Anthropofiction
niemand etwas, weder über die Herkunft des Neanderthalers, noch über seinen Platz fast am Ende der langen Entwicklungsgeschichte unserer Spezies. Heute wissen wir genug, um den Neanderthaler als Lieferanten einiger Gene an die modernen Europäer einzustufen. Aber nicht vieler. Er wurde von einem bedauernswerten Unglücksfall betroffen.
Der ursprüngliche Fund im Neanderthal bestand aus einer normalen, aber beschädigten Elle und einer runden Schädeldecke oder -kappe, die wegen ihrer starken Brauenwülste sonderbar wirkte.
Man hat allen Grund, anzunehmen, daß der Neanderthaler in epidemischem Ausmaß an Rachitis gelitten hat. Er muß seine Kinder gegen die eiszeitliche Kälte in Felle eingemummt und ihnen so die hinreichende Menge Vitamin D, auch Sonnenvitamin genannt, entzogen haben. Vitamin D ist ein Kalkbildner. (Siehe Loomis, 1967)
Alle auf dem Land lebenden Säugetiere brauchen Vitamin D, das sie durch Biosynthese in ihrem Körper produzieren. Tiere, die mit Fell oder Haar bedeckt sind, produzieren Vitamin D in ihren Körperölen, die sie dann von ihrem Fell ablecken oder -putzen und so zu sich nehmen. Der Mensch, ein nacktes Tier, bekommt Vitamin D direkt aus seinem Körper. In beiden Fällen wird Vitamin D durch die Einwirkung ultravioletten Lichts (UV) erzeugt.
Zu viel solares UV kann sowohl Sonnenbrand hervorrufen als auch zuviel Vitamin D erzeugen. Zuviel Vitamin D ist ebenso schädlich wie zu wenig. Rachitis ist ein Symptom von zu wenig. Das spezifische Heilmittel für diesen Zustand ist Dorschlebertran oder Vitamin D in angereicherten Lebensmitteln oder in Form von Pillen. Zu viel von dem Vitamin führt zu einem Zustand, der als Hypervitaminosis bekannt ist und tödlich endet.
Der Tod folgt auf eine Nierenkrankheit, deren schmerzhaftes Symptom die Bildung von Nierensteinen ist. Die kalkbildende Kraft der Sonne kann sowohl über- als auch untertrieben werden. Der menschliche Körper ist toxischen Dosen von Vitamin D, ob sie mit der Nahrung aufgenommen oder durch Sonnenstrahlung erzeugt werden, einfach nicht gewachsen. Ebensowenig kann er einen Mangel ausgleichen.
Ohne die chemischen Hilfsmittel moderner Zeiten mußte der Mensch wie eine Pflanze an seinem Boden festhalten und war in den Ländern verwurzelt, die gerade die richtige Menge Sonnenschein für seine lokale Anpassung erbrachten. UV ist nach Breitengraden verschieden, der Mensch aber ist eine globale Spezies.
Unterschiede in der UV-Strahlung reichen aus, um bei jedem Extrem Schädigungen beim Menschen zu verursachen – wäre da nicht die Tatsache, daß rassisch verschiedene Menschenvölker nach einer langen biologischen Entwicklungsperiode eine Anpassung an die Extreme vollzogen haben. Ein weiß geborener Europä er würde an Hyperdosis Vitamin sterben, wenn er ohne künstliche Körperbedeckung in die offenen Steppengebiete Äquatorialafrikas verpflanzt würde, wo die UV-Strahlung am stärksten ist. Und vor dem Eintritt in dies Jahrhundert, wo Milch und andere Nahrungsmittel künstlich mit Vitamin D angereichert werden, konnten Neger nicht nördlich des 40. Breitengrades leben, ohne durch Rachitis verkrüppelt zu werden.
Das Sonnenlicht trifft überall auf dem Globus mit gleicher Intensität auf die äußere Erdatmosphäre. Aber die Menge an Sonnenlicht – einschließlich der unsichtbaren UV-Strahlung zwischen 3.900 und 2.900 Ängströmeinheiten –, die den darunterliegenden Boden erreicht, ist von dem Breitengrad nördlich oder südlich des Äquators abhängig. Da die Sonnenstrahlen am Äquator fast senkrecht einfallen, haben sie weniger Atmosphäre zu durchqueren. Vom Äquator entfernt durchschneidet das Licht die Luft in einem Winkel – statt senkrecht von oben einzufallen – und muß daher mehr Atmosphäre durchdringen: Und unsere Atmosphäre absorbiert die UV-Strahlung. Je länger das Licht hindurchwandert, desto mehr wird absorbiert. So bekommt ein Mensch, der auf dem 70. Grad nördlicher Breite steht, ungefähr ein Drittel soviel UV wie ein Mensch am Äquator, wenn dieselben atmosphärischen Bedingungen gegeben sind und kein Waldbewuchs vorhanden ist, der ebenfalls UV absorbiert.
Zufällig entwickelte sich die Menschheit in dem Gebiet mit der stärksten solaren UV-Strahlung auf der Erde. Die Heimat des Menschen ist Schwarzafrika. Diese Entwicklung war von einer ökologischen Wandlung aus einer Wald- in eine Flachlandumgebung begleitet. Als unsere Ahnen zum ersten Mal auf den Ebenen auftauchten, ähnelten sie den Menschen,
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