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Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte

Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte

Titel: Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S G Browne
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als Kind oder Jugendlicher zu maßregeln, hat meine Mutter mich zu sich gerufen und sich dann irgendeiner banalen Tätigkeit zugewandt, während mein Vater mich bestraft hat. Allerdings habe ich diesmal das Gefühl, dass ich mir um einen Hausarrest die wenigsten Sorgen machen muss.
    »Setz dich, Andrew«, wiederholt mein Vater.
    Und jetzt weiß ich, dass er es ernst meint. Mein Vater nennt mich nur dann Andrew, wenn ich in echten Schwierigkeiten stecke.
    Ich schlurfe zum Tisch und gebe mir größte Mühe, unbeholfen auf den Stuhl gegenüber meinem Vater Platz zu nehmen. Ich werfe einen Blick zu meiner Mutter, die, seit ich raufgekommen bin, dasselbe Glas säubert.
    Ich nehme die Tafel von meinem Hals, stelle sie auf den Tisch und schreibe: Was gibt’s?
    Mein Vater starrt auf die Worte, die ich hingekritzelt habe, dann hebt er den Blick und schaut mir in die Augen.
    »Wir haben ein Problem«, sagt er, während er weiter die Papiere durchblättert. »Weißt du, was das hier ist?«
    Ich schüttle den Kopf.
    »Das hier«, sagt er und hält demonstrativ die Papiere in die Höhe, »sind die einzelnen Rechnungen für jede Flasche Wein, die ich in den letzten zehn Jahren gekauft habe.«
    Oh-oh.
    »Jedes Mal, wenn deine Mutter und ich eine Flasche trinken, hefte ich die Rechnung weg«, sagt er. »Diese Rechnungen hier, insgesamt einhundertzweiundsiebzig, stammen von den Flaschen, die noch im Keller sein müssten, abzüglich derjenigen, die du bei einem Wutanfall zerbrochen hast.«
    Ups.

    »Neulich Abend«, sagt er, »als du auf einem deiner Treffen warst, habe ich nachgezählt und festgestellt, dass von den einhundertzweiundsiebzig Flaschen, die noch im Keller sein müssten, siebenundvierzig fehlen.«
    Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es meine Lage nicht verbessern würde, wenn ich meinem Vater erzähle, dass ich die Flaschen mit den anderen Untoten teile.
    »Laut meinen Zahlen«, sagt er und nimmt das oberste Blatt vom Stapel, »beläuft sich der Wiederbeschaffungswert für die fehlenden Weinflaschen sowie für die elf, die du zerbrochen hast, alles in allem auf knapp siebentausend Dollar.«
    Noch ein Grund, auf Bier umzusteigen. Die Weinpreise sind fast genauso horrend wie die Grundstückspreise.
    »Rechnet man außerdem die Kosten für deinen Therapeuten hinzu, die unzähligen Male, die wir dich bei der SPCA auslösen mussten, und die Teetassen deiner Mutter, die du zerstört hast«, sagt mein Vater, »kommt man auf eine Gesamtsumme von knapp zehntausend Dollar.«
    Ich hocke einfach nur da und starre meinen Vater an, lausche Frank Sinatras Gesang und dem quietschenden Geräusch des Schwamms, während meine Mutter dasselbe Glas immer und immer wieder abspült.
    Ich fange an zu schwitzen.
    Die Krankenhäuser zahlen eine hübsche Summe für menschliches Gewebe, das aus Leichen gewonnen wurde. Für die Haut bis zu 1000 Dollar. Für eine einzelne Hornhaut 2000 Dollar, für einen Oberschenkelknochen 3800 Dollar und für eine Patellarsehne von 1800 bis zu 3000 Dollar. Herzklappen bringen zwischen 5000 und 7000 Dollar.
    Sicher, Krankenhäuser zahlen nicht nur für das Gewebe, sondern auch dafür, dass es gebrauchsfertig entnommen
und den entsprechenden Qualitätstests unterzogen wird. Die Preise für Forschungspräparate sind normalerweise niedriger, denn das Gewebe wird nicht so umfassend getestet und aufbereitet, aber trotzdem könnte mein Vater die kompletten 10000 Dollar wieder reinholen, wenn er mich an eine Forschungseinrichtung verkauft.
    Und ich dachte schon, der Aufenthalt im Ferienlager wäre schlimm gewesen.
    Ich wische meine Frage von der Tafel und schreibe: Und was hast du jetzt vor?
    »Du weißt, was ich am liebsten tun würde«, sagt mein Vater und mustert mich voller Abscheu und Feindseligkeit. »Aber deine Mutter kann den Gedanken nicht ertragen, dass du in Stücke geschnitten und verkauft wirst.«
    Ich spähe zu meiner Mutter hinüber, doch sie würdigt mich keines Blickes.
    »Du hast unsere Gastfreundschaft überstrapaziert, Andrew«, sagt mein Vater, und der Anflug eines Lächelns in seinem Gesicht verrät mir, dass er das schon die ganze Zeit sagen wollte, seit ich zurückgekehrt bin. »Die Toten haben unter den Lebenden nichts verloren. Sie gehören unter die Erde.«
    Ich bin nicht tot, hätte ich fast gesagt. Ich bin untot .
    »Deine Mutter und ich fahren morgen für ein paar Tage runter nach Palm Springs«, sagt er, nimmt den Stapel mit den Rechnungen und steht auf. »Wenn wir wieder zurück sind,

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