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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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alles daran, das Offensichtliche zu verbergen und zu verschleiern. Die Psychoanalyse ist die Exegese von Freuds Körper – und nichts anderes. Auch wenn Freud das genaue Gegenteil behauptete, dass nämlich die Psychoanalyse die Exegese aller Körper außer des seinen sei, so offenbart sie sich dem kundigen Blick als subjektive Lektüre einer existentiellen persönlichen Tragödie, die das Siegel des inzestuösen Begehrens trägt. Sie möchte – vor allem natürlich aus Freuds Perspektive – eine wissenschaftliche Theorie des Trieblebens und der kollektiven Psyche darstellen, aber es ist so: Als Kind begehrte Freud seine Mutter im Rahmen einer Inzestfantasie; als Erwachsener stellte er eine allgemeine Theorie über den angeblichen Ödipuskomplex auf. Nietzsche bietet den Schlüssel zur Auflösung dieser Abenteuerlichkeit an, doch Freud wollte davon nichts hören. Er wusste, dass er ihm den Weg in einen dunklen Raum voller verendeter Ratten, rachsüchtiger Schlangen und hungrigem Ungeziefer eröffnen würde.
    Ziehen wir Jenseits von Gut und Böse (Erstes Hauptstück, §5) zu Rate: »Was dazu reizt, auf alle Philosophen halb misstrauisch, halb spöttisch zu blicken, ist nicht, dass man wieder und wieder
dahinter kommt, wie unschuldig sie sind – wie oft und wie leicht sie sich vergreifen und verirren, kurz ihre Kinderei und Kindlichkeit  – sondern dass es bei ihnen nicht redlich genug zugeht: während sie allesammt einen grossen und tugendhaften Lärm machen, sobald das Problem der Wahrhaftigkeit auch nur von ferne angerührt wird. Sie stellen sich sämmtlich, als ob sie ihre eigentlichen Meinungen durch die Selbstentwicklung einer kalten, reinen, göttlich unbekümmerten Dialektik entdeckt und erreicht hätten (zum Unterschiede von den Mystikern jeden Rangs, die ehrlicher als sie und tölpelhafter sind – diese reden von ›Inspiration‹ – ): während im Grunde ein vorweggenommener Satz, ein Einfall, eine ›Eingebung‹, zumeist ein abstrakt gemachter und durchgesiebter Herzenswunsch von ihnen mit hinterher gesuchten Gründen vertheidigt wird: – sie sind allesammt Advokaten, welche es nicht heissen wollen, und zwar zumeist sogar verschmitzte Fürsprecher ihrer Vorurtheile, die sie ›Wahrheiten‹ taufen.«
    Dieser furchterregende, bemerkenswerte Text nimmt innerhalb der Geschichte der Philosophie eine revolutionäre Rolle ein. Denn er verkündet erstmals: »Der König ist nackt.« Im Detail heißt das: Der Philosoph beruft sich auf die reine Vernunft, nimmt die Dialektik für sich in Anspruch und gibt sich den Anschein der Objektivität. Dabei wird er, wie die Mystiker, von der Intuition gesteuert; seine Thesen entspringen Launen; er glaubt, frei zu sein, obgleich er dem Willen zur Macht unterworfen ist – einer Macht, die stärker als er selbst ist und ihn dorthin führt, wo sie ihn haben möchte. Er glaubt, sein eigener Herr zu sein, und ist doch Sklave und Diener seiner Triebe, seiner geheimen Wünsche und intimen Begierden. Und was er Wahrheiten nennt? Sind nichts als Vorurteile.
    Derlei wollte und konnte Freud sich nicht anhören. Einerseits wusste er, dass Nietzsche im Allgemeinen wie im Besonderen recht hatte. Andererseits wollte er sich selbst vom Gegenteil überzeugen. Das ewige Schwanken zwischen Anziehung und Abstoßung wurzelt gewiss in der Wahrheit, die Nietzsches Werke
bergen, aber auch in den Darstellungen aus Lou Andreas-Salomés Buch. Aus diesen erfuhr Freud über Dr. Paneth, der mit dem Einsiedler aus dem Engadin befreundet war und den Freud seinerseits in der Traumdeutung dreimal als »Freund« bezeichnete. Dies ganz abgesehen von den Sitzungen der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung. Auch deren Mitglieder konnten nicht umhin, die in Ecce Homo gleichfalls enthaltene und ausführlich entwickelte These zu diskutieren.
    Infolgedessen gilt: Entweder man anerkennt Nietzsches Thesen als Wahrheit und ist damit zum Singulären, zum Besonderen verdammt. Dann ist der Philosoph ein Künstler wie jeder andere, ein Ästhet und Literat. Oder man verwirft, verneint und streitet ab. Noch besser, man nimmt eine Gegenposition ein. Dann kann man mit Freud sagen: »Was Nietzsche schreibt ist richtig, aber es betrifft nur die Philosophen. Ich aber bin Psychoanalytiker und Wissenschaftler, also bezieht sich diese Analyse nicht auf mich. Nietzsche mag seine grausame Methode zwar auf Spinoza, Kant oder gar Platon anwenden, aber nicht auf Kepler, Galileo, Darwin oder … mich!«
    Freud verkündete

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