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Anti-Eis

Anti-Eis

Titel: Anti-Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
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das Hissen der britischen
Flagge über dem Staub des Mondes…«
    Bourne stieß eine kurzes, bellendes Gelächter aus.
»Typisch für euch Briten. Wie obszön, einen solchen
Ort mit eurer häßlichen Flagge zu entweihen.«
    Holden richtete sich auf und streckte ihm seinen Schmerbauch
entgegen. »Sir Josiah, die Vorbehalte des Franzen allein zeigen
schon, daß ein solches Vorgehen eminent angemessen
wäre.«
    Traveller hatte die Dichtungen des Anzuges überprüft.
Nun richtete er sich auf und stemmte die Hände in die
Hüften, wodurch er mich und Pocket mit der ganzen Arbeit allein
ließ. »Holden, solch ein hanebüchener Unfug ist mir
noch nie untergekommen. Ich habe zwei Einwände. Erstens
würde es wegen des Vakuums auf der Mondoberfläche keinen
Wind geben, in dem Eure Fahne flattern könnte. Sie würde
bis in alle Ewigkeit schlapp und hilflos dahängen; wäre das
vielleicht ein angemessenes Symbol des Empire? Natürlich
könnten wir sie auch mit einer Art Krücke stützen
– einer Metallstange vielleicht…« Er lachte.
»Wer, wenn nicht ein überkandideltes Arschloch, könnte
wohl auf eine derartige Idee kommen? Wie dem auch sei, mein zweiter
Einwand ist noch schlüssiger: Es verhält sich nämlich
so, daß ich gar keine Fahne auf diesem Schiff mitführe;
weder den Union Jack, noch die Trikolore oder die Flagge einer
anderen Nation. Also, Mr. Holden, sofern Ihr keine flinke
Näherin seid, werden Eure Ambitionen wohl unerfüllt
bleiben.«
    »Und«, so ließ Bourne sich vernehmen, »um so
mehr wird die Würde gewahrt.«
    Aber Holden wollte sich dieser Betrachtungsweise nicht
anschließen; und bald entbrannte eine Dreiecks-Debatte zwischen
Holden, Bourne und Traveller. In der Zwischenzeit hatte ich meine
Ausrüstung vervollständigt, den Helm unter den Arm geklemmt
und wartete nun zusammen mit Pocket auf den Beginn meines
Abenteuers.
    Nach einigen Minuten verlor ich die Geduld. Ich hob den
kugelförmigen Helm mit beiden Händen an und ließ ihn
mit wuchtigem Schwung auf die Glasvitrine krachen, unter der sich
Travellers Modell der Great Eastern befand. Die Debatte wurde
schlagartig beendet, und Pocket machte sich mit Schaufel und Besen an
die Arbeit, um die Glasscherben zu beseitigen. Mit der behandschuhten
Hand griff ich in die zerstörte Vitrine und holte das
Schiffsmodell heraus; es war vielleicht drei Fuß lang, und ich
handhabte es sehr vorsichtig, um eine Beschädigung des
detaillierten Modells zu vermeiden. »Sir Josiah, Ihr werdet mir
meine impulsive und destruktive Handlungsweise verzeihen. Gentlemen,
weil ich es bin, der diese schützende Hülle verlassen wird,
darf ich auch entscheiden, wie die zeremonielle Geste
ausfällt.
    Ich werde dieses Modell von Brunels großem Schiff mitnehmen
und es an einem angemessenen Ort aufstellen. Dies wird nicht lange
dauern und uns allen gerecht werden. Holden, die Eastern ist
eine der größten Ingenieursleistungen des Empire und
symbolisiert mithin die große Zivilisation, welche diesen
Gipfel erreicht hat. Sir Josiah, Ihr werdet sicherlich
gutheißen, daß auf diesem entlegenen Plateau dem
Konstrukteur ein Denkmal gesetzt wird, der Euch zum großen Teil
bei der Arbeit inspiriert und geprägt hat. Und, Bourne: Ich
hoffe, Ihr werdet Euch mir bei der Würdigung dieses Modells als
Symbol des grenzenlosen menschlichen Einfallsreichtums und Wagemutes
anschließen, der uns sogar zu diesem erstaunlichen Land
geführt hat.
    Und falls wir dieses Abenteuer nicht überleben sollten«,
fuhr ich fort, wobei ich mich über meine Eloquenz wunderte,
»dann mag eine zukünftige Generation von Menschen dieses
Artefakt finden und über diejenigen staunen, die es
hierhergebracht haben.«
    Für einen Moment herrschte Schweigen. »Trefflich
gesprochen, Ned«, meinte dann Holden. »Ihr habt uns den
Kopf zurechtgerückt.«
    »Können wir jetzt weitermachen?«
    Traveller zeigte mit einer schwungvollen Geste auf den
Luftschrank. »Es ist alles vorbereitet, Ned.«
    Ich nickte. »Aber etwas möchte ich vorher noch
wissen…«
     
    Und wieder senkte sich der Helm über meinen Kopf und
schloß mich in einem tristen Miniaturuniversum ein, das vom
Geruch nach Kupfer, dem schalen Geschmack umgewälzter Luft und
dem Geräusch meines unregelmäßigen Atems dominiert
wurde. Ich kletterte in den sargähnlichen Luftschrank. Nach
einem letzten Händedruck meiner Kameraden – wobei ihre
winzigen Hände schier in den großen Handschuhen
verschwanden – wurde das schwere Schott verriegelt und
schloß mich

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