Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen
Unterdrückungen wehren.
Wie viele andere deutsche Juden flieht Fromm 1933 vor dem Naziregime in die USA. Als Psychoanalytiker hat er in den USA schnell Erfolg, aber auch mit seinem 1941 erschienenen Buch Die Furcht vor der Freiheit wird er über Nacht berühmt. Nach dem Krieg kehrt Fromm nicht nach Deutschland zurück. Er unterstützt Friedens- und Ökologiebewegungen und gewinnt zunehmend die Überzeugung, dass physisches Überleben von der psychischen Verfassung der Menschen abhängt. Der Mensch ist unfrei, wenn er von der Wirtschaft oder der vorherrschenden Moral daran gehindert wird, sich frei zu entfalten. In dieser »kritischen Theorie« vereinen sich Psychoanalyse und Marxismus . Fromm redet von einem Missbehagen in der Kultur. Denn obwohl wir Menschen in der materiellen Fülle leben, sind wir nicht glücklich. In dieser Fülle verspüren wir vielleicht Vergnügen und Lust, aber keine Freude und auch kein Glück.
Das kann nicht daran liegen, dass wir zu wenige Güter haben. Aber können diese Waren unsere Bedürfnisse befriedigen? Was brauchen wir überhaupt? Kennen wir unsere eigenen Bedürfnisse? Sind wir uns selbst fremd? Für Fromm war der Kapitalismus die Wurzel allen Übels. Denn im Kapitalismus bestimmen Besitz und Konsum den Menschen. Daraus entwickeln sich die Werte des Kapitalismus: Erwerben, Besitzen, Gewinne erwirtschaften. Durch Waren werden wir jedoch nicht glücklich, wir können höchstens selbst zu Waren werden. Denn wertvoll ist in einem kapitalistischen System nur das, was berechenbar und zählbar, was quantifizierbar ist.
Fromms Buch Haben oder Sein wird ein internationaler Erfolg. Dort beschreibt er noch einmal eindringlich, warum der Mensch entfremdet von seinem eigenen Sein ist. Wie kann mein Leben sinnvoll sein, wenn ich mich, meine Wünsche, meine Träume, meine Bedürfnisse nicht einmal kenne, da ich meinen Blick nur nach außen und nicht nach innen richte? Wie schon Marx ist es auch Fromm ein Anliegen, dass der Mensch seine eigene Geschichte schreibt. Er wird jedoch von außen derartig beeinflusst, dass er sich vormacht, das gerne zu tun, was er tun muss. Dies sind Täuschungen und Illusionen, die der Mensch wahrnehmen muss, um sich selbst erfahren und erkennen zu können.
Der moderne Mensch verdrängt bei Fromm jedoch die Wirklichkeit, indem er sich Täuschungen und Illusionen hingibt. Damit hindert er sich selbst daran, ein glückliches und erfülltes Leben zu führen. Er muss sich frei machen von seinen weltlichen, ihm durch Werbung und Medien suggerierten Bedürfnissen, von Zwang und Illusion, um eigene Bedürfnisse erkennen und erfahren zu können, um letztendlich entsprechend handeln und sein eigenes Glück finden zu können, so Fromm.
Für Richard David Precht ist Fromms Vorstellung, ohne ein Habenwollen auskommen zu können, »eine Luxusidee eines Wohlstandsmenschen«, da Fromm selbst als wohlhabender Mann 1980 im Tessin gestorben ist und deshalb wohl selbst nicht in Askese gelebt hat. Aber vielleicht ist es auch nicht gleich die Askese, die glücklich macht. Und müssen wir gleich die ganze Welt und das ganze System verändern? Könnte es uns schon helfen, über die Gedanken Fromms nachzudenken? Wir alle leben heute, bis auf wenige Ausnahmen, im Kapitalismus und können die von Fromm geschilderten Probleme, so denke ich, gut nachvollziehen. Vielleicht treten heute sogar manche Dinge noch extremer zutage. Können wir uns durch Nachdenken gewisse Dinge bewusst machen? Können wir klarer sehen, was uns und unser Leben angeht? Welche unserer Handlungen von innen, welche von außen motiviert sind? Welchen Motivationen gebe ich den Vorrang?
Für mich ist Erich Fromm ein direkter Nachfahre von Jean-Jacques Rousseau. Fromm transportiert Rousseaus geistiges Erbe in die heutige Zeit und trifft damit den richtigen Nerv. Denn der Kapitalismus ist so viel Kultur, so viel Virtualität und so wenig Realität, wie es für Rousseau kaum vorstellbar war. Um Fromms Philosophie und um seine Problematik bezüglich des kapitalistischen Systems und der davon ausgehenden Wirkung auf den Charakter und das Glück des Menschen noch besser zu verstehen, sehen wir uns Fromms Charaktertypen an.
Der »marketingorientierte« Charakter
Der Kern eines Charakters bildet sich bei Fromm dadurch, dass sich der einzelne Mensch zu seiner Umwelt in Beziehung setzt. Die Umwelt umfasst sowohl Dinge als auch andere Menschen.
Die Marketing-Orientierung als Charaktertyp entwickelt sich erst in der modernen
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