antares
McLanahan... Hallo, Sergeant Clinton... die Datenbänder sind schon fertig?... Ja, wir hatten da ein paar Manöver, die die Canard-Flossen vielleicht überstrapaziert haben... Wie schlimm? Na schön, ich bin gleich da.« Er legte auf.
»Wußte ich's doch. Die beiden Hitzköpfe haben den Dream Star ein bißchen verbogen. Ich muß es mir ansehen und noch einen Bericht für die Nachmittagssitzung machen.« Er kam um seinen Schreibtisch herum und nahm Wendy in die Arme. »Gelegentlich mal wieder?«
»Jederzeit.« Speziell an Flugtagen, erinnerte sie sich selbst, war jede Verabredung das reine Hasardspiel. Sie sah ihm nach, als er davoneilte.
»Wendy?«
Sie fuhr herum. Captain Ken James stand hinter ihr. Seine hellblauen Augen funkelten wie stets. Er war einen ganzen Kopf größer als Patrick, wenn auch nicht so breitschultrig wie er. Sie musterten sich einen Augenblick. Sei ehrlich, sagte sich Wendy Tork im stillen, der Junge ist ein Charmebolzen. Und außerdem hat er was ganz Gewisses, so eine Art maskuliner Grazie. Und dabei war er gar nicht arrogant oder hochmütig. Er hatte auch eine ganz spezielle Art, einer Frau das Gefühl, etwas Besonderes zu sein, zu geben.
Sie hatte ihn kennengelernt, als er zu HAWC nach Traumland gekommen war. Zu HAWC versetzt zu werden, war für jeden jungen Offizier so etwas wie das Große Los, und die meisten dieser Testpiloten waren auch kaum jemals imstande, von etwas anderem als davon zu reden. Nicht so Ken James. Er nützte seine Zeit, sich mit älteren Offizieren bekannt zu machen, und hielt auch mit dem Bodenpersonal Kontakt. Er schien an der Flugzeugtechnik und der ganzen Abwicklung der Programme genauso interessiert zu sein wie am Fliegen. Und er war sehr rasch auch der beste HAWC-Pilot geworden; ein richtiger Gelehrter des Fliegens - bis hin zum Raumflug -, nicht nur ein Beteiligter. Beachtlich. Kein Wunder, daß sich eine gute Freundschaft zu ihm entwickelt hatte.
»Falls Sie nach dem Alten Ausschau halten...« Er unterbrach sich wegen seines durchaus nicht unbeabsichtigten Lapsus und lächelte gewinnend, »...ich meine, dem Colonel, der ist grade weg.«
»Weiß ich.«
Maraklow kannte wie jedermann die »spezielle Beziehung«
zwischen Wendy Tork und dem Colonel. Was für ihn natürlich der Hauptgrund gewesen war, Freundschaft mit ihr zu schließen. Für eine Frau, die auf die Vierzig zuging, war sie noch immer ziemlich begehrenswert, aber er mahnte sich stets selbst zur Vorsicht und vergegenwärtigte sich den Inhalt ihrer Personalakte, dessen Kenntnis er sich verschafft hatte. Eine ziemlich bemerkenswerte Personalakte übrigens...
Wendy Tork, Dr. phil. und Elektroingenieur. Leiterin von DOPY 5; das rätselhafte Kürzel bedeutete Abteilung Forschung, HAWC: Projekt Y 5. Im Klartext: die MegafestungPlus , jener Superbomber, zugleich Luft-Schlachtschiff als strategischer Geleitschutz. Viele der elektronischen Blockierer auf dem technischen Stand des 21. Jahrhunderts, die in amerikanischen Flugzeugen eingebaut waren, hatte sie entwickelt - einschließlich der ganz neuen, die elektronisch sogar Infrarot- und lasergelenkte Raketen zerstören konnten. Einer dieser sogenannten Jammer, den sie gebaut hatte, war nicht größer als ein Toaster und konnte in dreißig Meilen Umkreis fast das gesamte elektromagnetische Spektrum stören. Weil sie früher nur von der Industrie abgestellte freie Mitarbeiterin gewesen war, galt sie ein wenig als Außenseiterin. Und mit Ausnahme ihrer Beziehung zum Colonel hielt sie sich auch gesellschaftlich merklich zurück.
Dem Hörensagen nach ging all dies auf jene sagenumwobene Geschichte vor acht Jahren zurück - auf diesen irren Flug des Old Dog , an dem sie und die meisten hohen Tiere von HAWC beteiligt gewesen sein sollen und der bei ihr offensichtlich mehr Wirkung hinterlassen hatte als bei allen anderen.
Jedenfalls war sie, fand Ken, eine mögliche spezielle Informationsquelle. »Essen wir zusammen?« fragte er.
»Wieso, haben Sie Zeit dafür? Haben Sie denn keine Besprechung am Nachmittag?«
»Ich glaube, bei dieser speziellen heute legt niemand besonderen Wert auf meine Anwesenheit«, sagte er und tat, als sei ihm dieses Eingeständnis peinlich. »Ich bin sozusagen im Verschiß, Pardon. Aber trotzdem ist das mein Glückstag. Ich habe Ausgang bis spätabends und die Gelegenheit, mit einer schönen Dame essen zu gehen. Vorausgesetzt, sie gibt mir keinen Korb.«
Wendy zögerte einen Moment, doch dann sagte sie sich: Warum eigentlich nicht?
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