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Anschlag auf den Silberpfeil

Anschlag auf den Silberpfeil

Titel: Anschlag auf den Silberpfeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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kennen wir ja. Ich soll dich ganz
herzlich von meiner Mutti grüßen — alle andern auch, aber dich besonders.“
    Gaby lächelte erfreut. Mit Tims Mutter
verstand sie sich sehr gut, obwohl sie sich nur selten sahen.
    Frau Glockner kam aus der Küche und
nahm ihn in die Arme, als wäre er wochenlang weggewesen und nicht nur drei
Tage. Sie erkundigte sich, wie es seiner Mutter gehe; und das war, wie er
wußte, echtes Interesse, nicht nur pflichtschuldige Phrase (leere
Redensart).
    Klößchen saß schon am Tisch — mit
Leidensmiene, wirkte dennoch sprungbereit wie ein dicker Kater, der die
Futterschüssel im Blick hat.
    „Endlich! Hast du meinen Zettel
gefunden?“
    „Wieso feiern wir Oskars Geburtstag?“
    „Das habe ich nur geschrieben, damit du
dich beeilst.“
    Karl kam näher, grinste hinter seiner
Nickelbrille und musterte Tim von allen Seiten.
    „Unverletzt, wie mir scheint. Klar, du
bist ja im Silberpfeil gekommen. Aber auf derselben Strecke ist ein
Nahverkehrszug verunglückt. Hab’s gerade im Radio gehört.“
    „So, Kinder“, rief Frau Glockner in
diesem Moment, „wir fangen an mit dem Essen. Wann der Herr des Hauses kommt,
ist ungewiß.“
    Klößchen entließ einen Seufzer durch
die Zähne, mit dem er zumindest einen Fahrradschlauch hätte aufblasen können.
    Ich warte noch, dachte Tim. Berichte
ich jetzt, verzögert sich die Mahlzeit, und er wird tatsächlich ohnmächtig.
    Gaby half ihrer Mutter, wollte das aber
nicht als alleinige weibliche Tätigkeit verstanden wissen und moserte deshalb
die Jungs an.
    „Euch fällt kein Horn aus dem Geweih,
wenn ihr ein paar Schüsseln reintragt. Nein, Willi, du nicht.“ Klößchen war
aufgesprungen. „Dir zittern schon die Finger.“
    Alle lachten. Karl bot sich als
Oberkellner an.
    Tim sagte: „Ich mache heute auf Pascha
und lasse mich bedienen.“
    „Dich hätte ich sowieso nicht in die
Küche gelassen“, meinte Gaby. „Du riechst noch nach Eisenbahn.“
    Als Tim mit Klößchen allein war, sagte
der: „Sie hat heute Fell auf den Zähnen — Haare, meine ich. Weil der Kommissar
Ärger hat. Mit seinem Vorgesetzten — mit Polizeirat Pfeifer, dieser Pfeife.“
    Gaby kam mit einer Schüssel Käsenudeln
herein und hörte die letzten Worte.
    „Stimmt genau, Willi. Pfeifer ist ein
toter Schuß. Der pfeift durch die Socken. Ein Karrierehengst! Der neidet andern
den Erfolg, besonders Papi. Weil Papi die höchste Aufklärungsquote hat. Er löst
ja fast jeden Fall. Dem Pfeifer ist das unheimlich. Deshalb intrigiert (Ränke
spinnen) er jetzt. Ist purer Neid. Dieser Sockenschuß kann’s einfach nicht
haben, wenn ein anderer tüchtiger ist. Noch dazu ein Untergebener.“

    „Aber, Gaby!“ dämpfte Frau Glockner.
    „Ist doch wahr, Mammi.“
    „Papi wehrt sich, wenn’s zuviel wird.“
    „Pfeifer kämpft ja nicht offen, ist ins
Gesicht katzenfreundlich, verbreitet aber Gerüchte. Lügen.“
    Margot Glockners Miene verriet, daß
ihre Tochter den Nagel auf den Kopf traf.
    „Beruflichen Ärger gibt es überall“,
sagte Margot. „Papi hat bisher noch alles gemeistert.“
    Oskar stieß fiepende Freudentöne aus
und rannte zur Wohnungstür.
    Sie wurde aufgeschlossen. Kommissar Glockner
kam gerade noch rechtzeitig. Er begrüßte alle mit gewohnter Ruhe und Herzlichkeit.
Aber Tim las in der Miene seines väterlichen Freundes. Der Kommissar war
abgespannt, und der Ärger saß ihm dicht unter der Haut.
    Sie begannen zu essen.
    Gaby, für die es keinen heißen Brei
gibt, um den sie herumgeht, sah ihren Vater an.
    „Der Pfeifer hat dich wieder geärgert,
nicht wahr?“
    Glockner lächelte. „Unser
Arbeitsverhältnis ist gespannt. Er bürdet mir auf, was er nur heranziehen kann.
Zur Zeit darf ich die Ermittlungen leiten in sage und schreibe acht Fällen. Er begründet
das mit unserem personellen Engpaß. Tatsächlich erhofft er sich, daß mir ein
Fehler passiert. Daß ich irgendwie scheitere.“
    Margot ließ die Gabel sinken. „Nimmst
du das hin?“
    „Nein. Es ist keine Stunde her, daß wir
eine Aussprache hatten. Das heißt, er hat zugehört, ich habe ihm die Meinung
gesagt. Er bestreitet natürlich jede böse Absicht. Er hat sich zigmal
entschuldigt. Aber es läuft darauf hinaus, daß für ihn und mich im Präsidium
kein Platz ist. Ich komme mit jedem Kollegen aus, er mit keinem. In dem einen
Jahr, das er hier ist, hat er sich nur Feinde gemacht. Aber in der Hinsicht hat
er eine Haut wie ein Elefant. Und als Intrigant ist er Extra-Klasse. Das muß
man ihm

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