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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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hatte lockiges Haar und trug einen großen weißen Hut.
    »Annika!«
    Sie erstarrte und schaute hinüber zum Tor. Halenius war aus dem Wagen gestiegen und schwenkte den Arm.
    Die Trauergemeinde war noch da, aber die scheppernde Lautsprecherstimme war verstummt.
    Wieder flog in geringer Höhe ein Flugzeug über sie hinweg.
    Sie rannte zum Tor.
    »Wo?«, sagte sie atemlos.
    »Nicht hier«, sagte Halenius. Seine Augen waren rot. »Wir müs­sen weiter.«
    Ihr Atem ging stoßweise, das Adrenalin pulsierte.
    »Was ist passiert?«
    »Neuer Befehl per SMS . Wir sollen an Lifespring Chapel vorbei­fahren und das Geld auf dem Plateau oberhalb von Kibera abliefern. Spring rein!«
    Die Stimmung im Wagen war wie elektrisch aufgeladen. Frida biss sich auf die Unterlippe, ihre Lider zuckten hinter den Gläsern der Sonnenbrille. Sie redete von Orten und möglichen Wegen, während sie hin- und herschaltete, um zu wenden.
    »Es gibt ein Lifespring Chapel in der Nähe vom Flughafen, aber das ist auf der anderen Seite der Stadt. Vielleicht meinen sie den Wendeplatz oberhalb von Mashimoni hinter der Ngong Forest Road, gleich unten am Fluss …«
    Annika drehte sich um und schaute durch die Heckscheibe zu­rück zum Friedhof. Dort, wo sie geparkt hatten, war die Vegetation über den Zaun geklettert, hatte den Rost und die Stacheln mit grünen Blättern umwickelt, aber durch das Blattwerk konnte sie noch sehen, wie die Trauergäste ihre Schirme zusammenklappten und zum hinteren Ausgang gingen.
    Warum hatten sie einen neuen Befehl bekommen? Hatten sie etwas falsch gemacht? War unter den Trauergästen ein Kontrolleur der Entführer gewesen? Frida schaltete, und das Auto machte einen Satz nach vorn. Die Leute auf dem Friedhof verschwanden hinter dem Laub.
    Der Wagen bog in eine kleinere Straße ein, der Asphalt endete. Frida fuhr ein wenig langsamer, und schon bald rumpelten sie mit fünf Stundenkilometern voran, Seite an Seite mit Eselskarren und Männern mit überladenen Fahrrädern.
    Annika setzte sich in die Mitte, so weit von den Türen entfernt wie möglich.
    Die Häuser drängten sich immer dichter an den Wagen heran, rissiger Lehm und Blech, plattgetrampelter Schrott am Rand der Schotterstraße und eine Ziege, die auf einem Müllberg weidete.
    Auf dem Boden vor ihren Füßen lagen 1,1 Millionen Dollar, konnte man das von außen sehen? Was würde passieren, wenn die Leute draußen vor dem Fenster es wüssten? Wo sollten sie hier Geld verstecken?
    Ein Wachsdeckenverkäufer glitt vorbei, Frauen mit Kindern auf dem Rücken. Viele Augen folgten ihnen an dem ausgefahrenen Weg. Dann erschütterte ein dumpfer Knall den Wagen, Annika schrak auf und klammerte sich am Sitz fest, Frida bremste.
    »Was ist los?«, fragte Annika. »Was war das?«
    Frida zog die Handbremse an, setzte die Sonnenbrille ab und sah mit großen Augen zu Halenius hinüber.
    »Mach alles genau so, als wären wir nicht da«, sagte er leise.
    Frida holte ein paar Mal hastig Luft und öffnete die Tür, stieg aus dem Wagen und schrie wavulana, watoto, si ingawa miamba .
    Im Staub kamen Gesichter zum Vorschein, instinktiv beugte sich Annika zu Halenius vor.
    »Was sagt sie?«
    »Sie sagt, dass sie keine Steine auf unser Auto werfen sollen.«
    Frida stieg wieder ein, löste die Handbremse und legte den ersten Gang ein. Schweiß stand auf ihrer Oberlippe. Annika über­prüfte, ob die hinteren Türen verschlossen waren.
    Auf der linken Seite öffnete sich ein Tal, ihr Blick folgte dem Grün, und sie sah, wie es am Horizont in Braun überging. Eine Felsenlandschaft? Ein Krater? Eine unendliche Fläche aus Lehm?
    Sie schnappte nach Luft. Das war Kibera. Eine der am dichtesten besiedelten Gegenden der Erde, einer der größten Slums des Kontinents, Hütten aus Wellblech und Lehm, so weit das Auge reichte, Abwassergräben und Müll und Matsch, ein Teppich aus Brauntönen, der von hier bis in die Ewigkeit reichte. Sie versuchte etwas zu sagen, aber ihr fehlten die Worte.
    »Da unten liegt Mashimoni«, sagte Frida und fuhr auf einen Wendeplatz, der fünfzehn oder zwanzig Meter über einem ausgetrockneten Flussbett zu schweben schien. Sie hielt an, schaltete den Motor aus und zog wieder die Handbremse an.
    Eine Minute lang herrschte Schweigen im Wagen.
    »Stand da, wo ich das Geld hinbringen soll?«
    Halenius schüttelte den Kopf.
    Dieselbe Landschaft soweit das Auge reichte. Vollgehängte Wäscheleinen. Rauch, der zwischen den Dächern aufstieg. Überall waren Menschen. Auf der

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