Anschlag auf den Silberpfeil
andern eine
Fließheckkante hinterm Ohr.“
„Langweile uns nicht mit deiner
Coiffeur“, schnaubte Hauke. „Es ist schief gegangen.“
„Was?“
„Na, was! Otto hat eben den zweiten
Anruf gemacht bei diesem Oberbahnler. Der hat ihn ausgelacht. Die Polizei hat
den Attentäter gefaßt. Einen Jugendlichen, der offenbar hier“, er bohrte sich
den Finger in die Schläfenlocken seiner Perücke, „nicht dicht ist.“
Betretenes Schweigen schwebte umher wie
dicke Luft.
In Gedanken hatte jeder schon mit
großem Geld um sich geworfen.
Otto räusperte sich.
„Eigentlich“, sagte er, „ändert das
doch überhaupt nichts. Den Spinner haben sie. Na und? Anschläge kann man
wiederholen.“
Hauke spitzte die Lippen und pfiff.
„Das ist es! Jawohl! Bis jetzt können
die froh sein, daß es so glimpflich abging.“
„Ich habe mir das Hindernis angeguckt“,
sagte Otto. „Ich weiß, welche Menge Fels auf dem Gleis liegen muß.“
„Angedroht haben wir das schon“, nickte
Hauke. „Jetzt bleiben wir auf unserer Linie und lösen das Versprechen ein. Die
werden sich wundern, die Bahnler und Bullen.“
Angelo knöpfte sein Hemd zu. Fror er
plötzlich?
„Und wie soll das aussehen?“
Hauke wölbte die Unterlippe wie ein
nachdenklicher Karpfen.
„Der jugendliche Spinner hat nur
gekleckert. Wir klotzen. Kein Triebwagen wird in unser Hindernis rasen, sondern
der — Silberpfeil.“
„Du meinst“, sagte Angelo, „dann geht
die Bahn in die Knie und schiebt uns die Kohle siebenstellig rüber.“
Hauke nickte. „Schulzl-Müller war ja
gestern abend schon streichfähig wie Butter. Daß er jetzt eine freche Oberlippe
riskiert, liegt an dem raschen Fahndungserfolg. Aber Pustekuchen! Der Spinner
hat’s nur vorgemacht. Jetzt kommen die Profis. Und die Schienen werden
erzittern.“
Angelo wiegte den Kopf, als hätte er
Wasser in den Ohren. „Aber man ist gewarnt.“
„Ach, Unsinn!“
„Selbst wenn die ganz auf Sicherheit
machen“, sagte Otto, „können wir sie ablinken, überfahren, austricksen,
reinlegen. Jawohl!“
„Und wie?“ Sein Onkel sah ihn
wohlwollend an.
„Indem wir unser Hindernis genau an
derselben Stelle aufbauen. Im Teufelstunnel. Niemand wird das für möglich
halten. Es widerspricht dem gesunden Menschenverstand...“
„Gesunder Menschenverstand ist selten“,
fiel ihm Angelo ins Wort. „Davon kannst du nicht ausgehen. Die meisten Typen
denken in kränklichen Windungen oder gar nicht.“
„Aber in diesem Fall“, beharrte Otto, „wird
kein Bulle und kein Bahnler damit rechnen, daß tollkühne Fallensteller wie wir
am gestrigen Tatort aufmarschieren.“
Hauke stimmte ihm zu. „Ottos Idee ist
lebensnah. So machen wir’s. Nur umgekehrt.“
„Umgekehrt?“ fragten die beiden
zweistimmig.
„Es soll den Silberpfeil erwischen,
wenn er auf der Rückfahrt ist, wenn er unseren Hbf gerade verlassen hat und aus
dem Tunnel kommt.“
„Genial!“ lobte Otto. „Und technisch
noch besser machbar. Denn vor dem Tunnel hat der Bahndamm einen ganz kleinen
Hüftschwung. Rast der Silberpfeil aus dem Tunnel heraus, sieht der Lok-Führer
erstmal gar nichts, dann den Knick — und rums! Der Express springt aus den
Schienen — und für uns eine Million heraus.“
Hauke stand auf, watschelte zum Regal
und ergriff das neuste Kursbuch, das dort lag.
Er leckte einen Finger ab und
blätterte, bis er die richtige Seite gefunden hatte.
Stirnrunzelnd richtete er seine dicken
Augen auf die Kleinschrift.
„Heute ist... Dienstag. Aha! Da läuft
es etwas anders auf dem Schienenstrang. Herwärts ist nicht der Silberpfeil
unterwegs, sondern der Gegenzug Goldbogen. Der kommt schon... nee... ist nicht
mehr zu schaffen. Aber wenn sich nachher der Silberpfeil ab hier auf die heißen
Kufen macht... ja, das ist günstig... Ihr solltet bald losheizen. Am besten,
Angelo, ihr fahrt in deinem Jeep. Aber achtet drauf, daß euch niemand sieht.“
„Wir?“ fragte Angelo. „Warum redest du
nicht von uns?“
„Ich komme nicht mit.“
„Hast du Schiß?“
„Blödsinn. Aber erstens kann ich meinen
Laden nicht allein lassen. Deinen schmeißt die Eva auch ohne dich. Zweitens bin
ich für körperliche Arbeit nicht geeignet. Ich würde nur stören.
Querfeldeinmärsche sind bei mir nicht drin. Bin zu fett.“ Angelo verzog das
Gesicht, machte aber keine Einwände. Interessiert erkundigte sich Otto nach dem
Jeep.
Bevor Angelo antworten konnte, meinte
Hauke grinsend: „Einen Suzuki hat er, so einen richtigen
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