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Anthrax

Anthrax

Titel: Anthrax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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der Klang seiner Stimme gefiel ihm gar nicht. Von dem, was er im Sektionssaal zu sehen bekam, ließ Jack sich nur selten beeindrucken, doch dieser Fall schien ihn regelrecht in Bann zu ziehen. »Was hatte der Mann deiner Meinung nach?« fragte Vinnie. »Keine Ahnung«, gestand Jack. »Aber die Kombination von hämorrhagischer Mediastinitis und Pleuraerguß bringt in meinem Hinterkopf die Alarmglocken zum Schrillen. Ich habe irgendwo darüber gelesen; ich weiß bloß nicht mehr, wo. Mit welchem Erreger auch immer wir es hier zu tun haben – er muß verdammt aggressiv sein.« Vinnie trat instinktiv einen Schritt von der Leiche zurück. »Jetzt steh nicht da wie Piksieben!« ermutigte Jack ihn. »Komm her, und hilf mir, die Bauchorgane rauszuho-len.«
    »Versprich mir erst, daß du vorsichtig bist«, maulte Vinnie und machte unwillig einen Schritt in Richtung Tisch. »Manchmal hantierst du für meinen Geschmack ein bißchen zu schnell mit dem Skalpell.«
    »Ich bin immer vorsichtig«, stellte Jack klar. »Natürlich!« entgegnete Vinnie sarkastisch. »Deshalb trödelst du ja auch so mit diesem Mountainbike durch die Stadt.«
    Während die beiden sich auf ihren Fall konzentrierten, wurden weitere Leichen in den Sektionssaal gebracht. Die Sektionsgehilfen legten sie auf die entsprechenden Tische, an denen die Autopsien durchgeführt wurden. Schließlich trafen auch die anderen Gerichtsmediziner ein. Der Tag in der Grube schien alles andere als langweilig zu werden. »Was hast du denn da?« hörte Jack jemanden über seine Schulter fragen.
    Er richtete sich auf und drehte sich um. Vor ihm stand Dr. Chet McGovern, der Kollege, mit dem er sich das Büro teilte. Jack und Chet fingen fast zur gleichen Zeit im Gerichtsmedizinischen Institut an; ihre Einstellungsdaten lagen nur einen Monat auseinander. Sie kamen bestens miteinander klar, was vor allem daran lag, daß sie beide voll und ganz in ihrer Arbeit aufgingen. Außerdem hatten sie, bevor sie Gerichtsmediziner geworden waren, bereits beide in anderen Bereichen der Medizin gearbeitet. Was ihre Charaktere anging, unterschieden sie sich allerdings erheblich voneinander. Chet war nicht annähernd so sarkastisch wie Jack, und er kannte auch nicht Jacks Problem, sich in Hierarchien einzuordnen.
    Jack faßte für Chet zusammen, was er über den Fall Papparis wußte, und zeigte ihm die krankhaften Veränderungen im Brustraum. Er präsentierte ihm auch die Schnittfläche der Lunge, die auf eine minimale Entzündung hindeutete. »Interessant«, bemerkte Chet. »Es muß sich um eine Luftinfektion handeln.«
    »Ohne jeden Zweifel«, stimmte Jack ihm zu. »Aber warum hatte der Mann keine ausgeprägte Lungenentzündung?«
    »Das ist mir zu hoch«, gestand Chet. »Schließlich bist du der Experte für Infektionskrankheiten.«
    »Ich wünschte, es wäre so«, entgegnete Jack und ließ die Lunge vorsichtig wieder in die Schale gleiten. »Ich weiß genau, daß ich schon mal etwas über diese Diagnosekombination gehört habe. Aber ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, in welchem Zusammenhang.«
    »Ich wette, du wirst es herausfinden«, versicherte Chet. Er hatte sich bereits abgewandt, als Jack ihm hinterherrief, ob er Laurie gesehen habe.
    »Noch nicht«, erwiderte Chet und schüttelte den Kopf. Jack sah auf die Wanduhr. Es war kurz vor neun. Normalerweise hätte Laurie schon seit einer Stunde im Institut sein müssen. Er zuckte mit den Schultern und machte sich wieder an die Arbeit.
    Als nächstes mußten sie das Gehirn unter die Lupe nehmen. Da Jack und Vinnie so oft zusammenarbeiteten, hatten sie beim Ansägen des Kopfes eine feste Routine entwickelt, die keinerlei Konversation erforderte. Obwohl Vinnie einen beträchtlichen Teil der Arbeit erledigte, war es immer Jack, der das Schädeldach hochhob.
    »Oje!« rief Jack, als er das Gehirn erblickte. Genau wie bei den Lungen befand sich auf der Oberfläche eine beträchtliche Menge Blut. Bei einem Infektionsfall bedeutete so eine Beobachtung normalerweise, daß das Opfer unter hämorrhagischer Meningitis oder einer so schweren Entzündung der Hirn-und Rückenmarkhäute gelitten hatte, daß eine Blutung entstanden war.
    »Der Ärmste muß furchtbare Kopfschmerzen gehabt haben«, sagte Vinnie mitleidig.
    »Und obendrein entsetzliche Schmerzen in der Brust«, fügte Jack hinzu. »Wahrscheinlich hat er sich gefühlt, als wäre er von einem Zug überrollt worden.«
    »Was haben Sie denn da, Dr. Stapleton?« fragte eine tiefe, sonore

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