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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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die sogenannten Freunde, die Zeugnis ablegen sollen, von Neid und Eifersucht beeinflusst sind; dass autobiographische Texte oft Fallen darstellen, die mit Nebensächlichkeiten vom Hauptsächlichen ablenken wollen; und dass eine Biographie ein schwieriges Unterfangen ist, welches stets nur den Charakter einer Annäherung hat. Doch trotz allem ist es statthaft, den Versuch einer Biographie zu unternehmen. Gerade Freud, der zur Psychoanalyse der Philosophen einlud, wäre schlecht beraten gewesen, anderen hier die Mäßigung vorzuschreiben,
die er sich selbst nicht auferlegte. Obwohl er damit nicht der Erste gewesen wäre … Freud, die Freudsche Lehre und die Psychoanalyse entsprangen eben keiner sagenhaften Epiphanie  – dies kann und muss die biographische Darstellung zeigen.
    Und sie wird gerade deshalb interessant, weil Freud absichtlich Verwirrung gestiftet, Spuren verwischt und wissentlich ausgelöscht hat; weil er über die Unmöglichkeit einer Biographie theoretisiert, Untersuchungsergebnisse gefälscht und unter dem Vorwand der Wissenschaftlichkeit die Texte anderer verwendet hat; weil er Briefe vernichtet hat und weil er versuchte, solche Briefe wieder in seinen Besitz zu bringen, die seine strahlende Legende beschädigt hätten. So vermischt sich die geistige Biographie Freuds mit der Biographie der Freudschen Lehre, welche natürlich die Biographie der Psychoanalyse einschließt.
    Freuds Brief an Arnold Zweig spricht von Lügen, Vertuschung und Scheinheiligkeit. Er wirkt wie ein kaum maskiertes Eingeständnis Freuds über seine eigene Arbeitsweise. Die von den Hagiographen – allen voran Ernest Jones mit seiner 1500 Seiten umfassenden Darstellung Sigmund Freud – Leben und Werk  – verbreiteten Legenden machen eine Biographie tatsächlich unmöglich. Dafür sorgte der Doktor aus Wien, der alles tat, um seine Ammenmärchen, literarischen Erzählungen, Mythen und Chimären zu zementieren. Jones’ Biographie diente als Ausgangspunkt für viele weitere, welche beim Kopieren der Ansichtskarten aus dem freudschen Bauchladen miteinander wetteiferten.
    Ich halte mich gleichermaßen von den Hagiographien wie den Pathographien fern. Erstere nehmen für sich in Anspruch, das zarte Pflänzchen zu wässern; Letztere das schädliche Unkraut zu entfernen. Jenseits der freudschen Ansichtskarten möchte ich zeigen, dass die Psychoanalyse Freuds schönster Traum ist  – ein Traum, ein Märchen, eine Fantasterei, eine literarische Konstruktion, ein Kunstprodukt, ein im etymologischen Sinn poetisches Konstrukt. Außerdem möchte ich die Grundlagen der freudschen Lehre darstellen, denn diese ist ungeachtet ihres Anspruchs auf
Universalität, Objektivität und Wissenschaftlichkeit höchst biographisch, subjektiv und individuell. Dabei vertrete ich keinesfalls einen moralischen Standpunkt und urteile nicht, Freuds (nachweisliche) Lügen machten ein Autodafé Freuds, seiner Werke, seiner Arbeit und seiner Schüler nötig!
    Spinozas Prinzip »Nicht weinen, nicht lachen, sondern verstehen« folgend, nehme ich Nietzsches Perspektive jenseits von Gut und Böse ein. Ich schlage die Dekonstruktion eines Werks vor, so wie man eine Sonate von Anton Webern, ein Gemälde von Kokoschka oder ein Theaterstück von Karl Kraus dekonstruieren würde. Freud ist kein Wissenschaftler, er hat nichts Allgemeingültiges hervorgebracht, und seine Lehre ist ein auf seine Hirngespinste, seine Obsessionen und sein vom Inzest gequältes und zerfressenes Innenleben zugeschnittenes Konstrukt. Freud ist ein Philosoph. Das ist nicht wenig, doch er selbst lehnte diese Zuschreibung mit einer wütenden Vehemenz ab, die auf seinen wunden Punkt verweist: den Ort des existentiellen Schmerzes.

II.
Nietzsche vernichten, sagte er
    »[W]ie ich im geheimsten die Hoffnung nähre, […]
zu meinem Anfangsziel, der Philosophie, zu kommen.
Denn das wollte ich ursprünglich«.
    Sigmund Freud, Brief an Wilhelm Fließ, 1. Januar 1896
( Briefe an Wilhelm Fließ, S. 165)
     
     
    In dem unbedingten Willen, sich von allen Göttern und Lehrern frei zu machen, attackierte Freud hauptsächlich Nietzsche. Wieso gerade ihn? Aus welchen seltsamen Gründen entwickelte er eine anhaltende Abneigung gegen diesen großen Namen? Wen oder was wollte er damit schützen? Welche Geheimnisse vertuschen? Was bedeutete seine hitzige Ablehnung der Philosophie und der Philosophen – zu denen er doch selbst gehörte? Liegt der Grund dafür darin, dass er war, was er verheimlichen wollte:

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