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Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte

Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte

Titel: Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S G Browne
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zufriedengeben, nur zu überleben. Mit unserer Selbstgefälligkeit schwindet auch jede Hoffnung.
    Ein weiterer von Helens Sprüchen kommt mir in den Sinn, sie hat ihn kurz vor dem Ende unseres letzten Treffens an die Tafel geschrieben:
    FINDET EURE BESTIMMUNG.
    Während ich hier hocke und Rays Worten lausche, habe ich fast das Gefühl, ich könnte es schaffen.

KAPITEL 24
    Auf dem Treffen heute Abend herrscht eine ausgesprochen feierliche Stimmung, falls man eine Ansammlung wiederbelebter, halbverwester Leichen als »feierlich« bezeichnen kann.
    Unsere bisherige Teilnehmerzahl hat sich fast verdoppelt. Ray ist, wie versprochen, mit Zack und Luke im Schlepptau ebenfalls erschienen, während Naomi, Carl und Helen ihre eigenen Gäste mitgebracht haben. Der Einzige, der fehlt, ist Tom, wahrscheinlich weil er sich wegen seiner zwei unterschiedlichen Arme zu sehr schämt.
    Die anderen aus der Gruppe wissen nichts von unserem Versuch, seinen Arm wiederzubeschaffen. Und da auch nichts davon in den Nachrichten kam, haben Jerry und ich beschlossen, die Sache nicht zu erwähnen. Wir drei werden einfach behaupten, dass Tom den Leichenschrottplatz aufgesucht hat, um sich einen neuen Arm zu besorgen. Es ist nicht so ungewöhnlich, dass Zombies Ersatz für ein verlorenes Körperteil benötigen, und auf dem Schrottplatz ist man Zombies durchaus wohlgesonnen, vorausgesetzt, sie erscheinen in Begleitung eines Atmers und zahlen in bar. Die Auswahl dort ist ziemlich mager, also ist unsere Geschichte gar nicht mal so unglaubwürdig. Hey, ich habe schon Zombies mit zwei linken Händen gesehen.

    An die Tafel hat Helen die Worte WILLKOMMEN, ÜBERLEBENDE geschrieben, unterstrichen und mit Ausrufezeichen versehen. Fehlt nur noch ein Smiley.
    Ich stehe am Tisch mit dem Buffet und probiere vom Gebäck; ich wünschte, ich würde den Mut aufbringen, die paar Wörter, die ich gelernt habe, zu wiederholen. In Wirklichkeit sind es nur zwei: Hi, Rita . Allerdings bringe ich davon höchstens ein »I, Ita« heraus, was eher wie ein Ausruf des Ekels klingt und weniger wie eine Begrüßung, also halte ich den Mund und begnüge mich damit, das Objekt meiner kürzlich erwachten Begierde lediglich zu betrachten, während es lächelnd zu mir herüberschaut.
    Heute Abend trägt Rita einen weißen Rollkragenpullover und dazu passend eine weiße Strickmütze und eine weiße Jeans. Sie sieht damit wie ein Art Zombie-Schneeflocke aus.
    Der Kontaktmann vom Bezirksamt für Wiederauferstehung scheint allein durch die schiere Anzahl der Zombies um ihn herum überfordert zu sein und steht mit dem Rücken zur Wand, möglichst nah am Ausgang. Damit er sich nicht ganz so unwohl fühlt, wanke ich zu ihm hinüber und biete ihm eine Pastete mit Pekannüssen an. Daraufhin wird er so bleich, dass man ihn glatt für einen von uns halten könnte.
    Ein paar Minuten später verabschiedet er sich.
    Außer Ray, der mich kurz begrüßt, kommt keiner der Neuen in meine Richtung, also beobachte ich, wie die anderen sich bekanntmachen, während sie Kekse und Pastetchen essen, Punsch trinken und miteinander plaudern.
    »Wie bist du gestorben?«
    »Wurdest du einbalsamiert?«

    »Wo solltest du beerdigt werden?«
    »Trägst du Make-up, Alter?«
    Vor mir steht Jerry, die Mütze schräg auf dem Kopf, und der Schritt seiner Hose hängt ihm bis in die Kniekehlen. Bevor ich eine faule Ausrede auf meine Tafel schreiben kann, taucht Rita rechts von mir auf.
    »Andy trägt Make-up«, sagt Jerry.
    »Ach ja?«, sagt Rita.
    Sie dreht sich in meine Richtung, um mich zu betrachten; mit ihren Augen, die wie dunkle Kugeln in ihrem blassen Gesicht wirken, inspiziert sie mein Gesicht. Plötzlich nehme ich die anderen überhaupt nicht mehr wahr. Was mich angeht, sind wir allein im Zimmer.
    Rita berührt mit ihrem rechten Zeigefinger die Seite meiner Nase, tastet meine Haut ab und fährt mit ihrem Finger über meine Wange. Dann hält sie ihn in die Höhe; er ist mit einer dünnen Schicht Abdeckfarbe und Grundierung überzogen. Prompt steckt sie ihn in den Mund und lutscht ihn ab.
    »Mmmmmm«, sagt sie. »Yves Saint Laurent.«
    Jerry starrt Rita mit offenem Mund an, dann schließt er ihn wieder und schaut zu mir. »Alter.«
    »Okay«, sagt Helen. »Wenn ihr bitte alle Platz nehmen würdet, können wir anfangen.«
    Ich sitze neben Rita und Jerry. Auf unserer einen Seite hockt Ray mit seinem Rucksack, auf der anderen sitzen Zack und Luke; sie rücken mit ihren Stühlen dichter zusammen, wie zwei Katzen, die

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