Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen
zusammenhängende gute Leben ist nicht nur eine Modeerscheinung der heutigen Zeit. Als der Philosoph Sokrates zum Tode verurteilt wurde, zeigte er seinen Schülern, was es heißt, authentisch zu sein: Sein Schüler Kriton besucht ihn im Gefängnis und versucht Sokrates zur Flucht zu überreden, um der Todesstrafe zu entgehen. Kriton rechtfertigt dieses Handeln damit, dass das Volk für eine Flucht volles Verständnis hätte. Damit wird Kriton zu einem Vertreter der konventionellen Moral, der auf die öffentliche Meinung Wert legt. Sokrates flieht jedoch nicht, weil er damit gesetzeswidrig handeln würde. Im Sinne von Gerechtigkeit ist es für Sokrates wichtig, nicht gegen das Gesetz zu verstoßen, auch dann nicht, wenn dieser Gesetzesvollzug das eigene Leben kostet. Die öffentliche Meinung ist dabei für ihn völlig irrelevant. Was zählt, ist, dass er in Überstimmung mit dem handelt, was er selbst sein möchte: ein gerechter Mensch. Würde Sokrates fliehen, könnte er nicht mehr hinter dem stehen, was er tut. Er wäre nicht mehr der Mensch, der seinem Selbstbild entspricht und damit nicht mehr authentisch und zufrieden!
Für Rousseau würde das bedeuten, dass der Mensch sich selbst fremd wird und das Ich damit keine Einheit mehr wäre. Ein gespaltenes und sich selbst entfremdetes Ich ist nach Rousseau jedoch nicht in der Lage, glücklich zu sein. Tun wir also, was wir für richtig halten und stehen wir, wofür wir stehen wollen. Der Popsänger Sasha sagte dazu in einem Interview: »Um authentisch zu sein, muss ich sein, was ich bin: ein kommerzieller Popsänger – und dazu stehen.«
Wie wir also sehen ist Authentizität für unser Lebensglück besonders wichtig. Der zentrale Gedanke besteht nach Rousseau darin, die richtige Mitte zu finden. Unsere Gefühle der Selbstliebe und des Mitgefühls müssen eine genauso große Rolle spielen wie unser Verstand. Die Selbstliebe stärkt unseren Lebenswillen und hilft uns, uns so anzunehmen wie wir sind. Das Mitgefühl ist unerlässlich für die Bildung von sozialen Gemeinschaften. Gleichzeitig brauchen wir unseren Verstand, der uns dazu befähigt, uns reflektierend auf uns selbst zu beziehen, um uns über unsere Gefühle, Wünsche, Ziele, Stärken und Schwächen bewusst werden zu können. Wir sind damit in der Lage, Schlüsse auf unser Verhalten zu ziehen, um uns selbst aktiv gestalten zu können.
Die Fähigkeit zur Reflexion kann jedoch auch zur innerlichen Spaltung führen und dazu, dass wir uns selbst fremd werden. Wir sagen Dinge, von denen wir nicht überzeugt sind, wir handeln so, wie andere das von uns erwarten. Wir täuschen damit andere und uns selbst. Damit verändern wir entsprechend unseren Umgang mit Dingen, unsere Haltung und nicht selten auch unser Selbstbild. Wir geraten aus unserem inneren Gleichgewicht und verlieren unser Glück. Damit das nicht passiert, benötigen wir unsere innere Balance, und das Gefühl eines einheitlichen Selbst. Kurz: das Glück!
Die Sozialpsychologen Michael Kernis und Brian Goldman haben in mehreren Studien nachgewiesen, dass sich das Streben nach Authentizität positiv auf das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit der Menschen auswirkt. Ein Gefühl der Authentizität verleiht uns ein höheres Selbstwertgefühl und lässt uns Krisen besser bewältigen. Menschen, die in Tests eine hohe Punktzahl bezüglich der Authentizität erreichten, bewältigten ihre Probleme nicht mit Drogen, Alkohol oder sonstigen selbstzerstörerischen Gewohnheiten, sondern vertrauten auf sich selbst. Meist hatten sie auch bessere Beziehungen und bessere Freunde, die sie unterstützten. Dieses erhöhte Selbstwertgefühl und auch Selbstvertrauen hilft ihnen, ihre Ziele besser zu erreichen.
Die größte Herausforderung liegt wahrscheinlich darin, dass es sich hierbei um einen lebenslangen Prozess handelt, den wir nie endgültig abschließen können. Wir müssen uns stets darum bemühen, schon allein deshalb, weil wir selbst uns immer wieder ändern. Und auch die Welt um uns herum nicht stehen bleibt.
Kein einfacher Prozess, aber dennoch einer, der viele kleine und große Erfolge mit sich bringt: in den Spiegel blicken zu können, sich wertvoll zu fühlen, Stärke zu beweisen, Krisen zu meistern und seinen Mitmenschen vertrauen zu können. Denn wenn alle Menschen das sagen und nach dem handeln, was sie wirklich denken, meinen wir es doch ehrlich miteinander – und gewinnen an Sicherheit. Kurzum, wir schaffen die Art von Vertrauen, die für Rousseau
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