Anonym - Briefe der Lust
Maschine, dann startete ich den Waschgang. „Was machst du denn genau?“
Eric lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „Ich bin Notarzt. Doktor.“
Tara, tara! Ein Hauptgewinn! Heiß, humorvoll und mit Doktortitel. Meine Mutter wäre schrecklich stolz.
„Und wie ist das so?“
Er sah ein wenig erstaunt aus. „Es ist immer viel zu tun. Aber es ist aufregend und interessant.“
„Dann rettest du Leben und alles, was dazu gehört? Das ist sicher eine Menge Stress“, stellte ich fest und heftete meinen Blick auf seinen Mund, um kein Wort seiner Antwort zu verpassen.
„Ja“, erwiderte Eric, nachdem ein oder zwei Sekunden Schweigen zwischen uns geherrscht hatte. Über sein Gesicht zog ein kaum wahrnehmbarer Schatten. „Sehr viel Stress. Und was machst du, Paige?“
Ich erzählte es ihm, ohne es klingen zu lassen, als würde ich mich schämen, keinen Doktortitel zu haben. Falls Eric nicht so beeindruckt von meiner Karriere war wie ich von seiner, erkannte ich es nicht in seinen Augen. Ebenso wenig an seinem immer noch lächelnden Mund.
Während wir wuschen, trockneten und unsere Kleidung zusammenlegten, plätscherte unsere Unterhaltung weiter dahin.
„Ich wette, diese Farbe steht dir ganz wunderbar.“ Er deutete auf die blaue Bluse, die ich soeben aus dem Trockner geholt hatte.
Ich hielt die Bluse vor meinen Körper. „Meinst du wirklich?“
„Ja. Sie hat den gleichen Ton wie deine Augen.“
Mir fehlen kaum jemals die Worte, aber dieses Mal gelang es mir nur mühsam, zu schlucken und ein „Danke“ hervorzustoßen.
Er rieb sich den Nacken mit der Hand und sah unglaublich liebenswert aus. „Hätte ich das nicht sagen sollen?“
„Doch. Es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass ich Komplimente nicht mag.“ Damit ich ihn nicht ausgerechnet in diesem Moment ansehen musste, bückte ich mich, um meine Wäsche aus dem Trockner zu holen.
„Und du bist keine Lügnerin?“
„Nein. Und wie ist es mit dir?“, erkundigte ich mich über meine Schulter.
Ich sagte es leichthin, so wie die ganze Unterhaltung verlaufen war. Als Erik nicht antwortete, richtete ich mich auf und drehte mich zu ihm um. Sein Gesichtsausdruck hielt mich davon ab, etwas zu sagen.
„Jetzt weiß ich wieder, wo es war.“ Er schnippte mit den Fingern. „Wo ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Es war nicht im Fitnessraum.“
Ich schnappte nach Luft. Meine Hände krallten sich in die warme, weiche Wäsche. Während ich darüber nachdachte, was ich sagen sollte, fuhr ich mir mit der Zunge über die Lippen. „Nein. Es war im ‚Mocha‘.“
„Nein. Da nicht. Sind wir uns jemals im ‚Mocha‘ begegnet?“ Er lachte und legte sich für einen Moment die Hände vor die Augen, bevor er mich wieder anschaute. „Es tut mir leid. Ich treffe so viele Leute, dass ich manchmal vergesse, wo ich ihnen begegnet bin. Aber glaub mir, ich würde mich sehr gern daran erinnern, dich dort gesehen zu haben.“
„Wir sind uns nicht richtig begegnet. Ich habe dich dort einfach nur gesehen. Du saßest am Fenster und schriebst irgendetwas. Mit ganz ernstem Gesicht. Du warst so beschäftigt, dass du mich gar nicht bemerken konntest.“
„Du hättest mir auffallen müssen, Paige.“ Sein Lächeln verriet mir, was er mir damit sagen wollte.
Ich lachte wieder. „Du hast mich aber nicht bemerkt. Weil du soooo viele Leute triffst. Also. Wenn es nicht im ‚Mocha‘ war oder draußen in der Raucherecke …“
Wieder blitzte flüchtig etwas wie Schuldbewusstsein in seinen Augen auf.
„Und es war nicht im Fitnessraum“, fuhr ich fort, als hätte ich es nicht gesehen. „Wo war es also?“
Seine dunklen Augen leuchteten erneut auf. „Vor der Tür des ‚Speckled Toad‘.“
Mein Mund öffnete sich, aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Wieder schnippte er mit den Fingern und stieß dabei einen triumphierenden Ton aus. „Ja. Ich habe recht, nicht wahr? Das war’s, stimmt’s? Ich wusste gleich, dass du mir bekannt vorkamst!“
„Ich liebe diesen Laden.“ Solange ich meine Wäsche in den Händen hielt, konnte ich ihm unmöglich in die Arme sinken, also umklammerte ich sie weiter.
„Ich auch.“ Erics Lächeln wurde weicher, als er mein Gesicht betrachtete. Dieses Mal schien er meine Züge gründlicher zu studieren. Nach einer Weile nickte er. „Ja. So war es zweifellos. Es ist ein paar Wochen her, nicht wahr? Du gingst gerade hinein, und …“
„Du kamst heraus. Ja.“ Ich tat so, als würde ich mich gerade erst wieder
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