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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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zu nennen, dessen Eros et civilisation 1955 bei Minuit erschienen [ Triebstruktur und Gesellschaft, Suhrkamp, 1965]. 1964 folgte L’Homme unidimensionnel. Essai sur l’idéologie de la société industrielle avancée (Minuit) [ Der eindimensionale Mensch. Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft, Luchterhand, 1967] und 1969 Vers la libération. Au-delà de l’homme unidimensionnel (Minuit) [ Versuch über die Befreiung, Suhrkamp, 1988]. Marcuse kritisierte den Kapitalismus und den Marxismus-Leninismus, die Konsumgesellschaft und die leninistische Bürokratie. Er strebte eine vom Lustprinzip geleitete Gesellschaft an. Marcuses bedeutende Schriften beeinflussten bestimmte französische Philosophen der sogenannten French Theory(!) stark, doch diese verschwiegen ihre Quellen und gaben sich mit dem typischen Anstrich der siebziger Jahre zufrieden. Eine gute Einführung ist Jean-Michel Palmiers Sur Marcuse (10/18). Ich werde Reich, Fromm und Marcuse einen Band meiner Contre-histoire de la philosophie widmen.
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    Philosophische Kritik. Kritische Auseinandersetzungen mit der freudschen Psychoanalyse liefern auch einige herausragende Philosophen. Jenseits jeder Polemik geht es ihnen um Untersuchungen im Geiste der Aufklärung des 18. Jahrhunderts als Kontrapunkt zu dieser neuen Form der Gegenphilosophie. An der Liste der Autoren (Alain, Jaspers, Politzer, Sartre, Popper, Wittgenstein, Deleuze und Guattari, Derrida) können die Kritiker der
Psychoanalyse-Kritik ablesen, dass man nicht zwingend konservativ, rechtsextrem, ein Anhänger Pétains oder Vichys, antisemitisch oder ein Freund der nazistischen Bücherverbrennungen sein muss, wenn man Freuds Legendenbildung zugunsten der kritischen Vernunft den Rücken kehrt.
    In der großen Tradition des französischen Spiritualismus lehnt Alain in Éléments de philosophie das Unbewusste als autonome, Allmacht über das Bewusstsein ausübende Instanz ab und erklärt es zur »mythologischen Person« (Idées-Gallimard, S. 149, Abschnitt Note sur l’inconscient ).
    Karl Jaspers schrieb 1931 in La Situation spirituelle de notre temps [ Die geistige Situation der Zeit, de Gruyter, 1999], dass Freuds Libidotheorie nicht ausreiche, um den gesamten Menschen zu beschreiben, der sich nicht auf Instinkte und Triebe reduzieren lasse. Der existentialistische Philosoph, Mediziner und Psychiater veröffentlichte Psychopathologie générale [ Allgemeine Psychopathologie, Springer, 1973] in der »Bibliothèque des introuvables« (Alcan), ein Werk, das 1928 von einer Gruppe Studenten der École Normale übersetzt wurde – darunter ein gewisser Jean-Paul Sartre und dessen Freund Paul Nizan. Dieses Buch sollte später Gilles Deleuze beeinflussen.
    Georges Politzer wurde 1942 mit neununddreißig Jahren von den Deutschen am Mont Valérien erschossen. Er war ein brillanter junger Philosoph, ein Genie, brutal ausgelöscht von der Barbarei der Nazis. Wir verdanken ihm Critique des fondements de la psychologie (PUF) von 1928 [ Kritik der Grundlagen der Psychologie, Suhrkamp, 1978] – er war damals fünfundzwanzig Jahre alt –, wo er Freuds Konzeption des Unbewussten als Signatur des mythologischen und vorwissenschaftlichen Charakters ablehnte und stattdessen eine »konkrete Psychologie« vorschlug, die seither ungerechtfertigterweise in Vergessenheit geraten ist. Lesenswert ist auch Écrits 2. Les fondements de la psychologie, eine bei Éditions sociales unter der Leitung von Jacques Debouzy erschienene Textsammlung. Wir entdecken hier einen jungen
Philosophen, der zunächst von Freud fasziniert war, weil dessen neue Disziplin die Bourgeoisie schockierte. Die Artikel sind vielversprechend und wirken zugleich wie ein halb fertiges, leer stehendes Haus.
    Der Spezialist des Unvollendeten, Sartre, widmete ein Kapitel von L’Être et le Néant. Essai d’ontologie phénoménologique (Gallimard, 1943) [ Das Sein und das Nichts. Versuch einer phänomenologischen Ontologie, Rowohlt, 1962] der »existentiellen Psychoanalyse«. Sartres Buch über Baudelaire [ Baudelaire, Rowohlt, 1986], später Saint Genet comédien et martyr [ Saint Genet – Komödiant und Märtyrer, Rowohlt, 1986] und die – wenngleich unvollendeten – 1500 Seiten von L’idiot de la famille [ Der Idiot der Familie, Rowohlt, 1986] sind praktische Beispiele dieser Revolution innerhalb der Psychoanalyse, durch die Sartre sich in meinen Augen in der Philosophiegeschichte einen Namen gemacht hat. Im Denken des

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