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Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte

Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte

Titel: Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S G Browne
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verspeisen. Allerdings kannst du kaum ignorieren, was du isst, wenn das Herz deiner untoten Freundin wieder anfängt zu schlagen.
    Was mich zum Grund meines Kommens zurückbringt.
    Ich hoffe, dass unsere allmähliche Verwandlung durch ein göttliches Wunder hervorgerufen wurde, durch die Hand Gottes - und nicht durch den heilsamen Nährwert meiner Freunde und Nachbarn. Trifft Ersteres zu, bringe ich hoffentlich die Willenskraft auf, mein Verlangen nach Menschenfleisch zu überwinden. Handelt es sich allerdings um Letzteres, kann ich hoffentlich einen anständigen Fleischklopfer auftreiben.
    Unter dem halben Dutzend Atmern hier in der Kirche sind eine Frau, die ein paar Reihen vor mir betet, ein Paar, das im Vestibül hinter mir seine bevorstehende Hochzeit bespricht, und eine vierte Person, ein Mann, der auf der linken Seite kurz hinter der ersten Reihe Platz genommen hat. Eine weitere Frau, die wegen irgendwas verärgert zu sein scheint, spricht am Altar mit dem Pfarrer - und der Pfarrer ist Person Nummer sechs.

    Seit einer halben Stunde versuche ich, sie zu ignorieren. So zu tun, als wären sie gar nicht da. Also schließe ich die Augen, neige meinen Kopf vor und spiele weiter den Betenden, während ich auf das erhoffte Zeichen warte. Doch immer wieder steigt mir ihr Körpergeruch in die Nase, und ich muss mich einfach fragen, wie sie wohl schmecken.
    Wahrscheinlich hätte ich was essen sollen, bevor ich das Haus verlassen habe.
    Daran kann ich mich am schwersten gewöhnen. Meinen Appetit. Bevor ich angefangen habe, mich an Menschenfleisch gütlich zu tun, habe ich mehr aus Gewohnheit als aus Hunger gegessen, und ich mochte alles, was nicht nach gekochtem Reis, Weißbrot oder ungewürzten Nudeln schmeckte. Doch inzwischen habe ich immer mehr Appetit auf gekochten Reis mit gebratenem Menschenfleisch, Menschenfleisch-Käse-Sandwich und Spaghetti mit Menschenfleisch-Soße.
    Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal so enden würde. Ich habe mir das nicht ausgesucht. Ich habe nicht darum gebeten, wiederbelebt zu werden. Oder Menschenfleisch aus einem Einmachglas zu essen. Doch jetzt, wo es nun mal passiert ist, fällt es mir schwer, damit aufzuhören. Irgendetwas in meinen Innern hat sich verändert. Nicht nur in physiologischer Hinsicht. Sondern auch auf der Instinktebene. Ich spüre, wie es wächst, von mir Besitz ergreifen will. Ich spüre, wie ich ihm nachgebe, wie ich diesem neuen Gefühl erliege.
    Doch es gibt immer noch einen Teil in mir, der widerstehen will. Der daran glauben möchte, dass es noch eine andere Möglichkeit gibt. Dass ich mich unter den Atmern bewegen kann, ohne daran zu denken, wie saftig ihr Fleisch ist. Leider wird dieser Teil stetig kleiner und leiser.
    Darum hocke ich mit geschlossenen Augen und gesenktem Kopf hier in dieser Kirche, und ich stelle fest, dass ich
trotz meiner religiösen Skepsis und meiner scheinbaren Frömmigkeit tatsächlich bete. In der Hoffnung auf irgendein Zeichen, irgendeinen Hinweis, dass Gottes Hand bei mir am Werke ist, meine Wunden heilen lässt und mich zu neuem Leben erweckt. Auf diese Weise könnte ich meinen Appetit auf Menschenfleisch wenigstens als Sucht betrachten, als einen Lebensstil, für den ich mich entschieden habe, als etwas, das ich überwinden kann. Andernfalls müsste ich die Tatsache akzeptieren, dass der Verzehr von Menschenfleisch für mein Überleben notwendig ist.
    Die Stimmen des Paares, das hinter mir seine Hochzeit bespricht, sind plötzlich verstummt. Und als ich die Augen öffne und den Blick hebe, merke ich, dass die Frau und der Pfarrer, die am Altar standen, die Kirche verlassen haben. Das gilt auch für den Mann, der vorne links hockte. Der einzige Atmer, der noch hier ist, ist die Frau ein paar Reihen vor mir, den Kopf immer noch zum Gebet gesenkt. Ich kann ihre Hingabe nur bewundern. Sie betet, seit ich hier aufgekreuzt bin. Doch in der Stille der Kirche, jetzt, wo außer uns niemand mehr da ist, höre ich schließlich ihr Schnarchen, und mir wird klar, dass sie nur so tut, genau wie ich.
    Ich warte immer noch auf ein Zeichen, als ich bemerke, wie es draußen vor der Kirche laut wird. Ich habe keine Ahnung, was los ist, und ich kann mich auch nicht erinnern, Sirenen vernommen zu haben, darum glaube ich nicht, dass es was mit mir zu tun hat. Dann öffnet sich die Hintertür der Kirche, und der Pfarrer tritt ein, begleitet von zwei Männern der Animal Control.
    »Da ist er«, sagt der Pfarrer und deutet in meine Richtung. »Da ist

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