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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Bord. Und was sollten wir auch für ein Interesse daran haben? Wegen des Goldes?«
    »Aber wenn so etwas Schule macht?« fragte Kai aufgeregt. »Man muß sie fangen und bestrafen.«
    »Man wird es versuchen, aber glaube mir, ohne großen Eifer. Doch Schule macht das nicht, da brauchen wir keine Angst zu haben. Kannst es mir glauben, Junge, ich kann das beurteilen. So – aber nun ins Bett!«
    Kai und Thomas spannten die Hängematten, dann löschten sie das Licht. Nach einer Weile fragte Thomas leise: »Ann, schläfst du schon?« »Nein«, kam es aus Richtung der Koje. »Warum?«
    »Du sagtest, bevor du deinen Ausflug machtest, du seist eine von ihnen. Wie das?«
    Sie blieb eine Weile still, dann sagte sie: »Na gut, zum Zeitvertreib. Ich schätze, schlafen können wir doch nicht gleich…«
    Es war zu hören, daß sie sich bewegte. Thomas stellte sich vor, daß sie die Hände im Nacken verschränkte, nachsann…
    »Erwarte nichts Besonderes. Ich bin ein normaler Fall, anormal ist höchstens, daß mein Herr Vater anstelle eines Sohnes, der die ebenso traditionsreiche wie bedeutungslose Militärdynastie in meiner bescheidenen Familie fortsetzen sollte, mit einer einzigen Tochter vorliebnehmen mußte. Und er hat es durchgesetzt, daß ich eine Offizierslaufbahn einschlug. Kannst dir vorstellen, für die kleine Stadt Mosley, das liegt bei Manchester und ist meine Geburtsstadt, eine Sensation.
    Es gab eine Zeit, als Kadett in den oberen Klassen, da war ich manchmal ein wenig stolz auf die nicht alltägliche Mädchenlaufbahn und natürlich auf die Uniform. Wir waren dreiundzwanzig Mädchen in unserem Jahrgang – von fast dreihundert Offiziersschülern.
    Aber immer war ich traurig, wenn ich meine Altersgefährtinnen traf, wenn später dann die eine oder andere verheiratet war, Kinder hatte…« Ann sprach recht leise, in einem Tonfall, als erzähle sie ein Märchen. Geräusche aus der zweiten Hängematte deuteten an, daß Kai ebenfalls nicht schlief, sondern mit zuhörte.
    »… Natürlich wollte ich auch welche, wenigstens eins. Das liegt wohl in uns Weibern so drin. Aber die Ausbildung, die Disziplin und – nachdem mein Vater, als ich gerade siebzehn wurde, verstorben war, die Mittellosigkeit, die ebenso groß war wie der Familienstolz… Na ja, ich blieb eben, teils aus Mangel an Gelegenheit, teils aus den genannten Gründen – außerdem, wie ihr ja gemerkt habt, schiele ich ein wenig – eine Art Mauerblümchen.
    Natürlich warfen die jungen Herren Offiziere Blicke nach mir, machten mir den Hof. Und anziehender als meine Mitgift wirkte sicher meine damals schon recht stattliche, für Empireverhältnisse etwas ungewöhnliche Oberweite. Aber weil ich recht verklemmt erzogen war, brachte ich es fertig, lange, zu lange – wie sagt man…«
    Thomas lächelte. Der resolute Kommandant Ann schien verlegen zu werden.
    »… na eben, trotz bestimmter Sehnsüchte, ohne praktische Kenntnisse über einige – biologische Dinge zu bleiben. Natürlich fiel ich dann auf den ersten, der tat, als sei es ihm ernst, rein. Gründlich. Und ebenso gründlich ließ er mich sitzen.«
    Ann wurde so leise, daß Thomas den Kopf vom Kissen hob, um mit beiden Ohren hören zu können. »Mein Sohn, den ich mir so sehr gewünscht hatte, wurde von einem Besoffenen überfahren, als er aus dem Heim ausgerissen war. Mit fünf Jahren.«
    Ann machte eine Pause und fuhr dann rauh und lauter als vorher fort: »Ich war, als das Kind geboren wurde, von der Akademie gegangen und als Stabssergeant tätig. Dann kamt ihr mit eurer verdammten Abrüstung, an die vorher keiner ernsthaft geglaubt hatte. Meine Einheit wurde als eine der ersten aufgelöst. – Da saß ich erst mal da.«
    Ann räusperte sich und sagte dann, und jetzt war sie wieder ganz die alte: »Ihr seht also, eine außerordentlich rührende, wie sagen die Deutschen, Lieschen-Müller-Geschichte mit viel Seelenmarmelade – abgesehen vom Tod des kleinen Dick – meines Jungen.« Ann machte eine Pause, das letzte hatte sie leise hinzugefügt. Dann fuhr sie im alten Tonfall fort: »Es war dann nicht leicht, etwas Richtiges zu finden. Ihr kennt ja die Lage bei uns. Kurzarbeit, Überangebot an Arbeitskräften auch heute noch. Bei uns geht eben alles ein wenig langsamer…
    Schließlich habe ich mich vor drei Jahren hier beworben. Und da ich auf einer Marineschule war, allerdings nie mit dem Ziel, zur See zu fahren, das gab’s bei der Royal Navy für Frauen nun doch nicht, haben sie mich genommen.
    Jeder

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