Anthologie - Das Ginsterbett
still. Die ganze Welt war still.
BENGT ANDERBERG
Der Himmel auf Erden
Es war an einem Maimorgen vor vielen Jahren. In der kleinen Stadt Firdusa am Mittelmeer blühten die Platanen, und das Laub verbreitete mit dem Westwind einen schwachen, frischen Duft. Die Gardinen blähten sich in’ leichten Bogen von den Fenstern nach außen. Wogen mit sonnendurchwobenen Kämmen schlugen gegen die Mole der Stadt. Die Fischkutter steuerten in den Hafen und takelten ihre vielfarbigen Segel ab. Auf den Decks lagen Berge von Fischen, Langusten und Calamari, Seeigeln und zahllosen glitzernden Sardinen. Die schwarzhaarigen Fischerjungen beugten sich über die Reling und sangen ein altes Liebeslied, während sie zum Marktplatz hinüberschauten, wo junge Frauen, in tief ausgeschnittenen Baumwollkleidern und mit braungebrannten Waden, am Brunnen Wäsche spülten.
Die kleinen Mädchen tanzten ihre eintönigen, endlosen Tänze auf dem leeren Schulhof. In allen Fensternischen lagen Katzen, die sich sonnten. Der Straßenfeger gönnte sich einen stärkenden Schlummer im Schatten seines krummrückigen, dickbäuchigen kleinen Esels, der sonst den Karren zog.
Der Pfarrer wohnte oberhalb der Stadt in einem weißgetünchten Haus am Hang, wo es unter Olivenbäumen halb verborgen lag. Er wachte an diesem Morgen mit dem unbestimmten, aber suggestiven Gefühl auf, daß sich im Laufe der letzten Nachtstunden irgend etwas verändert habe. Vorsichtig hob er die Bettdecke hoch. Ganz richtig, er lag da mit einem prächtigen Ständer.
Das wird Mühe kosten, bis der sich legt, dachte er mit einer Mischung aus Besorgnis und aufkommender Freude. Er klingelte seiner Haushälterin.
Sie kam sofort mit dem Kaffee und den frischgebackenen Brötchen. Sie war ein ganz junges Ding und hieß Sylfidia – aus unerfindlichen Gründen, denn sie war groß und stark wie eine Ardennen-Stute. Außerdem hatte sie dieses widerspenstige, helle Haar, das im Schatten zu leuchten scheint und mit Sicherheit besagt, daß man am Rande, oder sogar in einem Weizenfeld gezeugt worden ist.
»Sylfidia, mein Kind«, sagte der Pfarrer. »Jetzt steht er schon wieder.«
Sie stellte das Tablett hin und betrachtete ihren Dienstherrn genauestens vom Scheitel bis zur Sohle.
»Ja, man sieht es an den Augen, wenn der Herr Pfarrer mich anschauen«, sagte sie. »Und dann natürlich an der Bettdecke, hihi.«
Mit halb unbewußter Koketterie stemmte sie die linke Hand in die Seite und verlagerte die andere Seite der Hüfte um zehn Zentimeter tiefer, so daß diese in einer langen, bezaubernden Hyperbel hervortrat.
»Dann wollen der Herr Pfarrer jetzt keinen Kaffee haben?«
»Das muß warten, Sylfidia«, erwiderte er. Es fiel ihm schwer, die Worte hervorzubringen, sein Gaumen war trocken und fühlte sich rauh an; selbst die Lippen waren trocken, sie klebten an den Mundwinkeln zusammen, wenn er den Mund öffnete.
»Stell deinen Fuß hier auf den Bettrand, mein Kind. Nein, zieh erst die Sandalen aus!«
Er betrachtete ihren Fuß, rosenrot und weiß, rein wie eine Muschelschale, die lange in der Brandung gelegen hat. Dann umfaßte er ihr Fußgelenk. Die runde Wade begann zu beben, und die kleinen goldenen Härchen richteten sich plötzlich auf. Oh, jetzt war er bereits oben an der Kniekehle!
»Nein, Herr Pfarrer… nicht… nicht so…«
»Wie sonst, Sylfidia? Meinst du so? Oder vielleicht so…?«
Er schob das helle Kleid über ihr Knie, bis an den Oberschenkel. Die Hand verharrte noch auf der Oberseite des Schenkels, aber der Blick folgte seiner mächtigen unteren Kontur.
Eine Sekunde lang sah sie ihr Bild auf der schwarzen Oberfläche der Kaffeetasse, sie fühlte sich verloren. Dann sah sie seine gesenkten Augenlider und die Hand, die nach unten vordrang.
Sie wußte, was er sah. Wie eine lodernde Brandungswelle schwemmte die Röte über sie hin, Wangen und Hals erglühten. Zuerst war es nur Scham, dann kam eine andere Glut hinzu, sie legte ihre Hand auf die seine.
»Schauen Sie mir in die Augen«, flüsterte sie.
»Aber Sylfidia, hast du denn keine Hosen an?«
Seine Hand machte sich frei. Und im selben Augenblick, als sein Mittelfinger das Ziel erreichte, blickte er auf und sah ihr in die Augen.
Sie erschauerte in einem langen, zitternden Atemholen, denn da war jemand, der sie von hinten, von den Lenden her schob, sie dem Finger entgegenschob. Die Knie gaben so lieblich nach. Da war jemand, der mehr fühlen wollte.
»Oh«, flüsterte sie. »Oh…«
»Wie heiß sie ist«, sagte der
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