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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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es nicht besser ist, wenn wir morgen ausgeschlafen sind.«
    Thomas war sicher, daß er die ganze Nacht kein Auge zumachen würde. Es war nicht etwa Angst über das Ungewisse Schicksal, dem sie entgegenfuhren. So richtig konnte er den Ernst der Situation nicht begreifen. Er fand das Ganze unwirklich, etwa wie ein Alptraum, aus dem man erleichtert erwacht…
    Was ihn mehr bewegte, war das, was er von Ann wußte, und er begann zu grübeln, suchte den Punkt, von dem aus sein eigenes Leben so lief, wie es die letzten Jahre gelaufen war.
    Gleichmäßig surrten die Maschinen. Er hörte noch regelmäßige Atemzüge aus Anns Koje, und dann war er eingeschlafen.

IV
    Ein trüber Vormittag lag über New Maori. Das Meer war träge wie eine Oxidhaut auf flüssigem Blei. Das Schmatzen des Wassers zwischen den Schiffsrümpfen klang gekämpft durch den Dunst.
    Stan Neuber stand am Fenster seines Arbeitszimmers und schaute hinunter. Sein Blick glitt über den Hafen, den Dispatcherturm, über die Schiffe, verfolgte die Ringbahn, bis sie im Nebel verschwand.
    Abschied, eine halbe Stunde einsamer Abschied. Er wußte, daß er noch einige Tage Gelegenheit haben würde, das alles zu sehen, daß er noch, solange er wollte, hier bleiben konnte. Aber der Abschied des Direktors Neuber war jetzt.
    Er ging zurück zum Tisch, glitt mit dem Finger über die Tasten des Rechners, der jetzt kalt war. Die Tasten klickten Stakkato. Er drückte einige Befehlstasten in Gedanken, ließ sie wieder herausspringen, rastete sie erneut ein. Dann wurde er sich seines Handelns bewußt. Du würdest stöhnen, dachte er, wenn du eingeschaltet wärst, würdest mich nicht verstehen…
    Er ging abermals zum Fenster. Aus dem Dunst löste sich ein Verarbeitungsschiff, wurde schnell in das Magnetfeld der Anlegeautomatik gezogen und lag wenige Minuten danach fest. Sofort senkten sich Kräne, und Container nach Container rollte in die Hallen.
    Der Mann am Fenster strich sich müde über die Stirn. Es läuft wieder, dachte er, aber er dachte es ohne Genugtuung, ohne Stolz auf die richtige Entscheidung. Wenigstens etwas, überlegte er und lächelte. Und einen Augenblick dachte er an Kampf, dachte daran, daß die anderen erst beweisen müßten, daß er versagt hatte. Auch die zwei restlichen Schiffe würden sich noch einfinden, U Kreuzer vier und U einundzwanzig.
    Was weiß ich, was kann ich wissen, was da draußen passiert ist. Vielleicht sind sie verunglückt, ein normales Risiko. Die Produktion läuft, lief immer in New Maori, solange ich, Stan Neuber, darüber zu befinden hatte…



Vom Dispatcherturm stieg eine grüne Leuchtkugel hoch. Gleich darauf glitt ein schnittiges Airschnellboot vor einer langgezogenen Wasserfontäne in den Hafen. »Na, da sind sie ja«, sagte Neuber laut.
    Nach einer Weile öffnete die Sekretärin die Tür und meldete: »Kollege Neuber, die Kollegen von der Kombinatsleitung sind da.«
    »Ja, ja, natürlich«, murmelte Neuber zerstreut. Und laut sagte er: »Bitte kommt doch herein.« Er war bis zur Tür gegangen und machte eine einladende Bewegung.
    »Mattau«, sagte der erste, der eintrat. Er nickte seinem Begleiter zu und stellte vor: »Kollege Noiré von der Kombinatsrevision.«
    Den kleinen Noiré kannte Neuber bereits von einer Jahresrevision. Der Franzose, ehemaliger Chef der Arbeiterinspektion, war scharf und unnachsichtig.
    Das Platznehmen verlief in einer künstlich-höflichen Atmosphäre.
    Einige steife Redensarten, die Gesichter der beiden Ankömmlinge blieben verschlossen. Ein Versuch Neubers, durch eine scherzhafte Bemerkung über das diesige Wetter die Situation ein wenig aufzulockern, hatte nicht das gewünschte Ergebnis. Sie saßen schweigend und warteten auf Frau Stelzer.
    Als sie kam und nach einer kurzen Begrüßung Platz genommen hatte, eröffnete Mattau: »Bitte, geben Sie mir einen Bericht über die augenblickliche Lage.«
    Er sagte »Sie«, für Neuber ein Zeichen, daß Mattau, den er nur vom Hörensagen kannte und dem der Ruf vorausging, im Grunde gutmütig und stets verständigungsbereit zu sein, von vornherein nur strenge, sachliche Atmosphäre wünschte.
    »Wir haben einigen Planvorsprung eingebüßt«, begann Neuber, »haben aber bereits seit fünf Stunden wieder volle Produktion.«
    »Kollege Neuber, wir sind nicht gekommen, um von ihnen Rechenschaft über die Planerfüllung zu fordern«, sagte Mattau mit einiger Schärfe in der Stimme.
    Als Neuber mit den Schultern zuckte, sagte Noiré leise: »Stan, mach bitte keine

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