Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen
Sprünge werden auch nicht als Touristenattraktionen vermarktet, denn es sind nur ganz wenige Besucher als Zuschauer überhaupt zugelassen. Die Einheimischen trommeln, singen, klatschen und tanzen sich in Trance, sodass vor jedem Sprung ein riesiger Lärm entsteht. Wenn der Springer glücklich gelandet ist, erreicht das Schreien seinen Höhepunkt. Auch der Springer tanzt und schreit dann mit. Die Gemeinschaft befindet sich ganz ohne Drogen in einer Art kollektivem Rausch. Vielleicht sind deshalb die Menschen dort am glücklichsten. Denn obwohl sie durchschnittlich nur 68 Jahre alt werden und sich aufgrund ihrer Sprachenvielfalt nur beschränkt miteinander unterhalten können, gelten die Bewohner Vanuatas laut dem »Happy Planet Index« als die glücklichsten Menschen der Welt.
Der »Happy Planet Index« ist das Resultat einer Studie der New Economics Foundation aus dem Jahre 2006. Ziel dieser Studie war es, herauszufinden, wie stark der Mensch in die Natur eingreifen muss, um Bedingungen zu schaffen, die die Menschen glücklicher machen. Rousseau wäre mit dem Ergebnis der Studie vermutlich zufrieden: Weniger ist mehr!
Der »Happy Planet Index« setzt sich zusammen aus Lebenszufriedenheit, Lebenserwartung und dem »ökologischen Fußabdruck«. Die Lebenszufriedenheit wurde durch Befragung ermittelt und ist damit abhängig von der subjektiven Einschätzung eines jeden Befragten. Lebenserwartung und der »ökologische Fußabdruck« sind objektive Messgrößen. Unter »ökologischem Fußabdruck« versteht man die Fläche der Erde, die notwendig ist, um den Lebensstil und Lebensstandard eines Menschen dauerhaft zu ermöglichen. Dabei berücksichtigt werden Areale, die zur Produktion von Nahrung und Energie benötigt werden, aber auch der Abbau des erzeugten Mülls oder die Neutralisierung von freigesetztem Kohlendioxid.
Auf Platz zwei und drei der glücklichsten Plätze der Welt sind Kolumbien und Costa Rica.
In den reichen Ländern der industrialisierten Welt, in Ländern des Fortschritts, der hohen Lebenserwartung und des umfangreichsten Angebots von Konsum, Freizeit und Unterhaltung, sieht es dagegen verheerend aus.
Die Platzierung der G7-Staaten ist wie folgt:
Platz 66: Italien
Platz 81: Deutschland
Platz 95: Japan
Platz 108:Großbritannien
Platz 111: Kanada
Platz 129: Frankreich
Platz 150: USA (The new economics foundation 2006)
In diesem Ranking wurden 178 Länder gelistet. Die drei Schlusslichter sind Burundi, Swaziland und Simbabwe. In Ländern wie beispielsweise Simbabwe liegt die Lebenserwartung bei durchschnittlich nur 36,9 Jahren. Hunger und extreme Armut dominieren das Leben der Menschen. Diese Bedingungen führen zwangsläufig dazu, dass die subjektive Lebenszufriedenheit der Einwohner sehr niedrig ist, was letztendlich zu einem schlechten »Happy Planet Index« führt. Trotzdem lässt sich anhand der Ergebnisse der Studie argumentieren, dass der Mensch vielleicht zu stark in die Natur eingreift. Mit den Eingriffen in die Natur will der Mensch Bedingungen schaffen, die ihn glücklicher machen sollen. Aber wie so oft passiert genau das Gegenteil.
Natur ist damit all das, was nicht vom Menschen geschaffen wurde. Kultur könnte man als das Gegenteil von Natur bezeichnen. Es sieht ganz danach aus, als ob Rousseau mit seiner Kulturkritik richtig liegt. Vielleicht sollten wir ernsthafter darüber nachdenken, ob die Kultur uns Menschen nicht manchmal tugendloser und damit unglücklicher macht. Die Unterscheidung von Natur und Kultur erstreckt sich aber nicht nur auf unsere Umwelt und die Lebensumstände, sondern auch auf uns Menschen selbst. Denn versuchen wir Menschen nicht auch immer mehr, unsere eigene Natur zu verändern? Und führt dieses Streben nach Perfektion nicht oft genug zum Schönheitschirurgen und damit weg vom authentischen Leben, hin zum perfekten unglücklichen Dasein?
Auf Glückssuche beim Schönheitschirurgen
In Deutschland gibt es rund eine Million Schönheitsoperationen im Jahr – Tendenz steigend. Fettabsaugung, Facelift und Haartransplantationen sind heute nichts Besonderes mehr. 60 Prozent aller Deutschen können sich vorstellen, eine Schönheitsoperation an sich vornehmen zu lassen. 24
Also ist das mit dem Glück doch eigentlich ganz einfach. Ein kleiner oder vielleicht auch ein großer Schnitt beim Arzt deines Vertrauens, und schon kann nichts mehr schiefgehen. Denn wer schön ist, kann doch nur glücklich sein. Warum sonst wollen sich wieder einmal 14000 Mädchen ihre
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