Anthologie - Das Lustbett
mir Tom oder Baba, diesem Wunsche auch nachzukommen, was ich mit unverhohlener Freude tat. Wenn ich hinterher erfuhr, daß es von irgendwelchem Nutzen für die Beziehungen zwischen »meinen Männern« und den fremden Gästen gewesen war – es konnten ein einzelner Gast oder mehrere Gäste sein – dann wurde meine Genugtuung noch größer.
Manchmal kam es vor, daß ein vom Wein oder meiner Gegenwart angeregter Besucher sich wünschte, mich auf der Stelle zu ficken, ganz gleich, ob im Salon oder auf dem Diwan im Rauchzimmer; dann steigerte das mein eigenes Wonnegefühl bis zur herrlichsten Ekstase, wenn ich so richtig zeigen konnte, wer hier wirklich das schwache Geschlecht war…
Wie Sie sehen, so waren wir ein harmonisches Dreieck, und unser Glück konnte nicht größer sein.
Eines Tages war Ali plötzlich wieder da, und ich konnte mich ihm nicht versagen. Er bat mich tatsächlich um einen Schnellfick. Aber als er sich dann Geld von mir »leihen« wollte und meinte, wir könnten doch in meiner Atelierwohnurig wunderbar zusammenleben, ja, da mußte ich ihn darüber aufklären, daß ich nie Geld im Hause habe und daß mein Hauswart keine Untermieter dulde. Er machte zwar auf seine Art äußerste Anstrengungen, zog sich dann aber plötzlich zurück. Obgleich ich mit Tom und Baba niemals darüber sprach, wußte ich doch gefühlsmäßig, daß sie ihm befohlen hatten, mich niemals wieder zu belästigen.
Mit Ali verhielt es sich so, daß es mit seinen »Studien« in Wahrheit nicht weit her war, sondern daß er seine Stipendien lieber in Kneipen und Bars verjubelt hatte und sich schließlich als Gelegenheitsarbeiter und Tagelöhner sein täglich Brot verdienen mußte. Hin und wieder durfte er seinen Landsleuten eine Frau vermitteln, wie es auch mit mir der Fall gewesen war – aber sonst war ihm nicht mehr viel zuzutrauen. Tom und Baba hatten mir gegenüber einige Anspielungen darüber gemacht und auch zu verstehen gegeben, daß er bald wieder nach Hause fahren würde.
Tom liebte ich und Baba hatte ich sehr gern. Es gab für mich kein größeres Glück auf Erden, als ihre Wünsche von den Augen ablesen zu dürfen und zum Dank dafür ihre herrlichen Schwänze zu fühlen. Mein natürliches Bedürfnis an neuen Eindrücken, Erlebnissen und Erfahrungen wurde von »meinen Männern«, Gästen und Besuchern gestillt.
Das hätte wegen mir so weitergehen können bis in alle Ewigkeit, doch eines Tages teilten mir die beiden mit, daß ihre Mission beendigt sei. Und, stellen Sie sich vor: andauernd liegen sie mir jetzt in den Ohren, daß ich sie nicht im Stich lassen dürfe, wenn sie in ihre Heimat zurückkehren müssen, daß ich nach ihrem Recht schon längst ihre Frau sei und nach Afrika gehöre und so weiter. Na, ich habe mir erst mal die obligatorische Bedenkzeit ausgebeten; wenn sie mir damit auf den Wecker gehen, sage ich, daß ich mir die Sache immer noch nicht überschlafen habe.
In Wahrheit hat mich das Reisefieber schon gepackt – aber aus einem ganz anderen kühlen Grunde, als Sie vielleicht denken mögen. In den Zeitungen lese ich immer wieder von den spottbilligen Reisen zu den Kanarischen Inseln, nach Mallorca und Ibiza! Und, Hand aufs Herz: Habe ich nicht etwas Abwechslung verdient? Jeden Tag Schokolade wird mir auf die Dauer auch langweilig!
J. C. BLADON
Stoßzeit
D er junge Mann war der einzige, der an diesem Bahnhof ausstieg. Sobald er auf dem mit Kieselsteinen belegten Bahnsteig stand, stellte er seine Reisetasche ab. Er streckte sich und hielt seine Hand zum Schutz vor der klaren Spätsommersonne vor die Augen. Der ganze Ort vor ihm war wie ausgestorben. Es war nämlich Mittagszeit, und alle Lebewesen hatten sich zurückgezogen, um die Hauptmahlzeit des Tages in aller Ruhe zu genießen.
Da niemand zu sehen war, zog der junge Mann einen Zettel aus der Brusttasche seiner Jacke und hielt ihn wie eine Karte vor sich. Während er den Blick zwischen dem Zettel und dem Ort hin und her wandern ließ, drehte er sich bald nach links, bald nach rechts, bis er gefunden zu haben schien, was er gesucht hatte. Er steckte den Zettel wieder ein, bückte sich und ergriff seine Tasche, die schon bessere Tage gesehen hatte. Mit entschlossenen Schritten überquerte er den kleinen Bahnhofsvorplatz und bog in die Hauptstraße ein, die zur Ortsmitte führte. Bald war er außer Sichtweite. Die Häuser dösten behäbig vor sich hin, als führten sie ein selbständiges Leben und hätten Menschen nicht nötig.
Der Gegensatz zum
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