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Anti-Eis

Anti-Eis

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nämlich
einer von uns das Schiff verlassen und es herbringen müssen. Und
wie ich wußte, konnte es sich dabei nur um mich handeln!

 
10

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Ein Engländer auf dem Mond
     
     
    Traveller rollte eine Strickleiter aus, und wir schlossen uns
wieder unseren Freunden in der Raucherkabine an. Dort stießen
wir auf eine Atmosphäre der Euphorie, welche noch durch die
beachtliche Schräglage des Decks verstärkt wurde, die dem
ganzen Prozedere einen Hauch von Exotik verlieh. Traveller und sein
Kammerdiener schickten sich an, den Zugang zu den unteren Sektionen
des Schiffes zu öffnen. Bourne starrte teilnahmslos aus dem
Fenster auf die lunare Trümmerlandschaft. Holden flog in der
Kabine umher, wobei er ständig von den Wänden abprallte;
mit Jubelrufen stieß er sich fünf oder sechs Fuß
hoch in die Luft ab, bevor er wieder auf das Deck niederschwebte, so
leicht wie ein rundes Blatt im Herbst. Ich konnte nicht umhin, wegen
seines geröteten Gesichtes zu lächeln. »Meiner Treu,
Ned, diese lunaren Bedingungen sind einmalig; ich fühle mich
wieder wie ein Kind«, sagte er.
    Holden wollte sich über die Brandyvorräte hermachen und
unsere erfolgreiche Eroberung des Mondes begießen, aber
Traveller lehnte das ab. »Wir haben jetzt keine Zeit für
Frivolitäten«, rügte er den Journalisten. »Dies
ist kein Picknick; uns bleiben nur ein paar Stunden, den Kampf um
unser Überleben zu gewinnen.« Er schaute mich auf eine Art
an, die man als besorgt hätte interpretieren können –
obwohl er vielleicht auch an eine kleine, aber lebenswichtige
Komponente einer Maschine gedacht haben mochte. »Ned, Euer
Wohlbefinden ist jetzt das Wichtigste. Möchtet Ihr vielleicht
ein wenig Tee oder einen Imbiß, um Euch für Euer Abenteuer
zu rüsten? – und ich empfehle dringend, daß Ihr, wie
damals auch, den Körper entschlackt, bevor Ihr das Schiff
verlaßt. Pocket!«
    Und so fügte es sich, daß ich von meinen Kameraden
umgeben auf einem bequemen Stuhl saß, in Gurken- und
Tomatensandwiches biß und eine Mischung der besten indischen
Teesorten schlürfte – während sich um mich herum die
Ödnis des Mondes bis zum Horizont erstreckte!
    Obwohl ich es versuchte, war mir die von Traveller ans Herz
gelegte Entschlackung des Körpers nicht möglich.
    Dann, nur zu bald, stieg ich erneut in die stinkende Enge von
Travellers ledernem Raumanzug. Der Schlauch, der den Anzug mit Luft
versorgte – und den ich im Verlaufe meines riskanten Eindringens
in die Brücke beschädigt hatte, war von Pocket geflickt
worden. Traveller und die anderen stellten
Ausrüstungsgegenstände zusammen. Ich erhielt ein Seil, das
ich um den Oberkörper knotete, eine kleine elektrische Lampe,
die man aus einem weniger wichtigen Instrument der Brücke
ausgebaut hatte und einen Eispickel, der aus Travellers
Ersatzteilbestand gefertigt worden war. Traveller improvisierte einen
Behälter aus Linoleum, das zuvor als Bodenbelag gedient hatte.
Diese Tasche verfügte über die beachtliche Breite von vier
Fuß und war doppelwandig, wobei Traveller den Zwischenraum mit
Füllmaterial ausstopfte. In diesem Behälter sollte ich
Wassereis über die Mondoberfläche transportieren, und der
Zweck des Füllmaterials bestand nach Sir Josiahs Worten darin,
die wertvolle Substanz zumindest etwas vor der Sonneneinstrahlung zu
schützen.
    Ich befestigte den Eispickel und die Lampe an der Hüfte,
damit ich die in Handschuhen steckenden Hände für den
Abstieg auf die Oberfläche frei hatte. Den Beutel fixierte ich
wie einen Rucksack mit zwei Gurten auf dem Rücken.
    Holden war nun der Ansicht, die Bedeutung dieses Momentes –
die ersten Schritte eines Menschen auf der Oberfläche einer
anderen Welt – wäre so signifikant, daß ich etwas
Zeit für eine wie auch immer geartete Zeremonie erübrigen
sollte.
    »Kommt überhaupt nicht in Frage«, lehnte Traveller
barsch ab. »Wir haben keine Zeit für einen solchen Unsinn.
Ned wird rausgehen, um unser Leben zu retten, und sich dabei einem
großen Risiko aussetzen; da wird er doch keinen Handstand
machen und für den König den Kasper spielen.«
    »Sir Josiah«, echauffierte sich Holden, »ungeachtet
der widrigen Umstände unserer Reise ist es uns doch gelungen, an
einem Ort zu landen, den noch kein Forscher zuvor erreicht hat. Und
daher haben wir die Pflicht, diesen Mondkontinent für das Empire
in Besitz zu nehmen. Ich möchte Euch nur daran erinnern,
daß der junge Ned ein Repräsentant der Regierung Seiner
Majestät ist. Vielleicht würde

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