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Anschlag auf den Silberpfeil

Anschlag auf den Silberpfeil

Titel: Anschlag auf den Silberpfeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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auf, was
wohl Entsetzen andeutete. Ein gelbes Stirnband drückte blauschwarzes Haar an
den Kopf.
    Was? dachte er enttäuscht. Nur eine
Frau? Eine poppige Tante als Triebwagen-Fallenstellerin? Das könnt ihr mir
nicht erzählen!
    Mit einem Blick, der nichts Gutes
verhieß, hielt er sie erstmal in Schach.
    Gleichzeitig trat er in die Scheune,
blickte umher und stellte fest, daß sie leer war — null Heu, null Erntegerät,
null weitere Personen.
    „Sind... sind... ist jemand umgekommen?
Bei dem Unglück?“ sprach sie ihn an.
    „Nein“, erwiderte er kühl. „Auch was
schwere Verletzungen angeht, hält das Unglück sich in Grenzen — soweit sich bis
jetzt überblicken läßt. Wer sind Sie? Und was, zum Teufel, hat Sie bewogen,
Steine auf die Schienen zu legen?“
    Sie starrte ihn an, als hätte er
chinesisch gesprochen.
    „Was? Ich? Spinnst du?“
    „Keine Beleidigungen! Ich habe heute
meinen empfindlichen Tag. Sie wollen also ausdrücken, Sie haben nichts zu tun
mit dem Anschlag?“
    Ihre Lider flatterten. „Ein Anschlag?
Um Gotteswillen. Ich glaubte, der Zug sei verunglückt wegen... weil... wegen
eines technischen Fehlers. Oder so.“
    „Irrtum! Irgendein Geisteskränkling — vielleicht
waren es mehrere — hat eine steinige Falle errichtet. An gemeinster Stelle!
Nämlich knapp hinter der Tunneleinfahrt. Der Triebwagenführer hatte seine
Glotzer noch auf Tageshelligkeit eingestellt. Dann, in der Finsternis, kam die
Überraschung — krach! So schnell kann niemand reagieren. Beide Wagen sind aus
den Schienen gesprungen und gegen die Tunnelwand gekippt.“
    Fassungslos hörte sie zu. Dabei ließ
sie den Mund offen — etwas zu weit. Sie hatte Gold in den Kiemen.
    „Schrecklich! Ich hörte den Lärm bis
hierher. Und der hintere Wagen ist ja nicht ganz im Tunnel verschwunden.
Sondern noch zu sehen.“
    Er sah auf ihre Hände.
    Sie waren schmal, gepflegt. Sie trug
die Nägel ziemlich lang. Der dunkelrote Lack war makellos. Drei Ringe steckten
an den Fingern. Links hatte sie eine zierliche Armbanduhr, rechts ein
Bettelarmband mit goldenem Geklunker.
    Nein! Unmöglich! Mit den Händen hatte
sie keine Steine bewegt. Jedenfalls keine Klamotten, die einen Triebwagen
umwerfen. Überhaupt — wie die aussah! Wenn die einen Stein anfaßte, mußte es
bestimmt ein Brillant sein.
    Trotzdem! Sie wirkte irgendwie nervös
unter ihrem poppigen Sweatshirt. Noch Heß er seinen Verdacht nicht fallen.
    „Ich heiße Peter Carsten“, sagte er
förmlich. „Wie ist Ihr Name?“
    Sie schob die Brauen zusammen. „Weshalb
willst du das wissen?“
    Er deutete auf die große Kameratasche,
die auf dem Boden stand. „Ist da eine Foto-Ausrüstung drin? Oder handelt es
sich um Ihren Picknick-Korb?“
    „Was geht dich das an?“ Ihre Stimme
wurde feindselig.
    „Sie nerven mich, werte Dame. Aber ich
sage Ihnen, weshalb Sie hier nicht einfach die Mücke machen können, sondern
Rede und Antwort stehen werden — besonders, wenn es um Ihre Personalien geht.
Ein Verbrechen ist geschehen. Sie sind verdächtig nahe am Tatort. Daß Sie keine
Steine gewälzt haben, nehme ich Ihnen ab. Aber sonst? Vielleicht wurde der
Anschlag gemacht, damit Sie Sensationsfotos schießen können. Vielleicht hat
sich Ihr schwerarbeitender Komplice inzwischen aus dem Staub gemacht. Also von
vorn! Wie...“
    „Du bist unverschämt!“ rief sie. „Diese
Verdächtigung weise ich zurück!“
    Er bückte sich. Rasch öffnete er die
Kameratasche.
    Wie erwartet. Sie enthielt eine tolle
Ausrüstung. Eine Profi-Kamera, zig Zubehör, u. a. ein Weitwinkelobjektiv und
zwei Teleobjektive. Mit dem längeren konnte man den Mann im Mond ablichten.
    „Dachte ich’s mir doch“, murmelte er
und wies auf die Innenseite der Klappe.
    Auf dem hellen Leder war mit
Kugelschreiber die Adresse der Besitzerin angegeben: eine verbreitete
Gewohnheit, um bei Verlust der Tasche dem ehrlichen Finder eine Chance zu
geben.
    „Sie sind Frau Gertrud Rawitzky?“
    „Woher... Ach so. Ja, bin ich.“
    Er prägte sich die Adresse ein. Die
Frau wohnte in der Stadt. „Soweit wären wir also, Frau Rawitzky. Nun sagen Sie
noch, was Sie hier treiben!“
    „Ich bin Fotografin. Das ist mein
Beruf. Ich habe hier Motive gesucht. Für einen Bildband.“
    „Haben Sie den oder die Täter gesehen?“
    „Nein. Niemanden.“
    „Seit wann sind Sie hier?“
    „Erst kurze Zeit. Aber ich habe nicht
auf die Uhr gesehen.“
    „Sie waren schon hier, als der
Triebwagen sich näherte.“
    „Nein. Jedenfalls habe

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