Anthropofiction
Ozymandias: »Sieh unser Verderben und sei gewarnt!« Solch eine Vision einer ganzen Welt, die für selbstverursachte Katastrophen anfällig ist, ist in der Science Fiction nicht außergewöhnlich. In der Tat ist die Science Fiction der Annahme der gleichen Vision als praktischem Gesichtspunkt bei der Regelung des Überlebens unserer eigenen Welt vorangegangen. Barbara Ward, die bedeutende britische Wirtschaftswissenschaftlerin, hat vor einiger Zeit geschrieben:
In den letzten paar Jahrzehnten ist die Menschheit von der entscheidendsten Veränderung in ihrer gesamten Geschichte überwältigt worden. Moderne Wissenschaft und Technologie haben ein so dichtes Netz der Kommunikation, des Transports, der wirtschaftlichen Unabhängigkeit – und potentieller atomarer Zerstörung – geschaffen, daß der Planet Erde auf seiner Reise durch die Unendlichkeit die Intimität, die Kameradschaft und die Verwundbarkeit eines Raumschiffs erlangt hat (Ward, 1966: VII).
Sie schrieb das in einem Buch mit dem Titel »Raumschiff Erde«.
Die Vorstellung des Planeten Erde als eines Raumschiffs, dessen Passagiere sich in eine abgeschlossene Ökologie teilen müssen, beginnt sich wahrscheinlich auch den größeren Regierungen der Welt einzuprägen. Hoffen wir es. Andernfalls sind wir in mancher Beziehung anfällig für eine planetarische Vernichtung. Die Medizin seit Pasteur hat, während eine Geburtenkontrolle fehlt, eine so effektive Todeskontrolle zur Verfügung gestellt, daß die menschliche Bevölkerung sich um 1930 auf einen schnell erreichten Rekord von zwei Milliarden verdoppelt hat – es hat fast drei Millionen Jahre gedauert, die erste Million aufzubauen, vom seltenen Affenmenschen über die ersten Jäger und die neolithische und urbane Revolution – und bald nach der Jahrhundertwende können wir eine Verdreifachung auf sechs Milliarden erwarten. Die Verbrennung fossiler Brennstoffe innerhalb der letzten fünfzig Jahre hat mehr Kohlendioxyd freigesetzt, als das Pflanzenleben absorbieren kann; wichtiger noch ist, daß die Photosynthese durch dieselbe globale Verunreinigung der Atmosphäre verhindert wird, sogar im Plankton und in Kieselalgen am Boden der Eltonschen Pyramide. Die Sauerstoffmenge verringert sich und wird sich weiter verringern bis zum Punkt universeller Erstickung, wenn der Verbrennung keine Grenzen gesetzt werden. Die Gefahren unbegrenzter Bevölkerungszunahme sind nicht weniger bestimmt. Die Welt ist groß und der Mensch ist klein, aber er ist fähig, die physikalischen Grenzen der Belastbarkeit der Welt zu überschreiten. Vor dieser Zeit aber könnten die politischen Probleme des ökonomischen Wettkampfs zu einem Atomkrieg fuhren. Hungersnot großen Ausmaßes in der vorindustriellen Welt wird für die 1970er Jahre vorausgesagt (und ist eingetroffen. Die Red.). Wenn nicht Wissenschaftler aus allen Ländern ihre Regierungen überreden können, international zusammenzuarbeiten, um einer davonlaufenden Technologie Einhalt zu gebieten, können wir ebensogut anfangen, unser eigenes Museum für »die, die nachher kommen« zu bauen, wer immer »sie« sein mögen. Dann werden wir mit dem Neanderthaler gleichgezogen haben. Zweifellos hat er das Ende nicht kommen sehen, aber wir können es.
Das Raumschiff Erde mag uns alle in ein einziges planetarisches Ökologisches System einschließen, aber trotzdem haben wir nicht einen Geist oder eine Kultur. Der Mensch ist eine Spezies, aber er hat viele Kultu ren. Dennoch sind Menschen aus verschiedenen Kulturen bereit, sich so zu behandeln, als ob sie verschiedenen Spezies angehörten. Die anthropologische Auffassung, daß der Mensch viele Arten kennt, menschlich zu sein, wird nicht weit und breit vertreten, aber sie sollte es. Die Menge der Kulturen ineiner einzigen zusammenhängenden irdischen Umgebung macht diese Auffassung zu einem höchst wünschenswerten Bestandteil politischer Planung.
In der menschlichen Geschichte konnten unterschiedliche Kulturen des Menschen ihre Unterschiede selbstsicher behaupten. Als Passagiere an Bord eines Raumschiffs Erde können sie es sich nicht länger leisten, diese Selbstsicherheit unreflektiert zu genießen. Der Ökologe John Storer, der einiges über den Platz des Menschen im globalen Gewebe des Lebens weiß, weist auf die Konsequenzen kultureller Überfülle für unsere Umwelt hin.
Diese Umwelt wird von mehr als drei Milliarden Menschen gebildet, deren Gedanken und Auffassungen durch viele Barrieren voneinander getrennt
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