Anthrax
daß es ihn daran hinderte, sich eine glückliche Zukunft herbeizuwünschen. Deshalb fiel es ihm auch so schwer, sich zu binden.
Lou stützte den Kopf in die Hände. Er war vollkommen niedergeschmettert. »Ich habe schon öfter befürchtet, daß Laurie heiraten könnte«, gestand er. »Allerdings hatte ich dabei immer dich als Bräutigam im Visier.«
»Mich?« fragte Jack überrascht. »Dabei hatte ich immer einen Horror davor, daß sie dich heiraten würde! Immerhin hat sich zwischen euch mal etwas angebahnt, bevor ich aufgekreuzt bin.«
»Darüber hättest du dir wirklich keine Sorgen machen müssen«, entgegnete Lou. »Es sollte leider nicht sein. In der kurzen Zeit, in der wir uns etwas nähergekommen sind, habe ich alles vermasselt. Immer wenn sich auch nur der feinste Konflikt anbahnte, habe ich Angst gehabt, daß sie mich in die Wüste schicken würde, und mich wie ein Arschloch benommen. Damit habe ich uns beide verrückt gemacht. Wir haben lange darüber geredet. Als sie heute abend erwähnt hat, daß Selbstvertrauen ihrer Meinung nach ein wichtiges Persönlichkeitsmerkmal ist, war das eine Anspielung auf mich.«
»Und ihre Bemerkung über die Bereitschaft, eine feste Bindung einzugehen, war eine Empfehlung an mich«, fügte Jack hinzu.
»War das das Problem zwischen euch beiden?« fragte Lou. »Ich habe mich immer gefragt, warum es mit euch nicht klappt. Ihr seid doch wie füreinander geschaffen. Ihr kommt aus dem gleichen Milieu, habt beide Schickimicki-Schulen besucht und so weiter und so fort.«
»Zum Teil«, erwiderte Jacke. »Aber ich habe so einen Knacks weg, daß ich selber nicht genau weiß, warum es nicht klappt.«
»Es ist eine Katastrophe!« stöhnte Lou. »Für dich und für mich. Wenn sie sich für dich entschieden hätte, hätte ich wenigstens mit euch beiden befreundet bleiben können. Aber wenn sie diesen Armleuchter heiratet, bin ich außen vor. Ich habe mir immer ausgemalt, daß Laurie und ich gute Freunde bleiben, auch wenn sie mal heiratet. Aber als ich eben diesen Riesenklunker an ihrem Finger gesehen habe, ist mir schlagartig klargeworden, daß ich mir das wohl besser aus dem Kopf schlage.«
»Und ich habe, verschroben wie ich bin, darauf gehofft, daß einfach immer alles so bleibt, wie es ist«, erklärte Jack. Lou nickte und fragte nach einer kurzen Denkpause: »Was hältst du von diesem Typen?«
»Er ist ein Hinterfotz!« platzte es aus Jack heraus. »Aber vermutlich bin ich nicht objektiv – aus Eifersucht. Es hat mich fast zur Weißglut gebracht, wie sie sich ständig befummelt haben.«
»Ist mir auch mächtig auf den Geist gegangen«, stimmte Lou ihm von Herzen zu. »Als wären sie dreizehn und würden gleich zum ersten Mal knutschen. Einfach ekelhaft! Aber ich bin wahrscheinlich ebenso voreingenommen wie du Außerdem geht mir das alles viel zu schnell. Man könnte meinen, der Kerl wäre hinter ihrem Geld her – dabei hat sie ja gar keins. Kann aber auch sein, daß nur der zynische Detective aus mir spricht.«
Jack schüttelte niedergeschlagen den Kopf. »Wir können noch ewig hier rumsitzen und uns den Kerl schlechtreden -Tatsache bleibt, daß er wesentlich spontaner ist als wir und mehr Kohle hat. Ein Wochenendtrip nach Paris! So etwas käme mir nie in den Sinn. Ich müßte die ganze Zeit daran denken, was mich der Spaß kostet, und das würde mich so verrückt machen, daß ich wahrscheinlich unausstehlich wäre.«
»Wenn ich sehe, wie manche Leute mit ihrem Geld um sich schmeißen, könnte mir schlecht werden«, tutete Lou in dasselbe Horn. »Ich persönlich bin froh, wenn nach Abzug der Unterhaltszahlungen für meine beiden Kinder noch ein paar Dollar für mich übrigbleiben.«
»Kann es vielleicht sein, daß du neidisch bist?« fragte Jack. Lou schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Ich muß ins Bett. Sonst rafft mich der Weltschmerz noch vollends dahin. Außerdem habe ich schon seit zwei Nächten nicht mehr geschlafen.«
»Ich mache mich auch auf den Weg«, sagte Jack. Die beiden quetschten sich an den Tischen vorbei. Die festliche Atmosphäre, die in dem Restaurant herrschte, drückte ihre Stimmung auf den Nullpunkt.
Kapitel 8
Montag, 18. Oktober, 22.15 Uhr
Nachdem Curt und Steve gegangen waren, begab Yuri sich hinunter in sein geliebtes Labor. Als erstes reparierte er den Schaden, den Connie beim Aufbrechen der Vorhängeschlösser angerichtet hatte. Um auf Nummer Sicher zu gehen, verstärkte er die Konstruktion mit am Türrahmen befestigten Winkeln
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