Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen
lassen sich die äußeren Gegebenheiten verändern. Aber auch dann bleibt immer noch die Möglichkeit, die eigene Einstellung zu den Dingen zu überdenken.
In meinem Leben habe ich an mir gearbeitet, als ich versucht habe, die Behinderung meiner Tochter anzunehmen und Alina nicht mehr verändern oder verbiegen zu wollen. Dieser mentale Lernprozess hatte zur Folge, dass ich anders mit meiner Tochter umgehen konnte: Ich habe nicht mehr verkrampft versucht, sie normgerecht in eine Schublade zu drücken. Damit habe ich nicht nur an meinem eigenen Leben, sondern auch am Leben meiner Familie gearbeitet. Und ein Stück weit hatte ich dann das Gefühl, dass ich mit der Behinderung umging und nicht die Behinderung mit mir. Das ist wohl die Selbstmächtigkeit, die mir das Gefühl gibt, mein Leben im Griff zu haben.
Nicht umsonst ist das gute Leben nicht dasjenige, das nur aus Glücksmomenten besteht, sondern das gute Leben ist schwierig, und man muss gegen Widerstände kämpfen. Es ist nicht das Leben, das voller Lust ist und Schmerz vermeidet. Hier können wir wieder Aristoteles’ Theorie des glückseligen Lebens erkennen: Denn auch bei ihm geht es um Selbstaneignung und Selbstmächtigkeit des Individuums. Es geht um den glückseligen Menschen, der ideelle Güter höher schätzt als materielle, der sein Leben führt, seine eigenen Lüste kennt und damit umzugehen weiß, der die Wahl trifft, das gute Leben zu leben.
Zu keiner Zeit konnte und kann im Leben eines Menschen alles positiv sein. Auch die moderne Welt ist nicht in der Lage, negative Dinge einfach verschwinden zu lassen. Es kommt darauf an, die Polarität des Lebens zu akzeptieren: zu akzeptieren, dass es positive, aber auch negative Seiten im Leben gibt. Denn das Glück der Fülle umfasst Gutes wie Schlechtes und ist dauerhafter als beispielsweise die Lust. Es geht darum, in guten Zeiten Kraft zu schöpfen, um auf schlechte Zeiten vorbereitet zu sein. Das ist die Balance des Lebens, die wir immer wieder aufs Neue suchen und finden müssen.
Wichtig und unentbehrlich ist dabei, dass jeder Mensch seine eigenen Erfahrungen zwischen Angst und Unerschrockenheit, Beharrlichkeit und Beweglichkeit, Lust und Schmerz, Alleinsein und Zusammensein macht, um immer wieder eigene Wege zu finden, die es ermöglichen, positive und negative Pole ins eigene Leben zu integrieren.
In einem Gespräch mit Ducio Trombadori sagte der Philosoph Michel Foucault: »Der Mensch ist ein Erfahrungstier: Er tritt ständig in einen Prozess ein, der ihn als Objekt konstituiert und ihn dabei gleichzeitig verschiebt, verformt und verwandelt – und der ihn als Subjekt umgestaltet.« 25
Mit dieser Umgestaltung des Menschen, von der Michel Foucault spricht, meint er vermutlich nicht die gelungene Schönheitsoperation. Menschen müssen sich gestatten, Erfahrungen zu machen und dürfen sich dann auch gestatten, sich zu verändern. Vielleicht passt der Arbeitsplatz, der 20 Jahre lang der richtige war, irgendwann einmal nicht mehr. Wenn ich trotzdem aus Gewohnheit ausharre, erlebe ich meine Arbeit und damit auch mich selbst und mein Leben nicht mehr als erfüllend. Das heißt aber nicht, dass zwanghaft Veränderungen herbeigeführt werden müssen. Veränderung ist nicht Pflicht! Aber ich muss den Gedanken akzeptieren, dass eine Veränderung auch dann passieren kann, wenn ich sie nicht plane.
Alles ist im Fluss. Nichts steht still. Die Welt und auch der Mensch verändert sich ständig. Es ist normal, dass jeder Mensch einfach älter wird. Diese Tatsache kann ich zwar vor mir selbst ignorieren, aber auch das wird mich nicht schützen. Es sieht nicht so aus, als ob der alte Menschheitstraum von der ewigen Jugend in Erfüllung gehen könnte. Und wäre das wirklich so erstrebenswert? Was denken Sie?
•Inwiefern sind die Veränderungen der Natur durch den Menschen kulturelle Errungenschaften?
•Sind Sie zufrieden mit dem, was Sie haben? Oder hätten Sie gern mehr? Wenn Sie gern mehr hätten: Mehr wovon? Mehr Materielles oder mehr Ideelles?
•Warum sind die Menschen in Vanuatu glücklicher als die Menschen in Europa? Weil sie zu viel oder zu wenig haben? Zu viel und zu wenig wovon?
•Wenn Sie morgens in den Spiegel schauen: Sind Sie zufrieden mit dem, was Sie sehen? Wenn nicht, könnte der Schönheitschirurg helfen?
•Akzeptieren Sie sich selbst, so wie Sie sind, mit Ihren Stärken und Ihren Schwächen?
•Welche Erfahrungen haben Ihr Leben und Sie selbst verändert? Gestatten Sie sich, sich zu
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