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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Als Rechtfertigung zitierte Freud aus Schrebers Buch, in dem es hieß, die Memoiren sollten veröffentlicht werden, obwohl sie Informationen über bestimmte identifizierbare Personen enthielten, und zwar im Interesse der Wissenschaft – in anderen Worten, im Interesse der eigenen Wahnvorstellungen. Doch Freud stützte sich auf die Argumentation eines Geisteskranken, um das eigene unsensible Handeln zu legitimieren. Wenn ein eingesperrter Verrückter keine Skrupel hat, weshalb sollte er selbst welche haben?
    Der Senatspräsident litt an Angstzuständen, hatte Furcht vor Folter und wurde von Halluzinationen geplagt. Freud konzentrierte sich auf den Text des Paranoikers, weil ihn die Paranoia in höchstem Maße interessierte. Während er sich mit dem Thema beschäftigte, gab es Differenzen mit Adler und später auch mit Jung. Dass Freud sich gerade in dem Moment mit der Paranoia beschäftigte, als er fürchtete, einige seiner Schüler hätten etwas gegen ihn und folgten seiner Lehre nicht treu genug, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
    Wir verstehen nun, weshalb Freud Schreber ausschließlich auf Basis der Memoiren als Paradebeispiel für den homosexuellen Paranoiker hinstellen wollte. Das Buch des Anstaltsinsassen erschien ihm als die Suche eines Sohnes nach der Liebe des Vaters. Es folgten die üblichen Betrachtungen über die Sonne als Symbol für den Vater, den Zusammenhang von Onanie und Kastrationsangst, die Ambivalenz gegenüber dem Vater. Das verdrängte
Verbot einer inzestuösen Beziehung zum Vater führte laut Freud zu der Krankheit, die Schreber letztlich in die Irrenanstalt brachte. Quod erad demonstrandum!
    Eine Untersuchung, die sich weniger auf die literarischen Ergüsse eines Paranoiakranken und mehr auf dessen Lebensgeschichte konzentriert hätte, wäre möglicherweise in der Lage gewesen, eine Verbindung zwischen Schrebers seltsamen Fantasiemaschinen und den echten Maschinen seines Vaters herzustellen. Denn Schrebers Vater hatte sich als Orthopäde und Begründer der Heilgymnastik einen Platz in den Geschichtsbüchern erobert, besonders als Autor des zeitgenössischen Bestsellers Die ärztliche Zimmergymnastik. Schreber baute orthopädische Geräte, vor allem korsettartige Konstruktionen, mit denen der Körper gerade gehalten werden sollte. Diese Apparate waren zum Teil aus Stahl und schnitten den zurechtgerückten Probanden ins Fleisch. Der Vater erprobte die Gerätschaften an den eigenen Kindern. Man kann sich leicht vorstellen, dass ein in der Kindheit derart traumatisierter Mensch als Erwachsener Symptome wie jene des Senatspräsidenten Schreber entwickeln konnte. Dazu muss man kein verdrängtes homosexuelles Begehren für den eigenen Vater bemühen! Freuds papiernes Schema sparte die Lebenswirklichkeit eines leidenden Menschen gänzlich aus. Doch es ging ihm ja um den wissenschaftlichen Fortschritt seiner Disziplin.
     
    Der fünfte und vielleicht berühmteste Fall Freuds in dieser Reihe ist der Wolfsmann. Sergej Pankejeff kam 1910 mit dreiundzwanzig Jahren in Freuds Praxis. Der junge russische Aristokrat führte ein Luxusleben mit vielen Hausangestellten. Er hatte schon einige renommierte Analytiker konsultiert, denn er litt an Phobien vor Tieren, Zwangsvorstellungen, Angstattacken und hatte zweifelhafte erotische Vorlieben. Seine Schwester habe ihn mit drei Jahren in die Sexualität eingeführt. Er habe vor ihren Augen masturbiert und das Kindermädchen habe gedroht, ihm den Penis
abzuschneiden. Voller Angst sei er in die sadistisch-anale Phase zurückgeflüchtet. So sei es auch zu Episoden gekommen, bei denen er Schmetterlingen die Flügel ausrupfte oder Schläge von seinem Vater haben wollte. Alle Frauen, in die er sich verliebte, seien von niedriger sozialer Stellung. Sehe er eine von ihnen auf allen Vieren das Haus säubern, errege ihn das sofort.
    Auf Freuds Couch berichtete er von einem neunzehn Jahre zurückliegenden Traum, in dem er vier Jahre alt war und im Bett lag, als das Fenster sich öffnete und er im Geäst des Baumes vor seinem Fenster sechs oder sieben ( Aus der Geschichte einer infantilen Neurose, Bd. XII, S. 54) weiße Wölfe sitzen sah, die Füchsen oder Schäferhunden ähnelten. Es war Winter, das Kind hatte Angst, gefressen zu werden, und erwachte schreiend. Der Wolfsmann war Hobbymaler und zeichnete, was er in diesem Traum gesehen hatte. Auf der Zeichnung sieht man allerdings nur fünf Wölfe, was amüsant ist, wenn man weiß, welche Bedeutung Freud den Zahlen in

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