Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
Vom Netzwerk:
anderen Seite des Tals zeigten Mobilfunkmasten hinauf zu den Wolken.
    »Ich muss doch wohl nicht da runter?«, fragte sie und blickte auf das Wirrwarr aus Blechhütten.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Halenius.
    Die Minuten vergingen.
    Annika nahm die Videokamera und filmte durchs Fenster. Men­schen auf dem Weg zu ihren Behausungen kamen an dem Wagen vorbei.
    »Kann ich mein Fenster runterlassen?«
    »Ich glaube, wir können ruhig aussteigen«, sagte Halenius und verließ das Auto.
    Annika und Frida folgten.
    Sie standen dort wie auf dem Plateau im »König der Löwen«, wie auf einer Klippe über der Savanne. Stimmen drangen als schwaches Rauschen zu ihnen herauf.
    »Hier wohnen nicht so viele Leute, wie man immer angenommen hat«, sagte Halenius. »Früher hieß es, dass hier zwei Millio­nen leben, inzwischen geht man eher von ein paar Hunderttausend aus.«
    Sie hatte darüber gelesen und Berichte im Fernsehen gesehen, es gab auch einen Film, »Der ewige Gärtner«, der hier spielte, aber sie hatte sich nie das Ausmaß klargemacht.
    Halenius’ Handy piepste.
    Mit müden Augen sah er darauf, Annika hielt den Atem an.
    Es war egal, wo, wenn es nur bald überstanden war. Sie konnte die Taschen durch das Flussbett in das Durcheinander aus Hütten tragen, vorbei an Frauen in bunten Kleidern und Jungen in grauen Schuluniformen, sie konnte sie in einen Müllcontainer wer­fen oder in einem Gemüseladen abgeben, sie war zu allem bereit.
    »Das Lösegeld soll am Eingang des Langata-Frauengefängnisses übergeben werden.«
    Annika blinzelte, sie verstand nicht recht.
    »Beim Frauengefängnis«, sagte Frida. »Das ist in der Nähe vom Friedhof.«
    »Dann müssen wir also denselben Weg zurück?«, fragte Halenius.
    Frida sprang wieder ins Auto und ließ den Motor an. Annika und Halenius stiegen schnell ein. Annika schaffte es gerade noch rechtzeitig, die Tür zuzumachen, ehe Frida zurücksetzte und in ein Loch fuhr. Annika stieß sich den Kopf am ­Autodach.
    »Sorry« , sagte Frida mit einem kurzen Blick zur Rückbank.
    Sie mag mich nicht, schoss es Annika durch den Kopf. Sie will mich nicht hier haben. Sie will mit Halenius allein sein. Ob das stimmte? Hatte sie sich deshalb zu dieser Wahnsinnsaktion ­bereit erklärt? Falls ja, wie lange hegte sie dann schon diese Gefühle? Schon seit sie damals mit Angela Sisulu das Zimmer teilte? Hatte sie nachts wach im Nachbarbett gelegen und gelauscht?
    Und jetzt? Wie war es jetzt? Wusste sie Bescheid? Hatte Frida sie durchschaut?
    Annika blickte aus dem Fenster. Sie fuhren über staubige ­Pisten mit Läden von der Größe eines Kleiderschranks. Eine Glasbläserei, eine Moschee, eine Metzgerei. Das Auto schaukelte und hoppelte, Annika versuchte sich festzuhalten und in den schlimms­ten Schlaglöchern den Kopf mit den Händen zu schützen.
    An einem Schotterplatz am Ende der Straße fuhr Frida langsamer. Dort stand eine Art Carport mit einem Eisengittertor, das in den kenianischen Landesfarben grün, schwarz, rot und gelb gestrichen war. Darüber ein Schild: Langata Women’s Maximum Security Prison.
    Die Sonne wollte noch nicht so recht hervorkommen. Es war sehr still.
    Annika blickte sich schnell um. Sollte sie hier wirklich das Geld lassen? Oder war es nur ein weiteres Ablenkungsmanöver? Sie kurbelte das Fenster herunter und schaute über den Rand der Scheibe.
    Der Komplex sah nicht abschreckend aus, nur trist.
    Rechts Stacheldraht, links ein Wohngebiet mit neuen vier­stöcki­gen Häusern.
    Frida deutete auf den Besuchereingang.
    »Eine Freundin von mir sitzt hier ein«, sagte sie. »Sie hatte eine gute Stelle als Stewardess und einen schlechten Nebenjob als Heroinkurier. Sie haben sie mit eineinhalb Kilo erwischt. Zehn von vierzehn Jahren hat sie schon abgesessen.«
    Halenius starrte auf sein Handy.
    »Glaubst du, hier ist es?«, fragte Annika.
    Er raufte sich die Haare.
    Frida stieg aus und ging zum Wachhäuschen, um jemanden zu begrüßen.
    »Bleibst du sitzen?«, fragte Halenius.
    Annika nickte.
    Er verließ den Wagen und schloss die Tür. Eine junge Frau mit zwei kleinen Kindern saß neben einer Blechhütte mit drei Wänden. Ein handgemaltes Schild mit der Aufschrift Visitor’s Waiting Lodge deutete darauf hin, dass sie eine Besucherin war. Annika hob die Kamera und filmte. Sowohl die Frau als auch die Kinder trugen bunte Kleider, wie schafften sie es, so frisch gebügelt auszusehen? Eine Frau in roten Jeans und schneeweißem Pullover überquerte den Schotter und

Weitere Kostenlose Bücher