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Anthrax

Anthrax

Titel: Anthrax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Stimme. »Ruptur eines Aneurysma? Oder ein Trauma-Opfer?«
    »Weder noch«, erwiderte Jack und drehte sich um. »Ein Infektionsfall.« Vor ihm stand der imposante, zwei Meter große stellvertretende Leiter des Instituts, Dr. Calvin Washington.
    »Na, dann trifft es sich ja gut«, meinte Dr. Washington. »Ansteckende Krankheiten sind doch Ihr Spezialgebiet. Haben Sie schon eine vorläufige Diagnose?« Dr. Washington beugte sich über den Tisch, um besser sehen zu können. Verglichen mit seiner kraftstrotzenden Riesenhaftigkeit wirkte Jacks kompakte Statur geradezu schmächtig. Als athletisch gebauter AfroAmerikaner hätte Dr. Washington mit seiner Größe professionellen Football spielen können, wenn er nicht so erpicht darauf gewesen wäre, Medizin zu studieren. Sein Vater war in Philadelphia ein angesehener Chirurg gewesen, und Calvin hatte unter allen Umständen in seine Fußstapfen treten wollen. »Bis vor zwei Sekunden hatte ich nicht die geringste Ahnung«, gestand Jack. »Aber bei dem Blut auf der Hirnoberfläche ist der Groschen bei mir gefallen. Ich erinnere mich, daß ich vor ein paar Jahren, als ich meinen Horizont in Sachen Infektionskrankheiten ein bißchen erweitern wollte, mal etwas über Anthrax beziehungsweise Lungenmilzbrand gelesen habe.«
    »Anthrax?« fragte Dr. Washington ungläubig grinsend. Jack hatte einen Hang, mit den wundersamsten Dingen daherzukommen. Obwohl er oft recht behielt, schien Anthrax doch jenseits aller Wahrscheinlichkeit zu liegen. In seinen langen Jahren als Pathologe hatte Dr. Washington nur einen einzigen Fall von Anthrax erlebt, und zwar bei einem Rinderzüchter in Oklahoma, bei dem es sich zudem nicht um Lungenmilzbrand, sondern um den viel häufiger vorkommenden Hautmilzbrand gehandelt hatte.
    »Im Augenblick würde ich in der Tat auf Anthrax tippen«, bekräftigte Jack. »Ich bin gespannt, ob das Labor meine Vermutung bestätigt. Natürlich kann genausogut herauskommen, daß der Mann lediglich ein geschädigtes Immunsystem hatte, wovon bisher niemand etwas wußte. In dem Fall kann der Krankheitskeim sich auch als irgendein Allerweltserreger entpuppen.«
    »Ich weiß ja aus leidiger Erfahrung, daß ich mit Ihnen besser keine Wetten abschließen sollte. Diesmal haben Sie sich allerdings eine extrem seltene Krankheitsdiagnose ausgesucht. Zumindest wenn man bedenkt, daß wir uns hier in den Vereinigten Staaten befinden.«
    »Ich kann mich nicht mehr erinnern, wie selten Anthrax vorkommt«, gestand Jack. »Aber sehr wohl erinnere ich mich daran, daß die Krankheit mit hämorrhagischer Mediastinitis und Meningitis verbunden ist.«
    »Was halten Sie von Meningokokken?« fragte Dr. Washington. »Die treten immerhin wesentlich häufiger auf.«
    »Meningokokken könnten es auch sein«, räumte Jack ein. »Aber sie stehen auf meiner Liste der Möglichkeiten nicht besonders weit oben – nicht bei hämorrhagischer Mediastinitis. Außerdem haben wir keine Purpura entdeckt. Bei Meningokokken hätte ich auf der Hirnoberfläche zudem mehr Eiter erwartet.«
    »Falls es sich tatsächlich um Anthrax handeln sollte, lassen Sie es mich so schnell wie möglich wissen«, bat Dr. Washington. »Ich bin sicher, daß sich in diesem Fall die Gesundheitsbeauftragte sehr dafür interessieren dürfte. Noch ein Wort zu Ihrem nächsten Fall: Hat man Sie über meinen Wunsch in Kenntnis gesetzt, daß Sie die Obduktion des verstorbenen Häftlings vornehmen sollen?« Jack nickte. »Aber warum gerade ich? Der Boß und Sie beklagen sich doch immer über mein mangelndes Fingerspitzengefühl. Ein toter Gefangener verursacht normalerweise jede Menge politischen Wirbel. Wollen Sie wirklich mich darauf ansetzen?«
    »Man hat ausdrücklich von außerhalb darum ersucht, daß Sie die Obduktion vornehmen«, erklärte Dr. Washington. »Ihr Mangel an diplomatischem Geschick gilt bei der afroamerikanischen Gemeinde offenbar als positiver Charakterzug. Wenn Sie dem Boß und mir auch manchmal Kopfschmerzen bereiten – unter gewissen Stadtoberhäuptern haben Sie sich den Ruf fachlicher Integrität erworben.«
    »Das hab’ ich wahrscheinlich meinen großartigen Leistungen auf dem Basketball-Court in meinem Viertel zu verdanken«, witzelte Jack. »Ich schummle ziemlich selten.«
    »Warum müssen Sie Komplimente eigentlich immer herabwürdigen?« fragte Dr. Washington gereizt. »Vielleicht weil sie mir ein unangenehmes Gefühl bereiten«, erwiderte Jack. »Kritik ist mir lieber.«
    »O Herr, schenk mir Geduld!« murmelte

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