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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Frauenfriedensbruch« geführt und geglaubt, die Rechtslage zu kennen.
    Für eine Frau, die in einer von Gewalt geprägten Beziehung lebte, konnte es schwierig sein, sich zu erinnern, ob das blaue Auge vom Donnerstag und der Rippenbruch vom Freitag stammte oder umgekehrt. Aus diesem Grund hatte der Ge­setz­ge­ber den Straftatbestand des schweren Frauenfriedensbruchs geschaffen: Die Übergriffe sollten in ihrer Gesamtheit betrachtet werden und nicht als getrennte Vorfälle. Außerdem war die Verjährungs­frist auf zehn Jahre heraufgesetzt worden, allein schon um die Schwere von Vergehen dieser Art zu unterstreichen.
    Hatte sie da etwas missverstanden? Das war natürlich möglich, aber dann musste es ja allen anderen Juristen und Journalisten ebenso gehen.
    Das Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelte. Sie hob den Hörer ab.
    »Sie können nicht einfach Ihr Telefon ausschalten und den Stecker rausziehen, wenn etwas Derartiges passiert ist«, sagte Anders Schyman am anderen Ende. »Halenius hat die ganze Nacht versucht, Sie zu erreichen. Wenn sich nun etwas Wichtiges ereignet hätte, wenn es Neuigkeiten gäbe!«
    Es klang, als wäre er draußen unterwegs, so rauschte und knackte es im Hörer.
    »Was denn?«
    »Was?«
    »Was ist passiert?«
    »Nichts, soweit ich weiß.«
    »Dann ist es ja auch egal, dass ich den Stecker rausgezogen habe, oder?«
    »Ihr Verhalten ist irrational und unverantwortlich«, sagte Schyman ärgerlich. »Stellen Sie sich vor, Thomas hätte versucht, Sie zu erreichen.«
    »Thomas ruft auf meinem anderen Handy an. Und das war natürlich eingeschaltet.«
    Ein großes Fahrzeug, ein Bus oder ein Lastwagen donnerte am anderen Ende vorüber. Sie hörte, wie Schyman im Hintergrund »Pass doch auf, du verdammter Idiot« rief.
    Als er wieder dran war, klang er gefasster.
    »Halenius will Sie über den Stand der Dinge informieren und Ihnen erklären, wie die Regierung vorgehen wird. Er kann zu Ihnen nach Hause kommen, oder Sie treffen ihn in der Stadt, aber er kann nicht ein weiteres Mal in der Redaktion erscheinen. Sie wollen die ganze Sache noch eine Weile unter Verschluss halten.«
    »Ich will ihn nicht bei mir zu Hause haben.«
    »Sie können ins Ministerium fahren, wenn Sie wollen.«
    »Wussten Sie, dass die Verjährungsfrist für schweren Frauenfriedensbruch gar nicht zehn Jahre beträgt?«
    Eine Sirene heulte vorbei.
    »Was haben Sie gesagt?«
    Sie schloss die Augen.
    »Nichts. Wo sind Sie eigentlich?«
    »Meine Frau hat mich am Fridhelmsplan abgesetzt. Ich bin gleich da.«
    Sie legten auf. Annika zog den Rechner wieder zu sich heran und öffnete die Seite hitta.se. Das war zwar kein vollständiges Einwohnermelderegister, aber man konnte dort praktisch alle frei zugänglichen Telefonnummern Schwedens finden und meis­tens auch die Adressen der Teilnehmer, komplett mit Stadtplan und Wegbeschreibung.
    Linnea Sendman war im Register nicht verzeichnet. Entwe­der hatte sie unter ihrem Namen kein Telefon angemeldet, oder sie hatte eine Geheimnummer beantragt – laut Bloggerin Viveca Hernandez allerdings ohne großen Erfolg. Letztere fand Annika in der Klubbacken 48 in Hägersten. Nach Angaben der erklä­ren­den Karte, die dem Datensatz beigefügt war, lag das Haus ­unmittelbar hinter den beiden Kitas im Selmedalsvägen. Sicher waren das die hellen Häuser aus den 50er Jahren oben auf dem Hügel, die Annika vom Fußweg aus gesehen hatte.
    Sie öffnete noch einmal den Blogbeitrag. Aus dem Text ging hervor, dass Viveca Hernandez ausführlich über Linnea Sendmans Situation Bescheid wusste.
    »… brüllte rum, dass es nur so durchs Treppenhaus schallte …«
    Ich wette meine rechte Hand darauf, dass Linnea Sendman ebenfalls in der Klubbacken 48 gewohnt hat, dachte Annika. ­Viveca Hernandez ist die Nachbarin, die sie als vermisst gemeldet hat.
    Sie hob den Hörer ab, um Viveca Hernandez anzurufen, aber als sie aufsah, stand plötzlich der Chefredakteur vor ihr – mit Wollmütze und Eiszapfen im Schnurrbart.
    »Wir müssen ins Ministerium«, sagte er. »Sofort. Das ist ein Befehl.«
    *
    Die Regierungskanzlei, die um die vorige Jahrhundertwende als Hauptkontor der Nordiska Kreditbanken erbaut worden war, thronte wie ein spätgotischer Palast am Norrström. Die Bank war bereits während des Ersten Weltkriegs pleitegegangen, aber ihr Emblem prangte immer noch über einem der Seiteneingänge, Anders Schyman hatte vergessen, über welchem.
    Er bezahlte das Taxi mit der Kreditkarte der Zeitung und warf

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