetzen und Gewerkschaftsabsprachen und Lohnverhandlungen, aber nur, wenn es um eure eigenen Belange geht. Die Arbeitsbedingungen der Näherinnen, die in einer Textilfabrik in Asien eure Kleider nähen, oder die der Ölarbeiter im Sudan, die dafür sorgen, dass ihr in euren Autos durch die Gegend fahren könnt, interessieren euch einen feuchten Kehricht. Immer redet ihr von Demokratie und Menschenrechten, dabei meint ihr doch nur eure eigene Bequemlichkeit.«
    Sie setzte ihre Sonnenbrille wieder auf und lächelte kurz.
    »Kriegen Sie keinen Schreck«, sagte sie zu Annika. »Ich möchte nur das Denken verändern. Nicht alles in dieser Welt ist schwarz-weiß.«
    Sie schaute auf die Uhr.
    »Wenn ihr so weit seid, würde ich vorschlagen, dass wir zur Bank fahren. Sollen wir den Koffer jetzt mitnehmen, oder kommen wir noch mal wieder?«
    Halenius wandte sich an Annika und wartete, bis sie ihre Tasche geschultert hatte.
    »Thomas hat während der Konferenz hier im Hotel gewohnt«, sagte er mit gedämpfter Stimme. »Sie haben seine Sachen zusammengepackt und sein Zimmer geräumt, aber sie wissen, dass du kommst und …«
    Mitten im Schritt hielt sie inne.
    »Hier? Seine Sachen sind hier?«
    Plötzlich war das Traveller’s Restaurant von seinem Rasierwasser erfüllt.
    »Wir können auch veranlassen, dass der Koffer in die Agnegatan geschickt wird, wenn du ihn nicht mitnehmen möchtest«, sagte Halenius.
    Unfähig, sich zu rühren, stand sie da. Seine Sachen, der Rasierapparat und die Schlipse und seine Jacketts zum Wechseln waren absolut unwichtig.
    Sie wusste nicht, warum, aber sie hörte sich sagen: »Ich nehme ihn mit.«
    Frida glitt über den Marmorboden hinüber zum Concierge, der in einem der hinteren Räume verschwand und mit Thomas’ Rimowa-Alukoffer wiederkam. Annika unterschrieb eine Quittung und stand dann mit dem sperrigen Koffer in der Hand in der Lobby. Sie wusste noch, wie Thomas gepackt

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