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Anthrax

Anthrax

Titel: Anthrax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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vorsichtig sein, damit wir uns nicht infizieren.«
    »Sowieso!« bekräftigte Vinnie. »Wenn es ginge, würde ich mir am liebsten gleich zwei Mondanzüge übereinanderziehen.« Da Vinnie bereits Arbeitskleidung trug, konnte er sich den Schutzanzug direkt überziehen; Jack hingegen mußte erst noch in den Umkleideraum zu dieser Prozedur. Während Vinnie im Autopsieraum – der sogenannten ›Grube‹ – bereits einige Vorbereitungen traf, ging Jack noch einmal sämtliche Unterlagen durch, wobei er insbesondere den gerichtsmedizinischen Ermittlungsbericht von Janice Jaeger studierte. Während dieser gründlicheren Lektüre fiel ihm etwas auf, das er beim ersten Durchblättern übersehen hatte. Der Verstorbene war im Teppichhandel tätig gewesen. Jack fragte sich, mit was für Teppichen der Mann wohl zu tun gehabt hatte und woher sie stammten. Er nahm sich vor, später einen der gerichtsmedizinischen Ermittler zu fragen. Als nächstes klemmte er die Röntgenaufnahme von Jason Papparis an eine Sichtwand. Da es sich um eine Ganzkörperaufnahme handelte, gab sie in diagnostischer Hinsicht nicht viel her. Vor allem die Feinheiten im Brustbereich waren relativ unscharf. Trotzdem fielen Jack zwei Dinge ins Auge: Zum einen gab es kaum einen Hinweis auf eine Lungenentzündung, was angesichts der rapiden Verschlechterung der Atmungstätigkeit des Patienten überraschend war; und zum anderen wirkte der zentrale Bereich des Brustraums zwischen den Lungen, anatomisch Mediastinum genannt, etwas erweitert.
    Als auch Jack sich seinen mit einer Schutzhaube, einem Plastikvisier und einem Schwebstoffilter-Belüftungssystem versehenen Bioschutzanzug übergestreift hatte, hatte Vinnie die Leiche bereits auf den Autopsietisch gelegt und alle erforderlichen Probebehälter bereitgestellt. »Was, zum Teufel, hast du denn so lange gemacht?« beklagte sich Vinnie, als Jack endlich eintraf. »Wir könnten längst fertig sein.« Jack lachte.
    »Sieh dir den armen Kerl nur an«, fuhr Vinnie fort und nickte in Richtung Leiche. »Einen Schönheitswettbewerb würde er vermutlich nicht gewinnen.«
    »Gutes Gedächtnis«, entgegnete Jack. Er hatte diesen Spruch einst gebracht bei jenem Pestopfer, auf das Vinnie im Fahrstuhl angespielt hatte. Seitdem war er zum Wahlspruch ihres schwarzen Humors geworden.
    »Ich erinnere mich an noch viel mehr«, brüstete Vinnie sich. »Während du weiß der Teufel was getrieben hast, habe ich die Leiche schon mal auf Arthropodenstiche untersucht. Ich habe keine entdeckt.«
    »Donnerwetter«, lobte Jack seinen Gehilfen. »Wirklich beeindruckend, was du für ein Gedächtnis hast.« Während der Obduktion des Pestopfers hatte er Vinnie damals erklärt, daß Arthropoden, insbesondere Insekten und Spinnentiere, bei der Verbreitung zahlreicher Infektionskrankheiten als Krankheitsüberträger eine große Rolle spielen. Bei derartigen Fällen war die Suche nach Anzeichen solcher Stiche ein wichtiger Bestandteil der Autopsie. »Bald kannst du meinen Job übernehmen.«
    »Lieber würde ich dein Gehalt übernehmen«, präzisierte Vinnie. »Deinen Job kannst du gern behalten.« Jack begann die Autopsie mit einer gründlichen äußerlichen Untersuchung der Leiche. Vinnie hatte recht: Es gab keine Hinweise auf Stiche. Ebensowenig entdeckte er subkutane Blutungen, sogenannte Purpura, obwohl die Tönung der Haut leicht ins Dunkle ging.
    Die innere Untersuchung hingegen ergab jede Menge Befunde. Als Jack die Vorderwand des Brustkorbs entfernt hatte, wurde der krankhafte Zustand der Organe erkennbar. Auf der Oberfläche der Lungen befand sich sichtbares Blut, ein Befund, den man als hämorrhagischen Pleuraerguß bezeichnete. Darüber hinaus waren in dem Gewebe zwischen den Lungen etliche Blutungen sowie Anzeichen von Entzündungen zu erkennen, ebenso in der Speiseröhre, in der Luftröhre, in den Stammbronchien, den großen Gefäßen sowie in den zahlreichen Lymphknoten. Diesen Befund nannte man hämorrhagische Mediastinitis, und er erklärte den ausgedehnten Schatten, den Jack auf dem Röntgenbild bemerkt hatte. »Das ist ja der Wahnsinn!« wunderte er sich. »Bei diesen Blutungen kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß wir es mit einer Grippe zu tun haben. Was auch immer es für ein Erreger ist – er muß sich im Körper dieses Mannes wie ein Lauffeuer verbreitet haben.«
    Vinnie blickte nervös zu Jack auf. Er konnte sein Gesicht kaum erkennen, weil die Neondeckenbeleuchtung sich auf dem Plastikvisier spiegelte, doch

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