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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Gewalt – bis ins letzte Detail. Linnea Sendmans Mörder hatte an einer Fichte am Fußweg hinter der Kita gewartet, las sie. Das Opfer war vermutlich bergauf geflüchtet, und der Täter hatte ihr mit enormer Kraft in den Nacken gestochen. Die Wirbelsäule war am zweiten Halswirbel durchtrennt.
    Annika versuchte die Szene vor sich zu sehen, aber es gelang ihr nicht, das Bild in ihrer Erinnerung schob sich davor: der Stiefel im Schnee, mit dem in den Himmel ragenden Absatz.
    Sandra Eriksson, 54, aus Nacka floh über einen Parkplatz, als sie von hinten niedergestochen wurde, der Stich traf sie genau ins Herz. Das Messer drang nur wenige Zentimeter tief zwischen den Rippen ein, traf aber die Herzspitze. Sie war innerhalb von Sekunden tot. Von ihren vier Kindern war das jüngste Mädchen dreizehn. Eva Nilsson Bredberg, 37, aus Hässelby wurde mit vierzehn Messerstichen getötet, von denen die meisten den Körper durchbohrten. In den Zeitungen hieß es, die Mordwaffe sei lang und stabil gewesen. Die Frau hatte vermutlich noch versucht, ihr Reihenhaus zu erreichen, stürzte jedoch und wurde vor dem Haus auf der Straße niedergestochen.
    Sicherheitshalber waren die Analogien in einem Infokasten aufgelistet: die Mordwaffe, die Vorgehensweise, die Nähe zu Kindern und Spielplätzen sowie die Tatsache, dass in allen Fällen Zeugen fehlten. Auch wenn es nicht direkt da stand, so begriff doch jeder halbwegs aufmerksame Leser, dass man hier einen besonders verschlagenen und gefühlskalten Täter jagte.
    Annika nahm ihr Handy, ging ins Kinderzimmer und schloss die Tür hinter sich. Sie tippte Berits Durchwahl in der Redaktion ein, und Berit nahm sofort ab.
    »Das willst du nicht wirklich wissen«, antwortete Berit auf Annikas Frage, was in der Welt passiere. »Ich habe den halben Tag mit einer blödsinnigen Geschichte von mediatime.se ver­geu­det, die behauptet, der Finanzminister habe seine Luxuswohnung mit Schwarzarbeitern luxusrenoviert.«
    »Hört sich nach einem echten Knüller an«, sagte Annika.
    »Glaubst auch nur du«, sagte Berit. »Jetzt haben sie mich wieder auf deinen Serienmörder angesetzt.«
    »Sorry«, sagte Annika. »Deshalb rufe ich an. Hast du vielleicht vom Einwohnermelderegister die Adressen der fünf ermordeten Frauen besorgt?«
    »Wieso?«
    »Die Tatorte sind der Knackpunkt«, sagte Annika.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Die Frauen in Sätra, Hässelby und Axelsberg wurden direkt vor ihren Wohnungen ermordet. Aber wie war das in Nacka und Täby? Liegen die Tatorte in der Nähe der Wohnungen?«
    Berit raschelte mit Papier.
    »Im Nacka-Fall schon, die Frau starb mehr oder weniger vor ihrer Haustür. Aber nicht die in Täby.«
    Annika holte tief Luft.
    Am sichersten und leichtesten war es für einen Mann, seine Frau in der Wohnung umzubringen. Dort kam er einfacher an sie heran, und es gab keine Zeugen. Aber wenn der Mann keinen Zugang mehr zur Wohnung hatte, war er gezwungen, die Tat nach draußen zu verlegen.
    So hatte Sven es getan. Annika hatte ihn nicht mehr hereingelassen, also wartete er im Wald auf sie. Er hetzte sie zur Fabrik in Hälleforsnäs, bis zum Schmelzofen, wo er sie einholte und ihr Kater ihm in die Quere kam, der kleine Whiskas …
    Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht und sah das gelbe Fell des Katers vor sich, hörte sein kehliges Miauen und sein sanftes Schnurren.
    »Je weiter von zu Hause entfernt eine Frau stirbt«, sagte Annika, »desto weiter weg scheint sie vom Täter zu sein, rein beziehungsmäßig …«
    »Ich weiß«, sagte Berit. »Ich habe mir die Statistiken angesehen. Es gibt zwar ein paar Faktoren, die wissenschaftlich betrachtet die Theorie stützen, dass wir es mit einem verrückten Serienmörder zu tun haben, aber genau wie du sagst, deuten die erdrückenden Erfahrungen in dieser Problematik darauf hin, dass es sich um reine Beziehungstaten handelt.«
    »Mikael Ryings Untersuchungsbericht?«
    »›Die Entwicklung tödlicher Gewalt gegen Frauen in nahen Beziehungen‹«, bestätigte Berit. »Die Zahlen haben zwar schon ein paar Jahre auf dem Buckel, aber sie sind eindeutig. Ab 1990 und danach kannten in 94 Prozent aller aufgeklärten Fälle die weiblichen Opfer ihren Mörder.«
    Annikas Handy piepste, sie hatte eine neue SMS erhalten. Sie ignorierte die Nachricht, lehnte sich zurück in die Kissen auf Ellens Bett und zog die Beine an. Sie kannte diese Zahlen auswendig. In nahezu der Hälfte der Fälle war der Mörder der Exmann. Sie hatte solche Fälle jahrelang

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